Als wir oberhalb der Katarakte ankamen, bot sich ein interessanter
Anblick dar. Mit Gregorio waren mehrere Kahne befreundeter Indianer
aus dem ibfärih'-Fluss herabgekommen, welche sich auf einer Sandbank
unter aufgesteckten Palmblättern gelagert hatten. Alle drängten sich
herbei, uns ihre verschiedenen Waffen, Federzierrathen und lebendige
Thiere zum Kaufe anzubieten. Ich erhielt hier unter Andern ein mit
//?ad«-Taback gefälltes Rohr, und einen aus dem Schenkelknochen einer
Onze sehr zierlich gearbeiteten Löffel, womit der Anführer seinen
Kriegern das JKpadu austheilt, wenn sie zu Felde ziehen. (Ind. Ge-
räthsch. Fig. Z»5. 46.) Unter den Thieren waren einige jener kleinsten
Affenarten {Jacchus) , die sich leicht zähmen lassen, und frei im Kahne
herumliefen. Eine ganz kleine Art von Ameisenfressern (Myrmecopha-
gci) , die man mir lebend gebracht hatte, versuchte ich umsonst am
Leben zu erhalten. Der niedrige Wasserstand des Flusses erlaubte
uns am nächsten Morgen, den oberen Fall von Cupati zupassiren, ohne
auszuladen. Die Kähne wurden durch einen Felsencanal am südlichen
Ufer glücklich herabgebracht. Auf der Nordseite des Stromes ragte
jetzt einß kleine felsichte Insel hervor, an der sich die Fluth gewaltig
brach^sie war bei unserer Auffahrt nicht sichtbar gewesen, und der
Wasserstand demgemäss wenigstens um zwölf Fuss erniedrigt. Cap.
Z any, dessen Zustand sich besserte, übernahm es, für die Passage der
Fahrzeuge durch die untere Katarakte zu sorgen, und ich eilte inzwischen,
geführt von dem Tubixava Domingo von JManacaru., mit einigen Leuten
voraus, an das nördliche Ufer, um die Serra de Cupati zu besteigen,
an deren Fusse wir die Nacht zubrachten. Obgleich es regnete, hingen
die Leute dennoch ihre Hangmatten im Walde zwischen Wachtfeuern
auf, zogen ein Stück Turiribast über Haupt und Brust, und schliefen
bald eben so ruhig, als im trocknen Rancho der heimischen Malloca.
Es liegt etwas Rührendes in dem stillen Vertrauen, womit der Ureinwohner
dieser Aequinoctialländer überall, unter klarem Sternenglanz
oder trübem Regenhimmel, sein Lager aufhängt, und ich fühlte es doppelt
tief, als ich, meine Begleiter um mich entschlafen, das Tosen des
Wasserfalls wechselnd stark und schwächer herüberbrausen hörte, und
die .wenigen Sterne sich hinter dunkle Wolken verstecken sah. Ich
schämte mich des Erschreckens vor den flatternden Schatten einiger
grossen Fledermäuse, und war ebenfalls bald in Schlaf versunken. Mit
Tagesanbruch drangen wir auf der Westseite des Berges in den Wald,
und befanden uns bald an einer jähen Höhe. Bis zum Vierttheile des
Wegs war der Wald von grossen Felsblöcken und den, mehrere Fuss
tiefen, Resten vermoderter Vegetation fast unwegsam; dann ward er
etwas lichter und niedriger. Ich bemerkte viele grossblättrige Aroideen,
Sauerkleegesträuche mit gefiederten Blättern, die wie Mimosen zusammengelegt
schliefen, viele kleine Rohrpalmen, baumartige Farnkräuter
und jene sonderbaren Melastomaceen, welche in den blasig aufgetriebenen
Blattstielen Nester kleiner Ameisen beherbergen. Weiter aufwärts,
wo sich der Scheitel des Berges aus minder steilem Abhange zu erheben
beginnt, ward die Vegetation so dicht, als ich sie niemals zuvor
gesehen hatte. Die Bäume waren mit den unteren Aesten unter einander
so verschränkt, dass sich diese gänzlich verdämmt, und in einen
ellenhohen Moder verwandelt hatten, worein wir bis zur Mitte des Leibes
versanken. Das Steigen war äusserst beschwerlich: wir konnten
nur auf den untersten Aesten der Bäume festen Fuss fassen, und jeder
Schritt musste mit dem Waldmesser errungen werden. Nach einer
guten Stunde gelangten wir. auf den Gipfel, der von derselben Vegetation
so dicht eingenommen wird, dass wir froh seyn mussten, auf der
Höhe einen nackten Fels von sechs Quadratschuhen frei zu finden, auf
dem wir ausruhen konnten. W^ir mochten hier etwa sechshundert Fuss
über dem Flusse stehen. Je höher die Sonne heraufkam, und je schneller
die, über der W^aldung schwimmenden, Dünste sich senkten, um
so erfreulicher ward die Aussicht über den hellbeleuchteten reinen Horizont
um mich her. Schon so lange, wie ein Gefangener, von dem
nächtlichen Düster der Urwaldung umgeben, konnte ich nicht aufhören,
hier in die Weite zu sehen; und welch’ eigenthümlicher Anblick zeigte
sich hier. In W . , S. und O., so weit das Auge trägt, eine unabsehbare
Ebene, mit grüner Waldung bedeckt, aus der nur hie und da die Silberbänder
der Flüsse hervorschimmern. Der JTupurä ist auf viele Mei-
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