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 eben  erklärte  Art  ausgefüllt werden müssen!,  ziemlich  gross  und  viele.  Sie  dürfen  nicht  leer  gelassen  
 werden,  da  man  doch  einmal  weiss,  däss  dieserund  jener  Fluss  in  beiläufig  dieser  oder  
 jener  Richtung  läuft,  und  in  einen  schon bekannten  Fluss  mündet.  Aber  genau  die  Richtung  
 dieser  Flüsse  anzugeben,  und  ihre  Abstände  von  andern,  welche  ohngefähr  in  paralleler  Richtung  
 seyn  sollen,  ist  vor  der  Hand  rein  unmöglich.  Das  auffallendste  hieher  gehörige  Beispiel  
 die  Flüsse,  welche  sich  zwischen  dem  Madeira  und  dem  Ucayale  in  den  Marannon  er-  
 giessen.  Hier  ist  das  Land  durch  kein  Gebirge  charakterisirt}  die  Flüsse  sind  zahlreich,  fast  parallel, 
   aUe Wasserscheiden  Schemen  nur  sehr  schwache  und  flache Erhöhungen  zu  seyn,  und man  
 kennt  das Gefälle  und  die Geschwindigkeit  der Flüsse  nicht;  man weiss also nicht,  ob sie gerade laufen, 
   oder  viele und  grosse Serpentinen  bilden;  und  hat mit Gewissheit von  jedem  einzelnen Flusse  
 kaum  an zwei  verschiedenen Steffen Nachricht  Man mag  sie  aber  nun  unter  was  immer  für  einer  
 Hypothese  in'die  Karte  eintragen,  so  gewinnt  es  stets  den Schein,  dass  sie  ein beträchtliches  Gefälle  
 haben,  und  dieser  führt  auf  den  Schluss,  dass  entweder  ihre Quellen  sehr  hoch  liegen,  oder  
 der  Marannon  sehr  tief.  Das  erstere  ist  aber  nicht wohl möglich,  da  die  Quellen  kein  Gebirge  
 erreichen,  und  die Wasserscheide  nur  durch  eine  unbedeutende  Erhöhung  des  Landes  gebildet  
 wird;  und  eine  besonders  tiefe  Lage  des  Marannon  lässt  sich  ebenfells  nicht  annefiriien,  da  er  
 noch  so  ungeheuer  weit bis  zu  seiner Mündung  zu  fliessen hat,  unter Weges  noch  so  viele und  
 grosse  Ströme  auftummt,  und  sein  Bett  an  einigen  Stellen  verengt  wird.  Es  bleibt  folglich  nur  
 der  einzige  Schluss  übrig,  dass  die  vorhandenen  Nachrichten  über  diese  Gegenden  nicht  Bloss  
 und  ungenau,  sondern  falsch  und  unwahr  sind.  Wollte man bei  dieser  und  ähnlichen  
 Gelegenheiten  die  Ansicht  geltend  machen,  dass  auf  einer  Karte  solche  Gegenden,  von  denen  
 man  überzeugt  seyn  kann,  dass  jede  Mappirung unrichtig  seyn müss£-  als  terra  incognita  
 unausgefüllt  und  weiss  bleiben  sollen,  so  lässt  sich  dagegen  einwenden,  dass  die  weiss  gelassenen  
 Stellen  einen  gänzlichen  Mangel  an  allen  Nachrichten  anzeigen,  was  bei  dieser Gegend  nicht  
 der Fall  wäre;  da  hingegen  die  vorhandenen  Nachrichten  auf eine Cönstruction  führen,  die durch  
 ihre  Sonderbarkeit  auffällt,  und  eben  dadurch  zu  einer  genauem  Erforschung  reizt.  Eine Mappa  
 critica  ist immer  zugleich  der  erste  Schritt  zur  Verbesserung.  Hätte  man  z.  B.  niemals  den  fabelhaften  
 See  von Parime  in  die  Karten  aufgenommen,  so  würde  sich  auch Niemand  aufgefordert  
 gefunden haben,  mehrere  Erkundigungen  einzuziehen;  da  er  aber  auf  den  Karten  erschien,  und  
 man  dieses  Bild  nicht  anders  als mit  Kopfschütteln  betrachten  konnte,  so  war  damit  der  erste  
 Schritt  zu  einer  genauefh  Erforschung  gethan.  Im  Allgemeinen  erreicht  die  Unbestimmtheit  der  
 Nachrichten  Nirgends  einen  so  hohen'Grad,  als  in  jenen Gegenden,  durch  welche  die  Grenzen  
 zwischen  dem  spanischen  und  portugiesischen  America  laufen;  Gegenden,  welche,  unbevölkert  
 und  ausser Verkehir mit  der  übrigen W elt  gesetzt,  noch  lange  Zeit  der  Geographie  von  Südamerica  
 grosse  Schwierigkeiten  darbieten  werden. 
