Unglaublich gross ist der Reichthum an Wasservögeln, unter denen besonders
viele wohlschmeckende Arten von Enten (M areccas) gefangen werden*
Der eigenthümlichen Landesbeschaffenheit zu Folge ist hier Jedermann
beritten, und nicht selten sieht man die Hirten, wenn sie sich der kleinen
leichten Montaria in den ausgetrockneten Sümpfen nicht mehr bedienen
können, diese am Schwänze ihres Pferdes befestigen, um weiter
zu reisen. Die zahlreichen kleinen Bäche, welche von allen Seiten in
die umgiebendcn Ströme fallen, setzen der Bereisung der Küsten grosse
Schwierigkeiten entgegen, weil sie ausserordentlich tiefen Schlamm mit
sich fuhren. Man zieht daher vor, sich mit dem Pferde in den Strom
zu werfen und jene gefährlichen Orte schwimmend zu übersetzen. Die
Fluthen des Para und des Amäzonas umgeben M arajö von allen Seiten?
so dass selbst grosse Kriegsschiffe in süssem Wasser vor Anker gehen
können. Nur während der hohen Wasser im Frühlingsaequinoctium
sollen die Gewässer auf der Nord - und Ostseite etwas gesalzen schmecken.
Ja, dieses Meer süssen Wassers soll selbst die beiden Inseln
Caviana und M achiana umflulhen, ehe es sich mit dem Ocean vermischt.
Diese Inseln kommen in ihrer physicalischen Beschaffenheit ganz mit
dem nordöstlichen Theile von M ahajö überein. Sie sind reich an Viehzucht
, und unser Wirth, Senhor A ivtbrosio H e n r i p u e z , besass daselbst
zwei grosse Fazendas, die acht - bis zehntausend Stück Vieh erhalten.
Die kleinen Inseln das Camaleöes unter dem Aequator, u. s. w. hingegen,
die sich ausser den genannten in dem Süsswassermeere befinden,
werden so sehr überfluthet, dass sie keine Niederlassung und Cultur
zulassen. M arajö, das grössteiEiland, welches der Krone von Brasilien
gehört, auch Ilh a de Joannes genannt, war früher eine selbstständige
Baronie, die vom Könige zu Lehen vergeben wurde. Jetzt ist sie von
P a ra abhängig, und der erste Beamte, ein Juiz de Fora, residirt in
M o n fo r te , was, mit C h a ves, der wichtigste Ort {K illa ) auf der Insel
ist* Die ganze Bevölkerung ward i. J. 1820 auf io,5oo Seelen angegeben.
Sie ist keinen endemischen Krankheiten unterworfen. Die waffenfähige
Mannschaft bildet ein eigenthümliches Militzcorps, L eg iä o do M a ra jö j
von 524 Mann Reiterei und eben so viel Fussvolk. Der befehligende
Oberst nt zugleich erster Commandant der Insel. (5.)
Am 3, September vor Mitternacht kündigte der neue Pilot an, dass
die Mare zur Abreise günstig sey, und wir verliessen B r e v e s, ohne
dass unsere Indianer weiter nach dem Zurückgelassenen gefragt, oder
wegen seiner Krankheit Furcht geäussert hätten. Der Mond stand hell
am Firmamente, mit mildem Lichte die schweigsam düstre Landschaft
beleuchtend. Die Ebbe brachte uns um 7 Uhr vor Mittag in die Nähe
des kleinen Flusses M aruauh y , wo wir mit der Montaria landeten,
um nochmals einen Streifzug in die Insel zu unternehmen. Auch hier
ist ringsum Alles dichter Wald von himmelhohen Bäumen, mit jungem
Gesträuche und vielen Palmen untermengt, und off so geschlossen, dass
man bei hellem Tageslicht tiefe Dämmerung findet. Der Boden, gros-
sentheils aus verfaulten Stoffen, besonders aus aufgelöstem Wurzel-
Werke gebildet, ist sehr geneigt, nachbildliche Gewächse hervorzubringen
, und wir bemerkten mancherlei, riesenhafte Blätter -, Röhren - uud
Stachelpilze, die nebst dem auffallenden, phallusähnlichen, rothen Gewächse
der Helosis zur Physiognomie dieser feuchten, qualmigen Urwälder zu
gehören schienen. Die Indianer versäumten nicht, von den Ubussüpal-
men möglichstviele Blüthenscheiden zu sammeln, aus denen sie sich
dann Mützen, Säcke und Beutel machten. Diese Palme hat nämlich
ihre Blüthen in eine ellenlange, aus braunen starken Fasern gewebte,
Scheide eingeschlossen, und kommt dem einfachen Bedürfnisse Jener
auf das befriedigendste entgegen. Mit der Nachmittags eintretenden
Ebbe setzten wir die Reise stets in der Nähe von M a ra jö , auf Canälen
fort, die sich meistens in der Richtung von N. und N. WV halten; wir
kamen an P o r ten to , einigen Indianerwohnungen, vorbei, und legten
uns am Abend zunächst dem B io dos M acacos, einem kleinen, : - aus
M arajö kommenden Flusse, vor Anker. Auf gleiche Weise ward die
Schifffahrt am 5. früh bis zur Mündung des R io Mapua fortgesetzt.
Auf diesem W eg e , meistens nach N. steuernd, erblickten wir viele
dichtbewaldete Inseln zu unserer Linken, indem wir uns nicht aus dem
Canal zwischen ihnen und M a ra jö , der im Allgemeinen nur drei bis
vierhundert Fuss Breite hat, entfernten. Schon hier hatten die Indianer
zu thun, ausser der Ebbezeit mit dem Ruder vorwärts zu kommen,