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 Weitem  unseren Hanffeldern;  doch  werden  die Stengel  höher,  die-Aeste  langer  und  starker. 
 Wenden  wir  uns  ron  der  indianischen  Pflanzung  wieder  in  den  dichten  Urwald  zurück, 
   um  hier  die  seltsame  Bildung  der  S c h l in g p f l  an zeh» )  zu bewundern!  In  Europa,  
 und  selbst  in  den  aussertropiscHen  Ländern  der  andern Welttheile  findet  man  diese  Ge-  
 wächsform  gar  nicht;  um  so  mehr  fesselt  sie  die  Blicke  des  Ankömmlings.  Hier, sind  es  
 blattlose  Seile,  welche,  einfach  oder  über  einander  gedreht,  wie  Schifftsne,  von  den  Stammen  
 und  Aesten  der  ürwaldung  nach  dem  Boden  hin  ausgespannt  und  festgewurzelt sind,  
 „   a„rt  hingen  andere  Stränge  und  dünnere  Schnüre  herab,  die  den  Grund  noch  nicht  erreicht  
 haben,  und'  zwischen  dem  bewegten  tau b e   hin -  und herschwanken.  Eine  andere  
 Form, .zum  Baume  erwachsen,  gewaltiger  wie  au Masse  so  .auch  anLebeustneb,  yerschmaht  
 die  Bestimmung,  den  uralten  Stämmen  eine  Stütze  zujbieten,  und  wird  yiehnehr  deren  
 unYersöhnlicher  Feind.  In  kühnen‘ Verschlingungen, hat  sie  den  saftigen  Lorbeerbaum  oder  
 die  ungeheuere  Bertholletia <l%b.  II.  j . )   umgürtet,  und  indem  ,sie  sich  Ton  Jahr  zu  Jahr  
 weiter  über  den  geduldigen,Baum  aüsbreitet,  droht  sie  die Wege  des Lebenssaftes  zu  hemmen  
 ,  ihn  endlich,  zu  tödten.  Einem  andern  Schlingbaum/st  djess  bereits  «düngen;  der  
 überwundene  Stamm  eines  Caryocar,  Ton  rascher.Fäulniss  ergriffen,  ist  hinw^|efallen,  und  
 nun  steht  dieses  abentheuerliche  Gespenst  für  sich  schräg  aufgerichtet,  im modrigen Dunkel  
 der Waldung.  Die  erregte  Phantasie  erblickt  in  solchen  Ausgeburten  des  pflanzlichen  
 Bildungstriebes  bald  riesenhafte  Schlangen,  bald  andere  gefrässige  Ungeheuer,  in  diese  
 schauervolle  Einsamkeit  gebannet.  Und,  in  derfThat,  keine  Gauting  scheint  so  sehr  yon  
 der  friedfertigen  Weise  des  sittsamen  Pflanzenreiches  abzuweichen1,  als  diese  todtlichen  
 Lianen,  die  anfänglichSifihren  friedlichen  Nachbarn.nur  Stützen  zu  su c tei  scheinen,  dann  
 siph gefrässig über  ihre  Oberläche  ausbreiten,  und,  in  Ygderblicher  Zuneigung  sie  enger  
 und  engerumgürtend,  gleich  gespenstigen  Em p u s en ih n en   die  Safte  und  das  Leben  
 ansziehen.  Die  Entwicklung  dieser  Art  yon  Schlingpflanzen  ist  in  einer  ganz  eigenthnmli-  
 cben  Lebensart  b e g rüp *!.  Anfänglich  wachsen' sie  als  sfchpache  Gesträuche  lolhrecht  auf;  
 sobald  sie  aber  an einemjuidem  Baume  eine Stütze  erreicht haben,  so  yerlassen sie  den  ursprünglichen  
 Weg  der'&nährung,  und  werden  Parasiten,  die  sich,  unmittelbar  über  die  
 Oberfläche  des  andern  Stammes  ansgiessend  und  nach  ihr  sich  modelnd,  fortan yorzugsweise  
 yon  diesem  und  endlich  fast  gar  nicht,  mehr  durch  die  eigene Wurzel  ernähren.  Wenn  
 sonst  die  gesetzmässige  Entwickelung  eines  Stammes  erheischt,  dass  er  sich  concentnsch  
 nach  allen Bichtungen  gleichmässig  in  die  Dicke  ausdehnt,  so  wohnt  diesen  Stammen  der  
 sonderbare  Trieb  inne,  überall  da,  wo  sie  duirch  Berphrung  gereizt  werden,  sich  der Emde  
 zu  entledigen,  und  sich  über  dem  fremdartigen  Körper  nach  und  nach  gleichmassigi  wie  
 Flüssiges,  auszudehnen.  So  yerfliessen alhnälig  sogar  die einzelnen  Aeste  des  Parasiten mit  
 einander.  Ist  in  diesemProcesse die Kraft  der ursprünglichen Wurzel  geschwächt  worden,  so  
 setzt  sich,der  Stamm  dadurch  ins  Gleichgewicht ,  dass  er  neue Wurzeln  (Luftwurzeln)  yon  
 Oben  herab  zur Erde  sendet,  und  so  gewinnt  dieses  zähe,  lebenskräftige Geschlecht,  zum 
 *)  Schlingpflanzen  heissen  im  spanischen  America  B'juco,  im  portugiesischen  Sip6. 
 Verderben  der Nachbarn,  immer neue Ausdehnung  und Stärke.  Wir  finden diese  Lebensweise  
 bei  Pflanzen  aus  den  verschiedensten  Familien,  vorzüglich ausgebildet  aber  bei  vielen Gutti-  
 Gewächsen  (Guttiferae),  so  genannt ,  weil  sie  dicke,. dem  Gummigut  ähnliche  Säfte'führen.  
