trefflichen Flötenspielers belebt, welcher aus Cayenne hierher gekommen
war. Gleich einem zweiten Orpheus versammelte dieser durch
seine Musik allerlei Creaturen um sich her, so dass uns die seltene Gelegenheit
gegeben wurde, den Eindruck zu beobachten, welchen ungewohnte
Töne auf gewisse Thiere ausüben. Nicht blos mancherlei, im
Gebälke der Varanda nistende Spinnen, deren musicalische Neigung ber
kannt ist, näherten sich, sondern auch allerlei Vögel, wie die Bern te vi
{Muscicapa Pitangua, .L.) , mehrere unermüdlich heitere Arten von
Kernbeisser (L o x ia nasuta, leucopterygia, S pix Aves II. t. 58. 5g.) und
die musicalische Fringila flaveola umflogen unsere Wohnung in engen
Kreisen, ein Eichhörnchen (Sciuris aestuans, L i) kam öfter aus seinem
Schlupfwinkel in einem benachbarten Cacaobaum auf den Grasplan vor
unserer Wohnung herab , und die Aflen,. welche wir im Hinterhause
angekettet hielten, lauschten den niegehörten Tönen, bis sie endlich in
einem schmetternden Gekreische Aehnliohes hervorzubringen suchten.
Wir erwähnen dieses unbedeutenden Umstandest weil wir uns gerne
dem Gedanken überlassen, dass der Mensch seinen bildenden Einfluss
selbst auf die freie Schöpfung um ihn her ausüben könne. Ein anderes
Schauspiel bot 'sich uns dar, sobald, mit Einbruch der Nacht, die
Varanda erleuchtet wurde. Dann stellte sich eine unglaubliche Menge
von Nachtschmetterlingen ein, und umschwärmte die lockenden Lichter,
so dass wir oft nicht Hände genug hatten, diese willkommnen
Gäste einzufangen. Die Noctua S t r i x , L . , der grösste aller bekannten
Eulenschmetterlinge, erschien besonders in feuchten, regnerischen
Nächten. Ihr schwankes Flattern erschreckte uns fast, wenn die Er-
scheinurg plötzlich um die Lichter gaukelte; Ein anderer Besucher in
jenen einsamen Abendstunden','war die {Phalaena A tla s , Z/.), deren
grüne, mit prachtvoll feuerfarbigen Warzen besetzte Raupe# auf den
benachbarten Orangenbäumen lebte. Die Cocons dieses schönen Thier-
chens liefern eine ungemein starke, glänzende Seide, welche vielleicht
statt der europäischen verwendet werden könnte, wenn man ihrer Anzucht
Sorgfalt widmen wollte. Auch die europäische Seidenraupe ist
hier schon von einigen Freunden der innländischen Cultur gezogen
worden, und soll,, besonders im Innern der Provinz, wie in Caza forte ,
sehr gut fortkommen. Doch sind die desshalb unter der Königin Maria
gemachten Anträge, die Seidenzucht zu unterstützen, fruchtlos geblieben.
*) £
* Anmerkungen zum ersten Kapitel.
( i . ) Schon D e L a Condxmike (Relation abrégée d’un voyage' fait dans l’intérieur de l’Ameriuue
méridionale etc. Maestricht. 1778. 8. p. 179.) fand bei . seinem Aufenthalte zu Fard (im December
1743) eine bösartige Blattérepidemie. .Seit jener Zeit hat sie sich vier bis fünfmal erneuert,
aber niemals mit gleicher Wuth als im Jahre i8>9* Da sie mehr als zwanzig Jahre lang nur
sporadisch erschienen waren, so hatte sich die Furcht vor dieser in heissen Klimaten doppelt
schrecklichen Krankheit sehr verringert; man pflegte weder das Blattergift selbst zu inoculiren,
noch die Vaccination vorzunehmen, obgleich man sich durch frühere Erfolge von der Zweckmässigkeit
beider Methoden überzeugen konnte. Von der Regierung war niemals mit Ernst
auf die Vaccination gedrungen worden, und es vergingen oft mehrere Jahre, ohne dass man
Impfstoff aus Portugal oder England erhalten hätte. Als einige Monate vor unserer Ankunft
ein Sclavenschiff aus Africa-die Seuche mitgebracht hatte, fand diese fast die Hälfte der Bevölkerung
bereit, sie aufzunchmen, und beinahe ein Viertheil ward wirklich von ihr befallen.
Während die Seuche ihre grösste Höhe erreicht hatte, starben täglich sechsunddreissig bis achtundvierzig
Personen, und vorzüglich häuiig wurden die Indianer oder die Mischlinge mit indianischem
Blute Opfer derselben; weniger gefährlich zeigte sich die Seuche den Negern und
unter den Weissen am wenigsten den gebornen Europäern; diess wahrscheinlich, weil bei den
Brasilianern die Furcht das Uebel mehr vergrössert. Es ist bekannt, dass der americanische
Menschenstamm überhaupt grosse Receptivität für alle acute Hautausschläge : Masern, Scharlach
u. s. w. hat, und dass namentlich die Blattern, mit welchen er von Europa aus bekannt gemacht
wurde, von jeher fürchterliche Verheerungen unter ihm angerichtet haben. Diese Geissei der
Menschheit wird aber dem Americaner meistens in der Art tödtlich, dass sich die Blatter auf
der Haut gar nicht vollkommen entwickelt. Meistens stellt sich der Ausschlag nur an einzelnen
Theilen des Körpers, und selbst hier nicht gehörig ausgebildet, Mein und trocken, ein, oder
er erscheint örtlich oder allgemein nur für einen Augenblick. Dabei verzehrt den Kranken ein
sehr rasches, hitziges Fieber,, welches bald unter der Form eines entschiedenen Typhus tödtet.
Seltner sind die Fälle, wo die Blatter über den ganzen Körper, aber in solcher Verderbniss
*) Fast scheint es, als bote die Ucbersiedlung des Seidenwurms nach America grössere
Schwierigkeiten dar, als die mancher anderen Thiere, z. B. der Bienen. In Mexico ward die
Seidenzucht schon im ersten Jahrhundert nach der Eroberung versucht, ohne dass, so viel wir
wissen, sie daselbst günstige Fortschritte gemacht hätte. S. Goncalo de las Cosas Arte para
criar Seda en Nueva Espanna. i 58>. 8.