?ie mir nach grossen Anstrengungen der Portugiesen hätten vertrieben werden können. Bei der
nomadischen Lebensweise der Urbrasilianer sind alle diese Annahmen an und für sich nicht unwahrscheinlich;
und die Thatsache gewinnt, einmal angenommen, an Bedeutung, wenn wir sie
mit einigen andern in Verbindung bringen. Es ist nämlich keinem Zweifel unterworfen, dass
die Indianer vom Stamme der Campevas (Plattköpfe, von Canga, Kopf, apeva, platt, in der
Lingua geral), welche von den Spaniern in Maynas, und auch von Acunna (Cap. 5i. 52.) Oma-
guas oder Aguas (Grosskopf, von Uma, Kopf, in der (Ju/c/iuasprache oder Lingua del Inca?)
genannt werden, die Tupisprache gesprochen haben, und, wo sie sich vom, fremden Einfluss
frei erhalten haben, noch sprechen. Auch die Jumanas in den Niederlassungen am Solimoes,
Bio Negro und Yupura, und die, von ihnen nur als Horde verschiedenen, Tecunas, an den
Grenzen von Maynas, sprechen eine Sprache, in der man ohne Schwierigkeit die Tupisprache
wiedererkennt, wenn sie schon durch mancherlei Vermischungen und Verdrehungen gelitten hat.
Endlich sollen auch die Solimoes, oder Yorimaüs (deren letzterer Name einen Anklang an die
Omaguas hat, und sich in den Yurimaguas der spanischen Niederlassungen zu Loreto, Pevas
und S. Joacjuhn wiederfindet), die allgemeine Sprache gesprochen haben. Nach Ribeiro (§. 57)
existirte i. J. 1709 zu Tayaputiba, der Mündung des Yurud gegenüber, eine Aldea dieser Yuri-
mauas, welche von den spanischen Jesuiten nach Loreto gezogen wurde, und Einzelne des
Stammes lebten zu seiner Zeit (1775.) noch zu Alvellos. (Man kennt auch gegenwärtig unter dem
Namen Umauas einen andern, menschenfressenden Stamm a n , den Quellen des Yupura, den
B erredo (§. 714 .) meint, wenn er sagt, dass-den Campevas der, einer andern Nation zugehö-
rige, Name Omaguaz oder Maguaz mit Unrecht zugeschrieben werde.) In den Sitten kommen
diese Stämme unter einander mehr als die Nachbarn überein. Sie werden schon von Acunma als
gebildeter, <Jenn manche der Uebrigen, und als Verabscheuer der Anthropophagie geschildert.
In der Kunst Thongeschirre zu bereiten, in Flechtarbeit, in dem Gebrauche der Hangmatten
und in der Sitte, Maskenzüge zu veranstalten, wobei sie einen ausgehöhlten Baumstamm der
Ambaüva (S. im Atlas „Geräthschaften“ Fig. 30.32.),als Tronlmel hcrumtragen, sind sich alle diese
Stämme ähnlich. Lassen wir uns nun durch Acunna’s Bericht vom Amazonas gen S. weisen,
so finden wir noch .mehrere Stämme, welche ringsum isolirt, und von fremdartigen Horden umgeben,
ebenfalls die Lingua geral rein oder gemengt sprechen: so die Apiacazes und Cabahybazes
an der Vereinigung des Juruena mit dem Annos (vergl. S. io5i.); und die Pacaleques am Rio
Embotateü. Die Pacaleques werden von den Portugiesen ebenfalls Campevas genannt , weil sie
wie jene am Amazonas die Köpfe platt zu drücken pflegen. Auch im oberen Yurua soll, nach
den Indianern, eine zahlreiche Horde der Campevas hausen. (Monteiro §. 124.) Westlich vom
Paraguay sprechen die zahlreichen Horden de? Chiriguanös, Gudrayos, Chirivones und Cirionos
Dialekte derselben Sprache. Endlich erscheinen Östlich vom Paraguay die Guaranis, ein ehemals
sehr mächtiger und zahlreicher Stamm, von ähnlichen Sitten wie die nördlicher wohnenden Topinam-
lazes und mit einer Sprache, die nur als Dialekt von der Tupisprache in N. undN. W . Brasiliens
verschieden ist. An den nördlichen und westlichen Küsten Brasiliens hatten die ersten portugiesischen
Ansiedler grösstenthefls Stämme getroffen, welche dieselbe Sprache redeten: die Tara-
mambazes an den Küsten von Para und Maranhäo, die Pitagoai-es zwischen dem Rio Grande
do Norte und dem Paraiba do Norte, die Caites (Caetes) zwischen dem Paraiba und dem Rio
de S. Francisco, die Tupinaes und Tupinambazes zwischen dem -Rio de S. Francisco und Bahia,
die Tamoyos zwischen dem Cabo de S. Thomö und Angra dos Reys, und die Tupiniquins zwisehen