 Es  sind  die  Clusien,  Havettien,,  Arrudaeen /  und  die  verwandten  Gestalten  der  Ruyshia,  
 JSorantea  und JMarcgravia-,  welche,  an  den  Nachbarbäumen  emporklimmend,  ihre  Stämme  
 verflächen  und  ihr Holz  mit  dem  der  Unterlage  verschmelzen.  Grosse  Blumen  von  üppiger  
 Färbung  und  glänzendes  saftiggrünes  Laub  erhöhen  die  Eigentümlichkeit  dieser  Gewächse,  
 und  wo  sie,  zu  Massen  ausgebildet,  anderen  Stämmen  gleichsam  einen  fremden  Baumschlag  
 citiinipfen,  sind  sie-von  mächtiger Wirkung  in dem  Helldunkel  des  tropischen  Waldes.  An  
 den  Ufern  des  Bio  Guamä  sah  ich  ganze  Beihen  von Macaübapalmen  (Acrocomia  sclerocar-  
 pa, M.)  mit Clusia  alba überzogen,  so dass der Pai’asit ein  ringsum geschlossenes Bohr  um  den  
 dreissig  Fuss  hohen  Stamm  gebildet  hatte,  das  an  kurzen  Aesten  Laub  und  Blumen  trug,  
 und  aus  dessen  Ende  die  erhabene  Palmkrone  hervorragte.  (Tab.  II.  f.  xi.)  Auch  mehrere  
 Arten  von  Feigenbäumen  haben  diese  den  Nachbarn  verderbliche  Lebensweise0).  Im Allgemeinen  
 aber  bemerkt  man-,-  dass  Gewächse,  welche  sich-oberhalb  der  Erde  auf  andern  parasitisch  
 niederlassen,  innerhalb  der  Tropen  viel  häufiger^yorkommen,  als  in  kaltefi*-Län-  
 dern**),  und  parasitische Gesträuche  überziehen liier  oft  in  solcher Anzahl andere Bäume,  dass  
 ihr  üppigessitpächsthum  endlich die Unterlage  zerstört.  Sowohl  diesen  feindseligen Parasiten,  
 als  den vorher erwähnten  Schlingpflanzen  kommen  besonders  häufig  gefärbte  oder  milchichte  
 Säfte  zu,  die  auf den  thierischen  Körper  bald  als  scharfe,  bald  als  betäubende  Gifte  wirken  
 ,  und  nur  selten  ganz  unschädlich  sind.  Es  ist  daher  gefährlich,  sich  in  die Windungen  
 dieser,  bei  der  Verwundung .milchenden;  Buschtaue  zu  verwickeln:  schmerzhafte Geschwulst  
 der  Glieder  entsteht  bisweilen  von  der Berührung  und  ins  Auge  geträufelt  haben  solche  
 Säfte  Blindheit  bewirkt.  Die  Liane  der  Bauhinia  gujanensis,  Alibi.,  welche  seltsam*  im  
 Zickzack  gewunden  an  den  dicksten  Stämmen  .emporsteigt,  enthält  ein  eigentümliches. Gift,  
 womit  die  Indianer  das Wasser  schwängern,  um  die  Fische  zu  betäüben.  Andere  sind  reich  
 an  Stoffen  von  drastischer Wirkung,  und  gehören  dem  Arzneisfchatze  dieser Wilden an,  oder  
 liefern  ihnen  ein  tödtliches  Pfeiilgift.  Diese  Gewächsform  ist  es  übrigens  vor  allen  andern,  
 welche  sich  bis  jetzt  der  genaueren  Kenntniss  der  Botaniker  entzogen, hat;  denn  nur  höchst  
 selten  erscheinen  Blätter,  Blütlven  und  Früchte  an  den,  gleich  Seilen  ausgespannten,  Buschtauen  
 ,  und  die Verschlingung  zwischen, dem  benachbarten  Laubwerke  macht  es  oft ganz  unmöglich, 
   die  einzelnen  Bildungen  zu  entwirren  und  zu  unterscheiden.  Wenn  die  Liane  in  
 schwindelnder  Höhe,  unter  der  Krone  eines  mächtigen  Baumes  ihreBliftheh  entfaltet  hat, — ■ 
 ■*)  So  Ficus  dendrocida,  Humb. ,  am Magdalenenstrome,  F.  parasitica,  IV.,  in  Ostindien. 
 **) Wahre  Parasiten  sind  Pflanzen,’ welche,  unvermögend  sich  selbst  die  nothwen'digcn  Nahrungssäfte  
 zu  bereiten,  auf  andern  lebenden  Gewächsen;'sich  einnisten,  und  deren  Säfte  im  eigenen  Haushalte  
 verwenden.  Sie  sitzen  bald  unterirdisch  auf  den Wurzeln,  wie  in  Europa,der Hypocist,  der  
 Fungus  melitensis  und  die  Orobanchen,  in  Africa^die  essbare  Äphyteia,  in America  die/pilzährdiclie  
 Helosis,  bald  oberirdisch  an-Stämmen  und  Aesten,  wie  die Mistel  (ViscVm)  und  die  Riemenblumen  
 (Loranthus),  die  in  allen Welttheilen  Vorkommen.  Auch  die" grösste  aller,.gekannten Blumen ,  Raff-  
 lesia Arnoldi,  die  drei  Fuss  im Durchmesser  hat,  ist  ein  Parasit;  sie  bricht  ohne  Stengel  und  ohne  
 grüne  Blätter  aus  dem wurzelartigen  Stamme  eines  wilden Weinstocks  in  Sumatra  hervor. 
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