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und wir konnten uns von dem Drucke überzeugen, welchen die’Gewässer
von Norden, d. h. vom Amazonas, her nach Süden'nicht blos
während der Fluth, sondern selbst in der Ebbe ausüben, so dass wir
uns auch hier überzeugten, dass dieser König der Ströme einen Theil
seiner Gewässer erst nach dem gewaltigen Umweg um die Insel Ma-
rajö mit dem Weltmeer vereinige. Am deutlichsten beobachteten wir
diese Fluth eine Stunde nach der stärksten Entleerung, wenn unser
Fahrzeug an dem südlichen Ende einer kleinen Insel vor Anker lag.
Dann sahen wir die Gewässer beiden Seiten der Insel entlang mit einer
Schnelligkeit von wenigstens 2 % bis 3 Seemeilen in der Stunde anschwellen
, auf uns zukommen und von da nach S. ihren W eg fortsetzen: ein
Schauspiel ganz eigener Art, das wir mit so viel grösserem Vergnügen
betrachteten, als auch die Vegetation der Ufer- eine Rolle dann üben
nahm, denn ihre schwanken Aeste und Blumen wurden davon hin und
herbewegt, während der übrige Wald unbeweglich stand. W ir befanden
uns hier bereits in dem Tagipurü (Tagypuru, Tajupurü) , jenem
von vielen Inseln unterbrochenen Canale zwischen dem Amazonas und dem
Rio dos B oca s; wiewohl manche Paraenser mit diesem Namen nur
den nördlichsten Hauptcanal bezeichnen, in den man unter nordwestlicher
Richtung einschifit, und der sich nördlich von den IUias de Ga-
rupä in den Amazonenstrom verliert.. Allmälig fanden wir, dass sich
die Gewässer mehr ausbreiteten, und eine mehr inV Gelbliche ziehende
Farbe aunahmen.
Am Morgen des 6. Septembers befanden wir uns in dem Canale
Jaburü, wo wir mehrere Pottfische bemerkten (Catodon macrocepha-
las, Lacep.), die um uns her spielend, bald nahe bald ferne, den unförmlichen
Kopf aus dem Gewässer emporhoben. Diese Fische bewohnen
eigentlich nur das Weltmeer, steigen aber bisweilen nqch viel
weiter im Strome aufwärts. Man hat schon in der Nähe von
Gurupd einen gefangen, der auf eine Sandinsel gerathen, nicht
mehr flott werden konnte. Die kleinen Fische fliehen vor ihnen,
aufgeschreckt durch die grosse Bewegung, welche sie dem Wässer
mittheilen, so dass sie oft in grosser Anzahl stranden. Dass jene es
seyen, von denen die Amber herkomme, wissen die Indianer, und sie
glauben, dass sie das Sperma sey, welches das Männchen im Verfolge des
Weibchens verliere. Sie nennen ihn Pirapien. Während des 6. Septembers
verfolgten wir auf dem Canale Jaburü unsern Weg in nordwestlicher
Richtung. Gegen Abend landeten w ir am Festlande, um daselbst
die Nacht zuzubringe«. Weil der Anker nur schwierig von den Wurzeln
der Uferbäume sich lösmachen lässt, zogen wir vor, wie schon öfter
geschehen war, das Fahrzeug an einen starken Baum zu befestigen.
Die Gegend war einige Fuss höher, als die bisher gesehenen Inseln,
und in der Vegetation schien sie Verschiedenheit zu zeigen, namentlich
waren die Palmen viel seltener, als auf den sumpfigen Eilanden, wiewohl
auch die Ufer des Festlandes täglich überschwemmt werden.
Am 7. September mit frühstem Morgen erhob sich ein gelinder
Ostwind, mit dessen Hülfe wir eine Insel umschifften, welche nördlich
vom äussersten Ende des Festlandes liegt; und nun befanden wir uns in
der Mündung des Tagipurü in den Amazonas, einem grossen Busen,
der in meilenweiter Ausdehnung und in gewaltiger Bewegung der Gewässer
ein Bild des Meeres ^vergegenwärtigte. Von hier bis zur i^illa
de Gurupd hatten wir i3 Legoas, eines, nach der Aussage unsere
Piloten, wegen stürmischer Küsten gefährlichen Weges zurückzulegen.
Als am Abend der Wind frischer wurde, flog unser Fahrzeug in südwestlicher
Richtung über eine Wasserfläche hin, die sich zwischen dem
Festlande im Süden und mehreren Inseln im Norden auf vier und fünf
Seemeilen Breite ausdehnt. Die meerähnliche Bewegung der breiten,
einen Fuss hohen Welftn, und die ockergelbliche Farbe des trüben
Gewässers zeigte uns an, dass wir uns nun in dem eigentlichen Amazonen-
Strome befanden. W ir blieben jedoch den ganzen Tag hindurch in
der Nähe jener nördlichen Inseln, die denen des Tagipurü an Baumwuchs
und Ebne des Terrains ähnlich sind. Alle diese Inseln, welche
sich von N. O. nach S. W. etwa 6 Meilen weit im Strome hinziehen
und eine Breite von i/2 bis i Meile einnehmen, werden unter dem ge-
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