Camamu und dem Rio de S. Matheus. Obgleich oft im Kriege gegen einander, wurden
sie doch schon damals als Horden eines einzigen grossen Stammes, der Tupis oder Tupinambazes,
betrachtet. * *)) Aber zwischen diesen hatten sich die Aimores, die Goyatacazes, und weiter
südlich die Papanazes und Carijos, alle unter sich und mit jenen im Kampfe, den Ansiedlern
als Stämme von anderem Ursprünge kund gemacht. Fassen wir die ersten Schilderungen von
den Tupistämmen zusammen, so kommen sie besonders in folgenden Zügen überein: 1) Sie
waren streitbar, kriegerisch gesinnt, und muthig, nicht feige uud schläfrig wie die Goaianazes,
welche niemals Menschenfleisch verzehrten; machten Gefangene, welche sie eine Zeit lang fütterten,
dann schlachteten, und als Opfer und zum Zeichen ihrer feindlichen Wuth verzehrten;
aber nur in diesem Falle waren sie Cannibalen, gegen den Hunger assen sie nicht Menschen-
Fleisch, wie die Aimores (Botocudos). 2) Sie wohnten in , zu Aldeas vereinigten, grossen, offenen
Hütten, deren jede mehrere Familien aufnahm, und schliefen in Hangmatten, während
die Aimores, Goaianazes, Carijos und Goyatacazes in einzelnen Paaren umherstreiften, und die
Nächte auf der Erdd^oder in niedrigen Erdhütten ohne fiangmatten zubrachten. 3) Sie cultivir-
ten in der Nähe ihrer Aldeas wenigstens einige Pflanzen, z. B. von der Pacoba, von der Mandiocca
und dem Mais, während die letztgenannten Stämme alle Cultur verachteten, und blos von Jagd,
Fischerei und Krieg lebten.*) 4) Mit dem Elemente des Wassers waren sie als Schwimmer und
Fischer vertraut. Sie bekriegten schwimmend die Haifische an der Küste, bauten grosse Kähne
machten darin Reisen von bedeutender Ansdehnung, und hielten Seetreffen. Die Aimores dagegen
werden als von Körper zwar stärkere, aber des Schwimmens so unkundige Wilde geschildert,
dass ein tiefer Fluss vor ihrem Anfall vertheidige. Auch sollten sie niemals in zahlreichen
*) Ich folge in dieser Angabe dem anonymen Verfasser der Noticias do Brasil (in der Colleccäo
de Noticias para a historia e geografia das nacoes ultramarinas, que vivem nos dominios p0rtuguc7.cs.
Vol. 3. pars. t . Lisb. 1825. 4.), die, nach dem Zueignungsschreiben an D. Christ. de Modra, im J.
1589 geschrieben und eine sowohl durch ihr Alter, als durch ihren herodotischenGeist höchst merkwürdige
Urkunde sind.
**) Gemäss dieses Anfanges eines Feldbaues waren sic auch mit mancherlei Zubereitungen aus
der giftigen Mandiocca-, und aus der Aypiwurzel vertrauet. Der Reichthum der darauf bezüglichen
Bezeichnungen in ihrer Sprache ist bedeutsam. ' Die geschälten Wurzeln wurden auf Steinen oder
mittelst besonderer Vorrichtungen gerieben; der giftige Saft (Mand-ipuera) ward durch den Cylinder
aus Flechtwerk (Tipeti, Tapeti) ausgepresst, der Rückstand (Uy-moyi-paba) auf grossen Thonplatten
(Nhaem) oder Oefen (Japüna) zu Mehl (Uy) ausgetrocknet, oder zu Kuchen (Beijü) oder ungesäuertem
Brode (IUeäpf) gebacken. Schwach geröstetes Mehl hiess Uy epd coatinga; hartgeröstetes Uy-
atd. Die rohgeriebene, an der Sonne getrocknete, gestossene Wurzel lieferte eine Grütze (Typyrati).
Wurden die Wurzeln vorerst in Wasser ausgelaugt und dann gerieben (Uy puba, Farinha fresca), so
entstand durch Röstung das Uy catu (Far. d’agoa). Die ausgelaugte Wurzel getrocknet, gerieben, im
Mörser (Indoä) gestossen, und durch ein Sieb (Urupema) geschlagen, lieferte das feine Mehl Carimd
und den Rückstand Uy tinga. Carimd mit frisch gepresster Wurzel zusammengebacken, stellte ein
sehr haltbares Mehl dar, das, in Blätter eingewickelt, auf die Kriegszüge mitgenommen wurde. Aus
dem ausgepressten Safte (Tycupy) sammelten sie das niederfallende Amylon, und granulirten es zu
einer Art Sago (Tipioca, Tapioca). Der mit spanischem Pfeifer über dem Feuer eingedickte Saft lieferte
ihre gewöhnliche Bratensauce (Tucupy).