 Die  bis  jetzt  berührten  Schwierigkeiten  zeigen  sich  aber  erst,  wenn  bereits  viel  gearbeitet  
 is t  Wurden  sie  sich  gleich  anfangs  zeigen,  so  müsste  das  Unternehmen,  eine  Generalkarte  
 von  Südämerica  zu  verfassen,  so  undankbar  erscheinen,  dass  in  der  Regel  jeder  davon  
 abgeschreckt würde,  und  die  Arbeit  gerne  einer  besser  belehrten  Zukunft  Überhesse.  Aber  gerade  
 für  den  Anfang  sind  die  vorhandenen Hülfsmittel'einladend  und  ermunternd,  und  im  Verfolge  
 äussert  die  glückliche  Eigenschaft  des  Menschen  ijjre Wirkung,  dass  ihn  die  Besiegung  
 einer  Schwierigkeit  nur  aneifert,  zahlreichem  und  grossem  Hindernissen  zu  begegnen. 
 Südamerica  dehnt  sich  vom  37°  bis  zum  84°  westlicher  Länge  von  Paris  aus.  Diese  
 Ausdehnung  beträgt  daher  47°,  und  also,  weil  die  grösste  Dimension  in  der  Nähe  des^Aequa-  
 tors  ist,  47  X   i 5  =   705  geographische  Meilen.  Die  nördlichste  Küste  ist  (die  dazu  gehörigen  
 Inseln  mitgerechnet)  vom  i4ten  Grad  nördlicher,  und  die  südlichste  bis  zum  56ten  Grad  südlicher  
 Breite  zu  rechnen;  daher  die  Ausdehnung  von  Süden  nach  Norden  70  Breitengrade  beträgt.  
 Wegen  der  sehr  schmalen  Südspitze  werden  am  zweckmässigsten  die mittlem  Dimensionsverhältnisse  
 der  Grade  auf den  Parallelkreisen  von  400  S.  bis  io°  N.  als  Grundlage  dienen,  und  man  
 kann  den Parallelkreis  von  i5°   S.  als  mittlem Parallelkrcis einer Karte von Südamerica  annehmen. 
 Zur  wirklichen  Berechnung  nahm  Hauptmann W eiss  die  geographische  Meile  als  Einheit, 
   und  die  Abplattung  der  Erde  =   0,0032733  ------,   ferner  den  Radius  des  Aequators  
 —   & —   859,436 Meilen.  Bedeutet  nun  L   die  Breite,  so  hat  man  bekanntlich' 
 i°   des  Meridianbogens  =   a  f  -Ü— j  — —i l ------— 3 
 .  V i8 ° y   ( 1 —  e*  sin2  L ) * 
 Wird  also  dieser  Ausdruck  nach  den  obigen  Angaben  in  eine  Reihe  verwandelt,  so  wird 
 iO  des  Meridianbogens  =   A — *B  cos.  2  L   -{-  C  cos.  4  ^  — ................ 
 und  es  ist 
 A  =   14,9755  
 log.  B  =   8,8664617  
 log.  C  =   6,17724 % 
 Nach  diesen  Angaben  wird  unter  i5°   S.  ein Meridiangrad  =   14,912  geographische  Meilen.  Die  
 Karte  nimmt  daher  von  Süden  nach  Norden  io43*,84  Meilen  ein. 
 Bei  der  grossen  Ausdehnung  von  70  Breitegraden,  ist  unstreitig  die  Bonne’sche  Projec-  
 tion  die  zweckmässigste,  weil  sowohl  der  Flächeninhalt,  als  das  Verhältniss  der  Längen-  und  
 Breitengrade  der Wahrheit  gemäss  bleiben.  Eine  Kegelprojection  würde  bei  einer  so  grossen  
 Ausdehnung  von  Süden  nach  Norden  die  mittleren  Zonen  zu  sehr  verdrücken,  oder  die  äussem  
 zu  sehr  vergrösserh;  und  jede  andere  würde  das  Verhältniss  der  Längen-  und Breitengrade  noch  
 mehr  stören. 
 Den  Projectionsradius  für  den mittlem  Parallelkreis  der  Karte  giebt  die  Gleichung  
 _1 
 R  =   a  Cot.  L   (1  *—  2*  sin  *  L) 
 Da  nun  L   =   i 5°  ist,  so  wird 
 R   =   3208,16 Meilen. 
 Für  das  übrige  Projectionsnetz  war  es  hinreichend,  die  Knotenpuncte  der Meridiane und  
 Parallelen  von  5  zu  5  Graden  zu  suchen.  Da  nun  der  Grad  auf dem  mittleren  Parallelkreise  
 14,912  Meilen  hält,  so  sind  fünf Grade  gleich  74,56  Meilen.  Es  sey  S  dieser  Bogen,  und  R'  
 der  Radius  irgend  eines  Parallelkreises,  so  ist  
 R'  =   R   +  n S 
 wobei  n  angiebt,  wie  vielmal  5  Grade  nördlich  oder  südlich  von  i 5°   S  entfernt,  der  gesuchte  
 Parallelkreis  liegen  soll.  So  ist  z.  B.  für  20°  N 
 ß '  =   R  -J-  7  S  =   3208,16  -j-  521,92  =   3730,08  Meilen.