mancherlei Krankheiten unterliegen, so liefern sie ein weder kräftiges,
noch gesundes und wohlschmeckendes Fleisch. Dazu kommt noch, dass
die Zufuhr in grossen offenen Böten, zuweilen ohne hinreichende Provisionen
bewerkstelligt wird, so dass die Heerden halb verhungert anlangen.
Es würde daher von den wohlthätigsten Folgen für die Bewohner
der Hauptstadt seyn, wenn das bisherige System, dem zu Folge die
Pächter das Fleisch ohne andere Controlle als die auf den Preis zu liefern
haben, einem andern Platz machte, das durch sorgfältigere Behandlung
der Thiere auf der Weide und während des Transportes
eine geregelte Zufuhr gesünderen Fleisches bewirkte. Bananen, die
in Verbindung mit innländischem Käse in mehreren der südlichen Provinzen
eine eben so angenehme als dem Klima entsprechende Speise liefern,
werden hier weniger genossen. Das Getränke des gemeinen Mannes
ist Wasser oder Zuckerbranntwein; die Wohlhabenden trinken portugiesische
Weine, welche, nebst mancherlei Leckereien, einen bedeutenden
Einfuhrartikel ausmachen.
Als Folge einer so wenig Nahrung darbietenden Kost und einer
sehr grossen Hitze, deren Einfluss noch durch den Mangel körperlicher
Bewegung vermehrt wird, bemerkt man bei den Paraensern eine grosse
Neigung zum Fettwerden, Schwäche der Verdauungsorgane, und
mancherlei Complicationen von Hämorrhoidalleiden. Hierdurch wird
eine grosse Disposition zur allgemeinen Wassersucht entwickelt, welche
Krankheit unstreitig hier zu Lande die häufigste Ursache des Todes ist.
Indigestionen werden besonders dann gefährlich, wenn sie zugleich mit
Verkältung (Constipagäo) eintreten. Rühren und blutige Diarrhöen beginnen
im October, und dauern von diesem trocknen Monate bis zum
Eintritte der Regen im December u. s. f. Je weiter die Jahrszeit gegen
die nassen Monate fortschreitet, um so leichter gehen sie in den
putriden und colliquativen Zustand über. Schwindsucht, Brustentzündungen
und Asthma erscheinen weniger häufig, als in den südlichen
Provinzen des Reiches. Unter den Unterleibskrankheiten, kommen Entzündungszustände
der Leber am häufigsten vor. Wurmkrankheiten,
besonders als Folge schlechter Kost und unreinen Wassers, sind nicht
selten. Unter den acuten Hautkrankheiten muss ich besonders der
Blattern, der Masern und des Scharlachs erwähnen. Die'erstem hatten
sich gerade zur Zeit unserer Ankunft in einer bösartigen Seuche
verbreitet, welche in der Höhe der Krankheit täglich dreissig bis vierzig,
und in dem ganzen Verlaufe während eines halben Jahres über dreitausend
Menschen aus allen Ragen und Ständen wegraffte. Im Frühling,
d. h. nach der Regenzeit, wenn die Trockne beginnt, stellen sich
oft Hitzblatterausschläge ein. Tetanus und andere in tropischen Ländern
vorkommende Nervenübel sind verhältnissmässig selten; dagegen
leiden ziemlich viele Personen am schwarzen und grünen Staar. Üeber
Steinbeschwerden hört der Arzt in Para und der Umgegend wenig
klagen, aber um so häufiger sind sie^in Cametä und andern Ortschaft
len längs dem Tocantins, dessen Wasser durch viele in ihm enthaltene
Gypstheilchen jenes schreckliche Uebel verursachen soll, (i.)
Die Bevölkerung von Para ward zur Zeit unseres Aufenthaltes auf
2 4 ,5 oo Seelen geschätzt; sorgfältige Zählung war jedoch nicht Veranstaltet
worden. (2.) Da diese Stadt unter die neueren Ansiedlungen der
Portugiesen m Brasilien gehört, so ist die Zahl der Einwohner aus der
höheren Bürgerclasse von unvermischt europäischem Geblüte verhältnissmässig
grösser, als in andern. Die Mulatten und Neger sind minder
zahlreich, weil man sich bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts
lediglich der Indianer für die Zwecke des Feldbaues und der öffentlichen
Werke bediente, und erst dann die Einfuhr der Negersclaven vermehrte,
als jenen, durch die Befreiungsacte König»J o s e p h im Jahre iy 55, gestattet
w a r, nach eigener Wahl selbstständig zu werden. Unter den
Einwohnern der Stadt und den Pflanzern auf benachbarten Höfen, und
in den Villas und Dörfern der Nachbarschaft befinden sich viele Colo-
nisten aus den azorischen Inseln, hier Angicös genannt; auch einzelne
von jenen Familien, welche bei der freiwilligen Verlassung von Mas-
sagäo in Marodeo-, im J. 1769, nach Brasilien übersiedelten, haben
sich in der Stadt mit Gewerben, in.der Umgegend als Landbauer nie-
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