Nacht Wachen auszustellen. Wenn die Expedition ihren Weg im Arinos stromaufwärts fortsetzt,
so gelangt sie in dessen westliche Hauptquelle den Rio JPreto, der aus der Hochebene bei
dem -Arrayal Diamantino entspringt. Dahin soll von dem südlichsten Hafen im Rio Preto ein
Landweg von fünf Legoas führen, und zwölf Legoas weiter an den Kio Cujabä. Ist diese Strecke
auf Saumtieren zurückgelegt, so schifft man den Rio Cujabä bis zur Cidade de Cujabä dreis-
sig Legoas abwärts. Die Reise von letzterer Stadt bis Santarem kann in einem Monat gemacht
werden, stromaufwärts erfordert sie in'grossen Fahrzeugen drei bis vier, in einem "Nachen anderthalb
Monate. Die Cujabanos unternehmen die Reise während der Strom voll ist, im Dec.,
und kehren in den Monaten Jan. bis Mai wieder zurück. Später .ist zwar der Strom noch mehr
entleert, und bietet, wegen geringerer Strömung minderen Widerstand dar; allein in den Monaten
August, September und October, wenn die Ufer am weitesten- entblösst werden, sind
Wechselfieber; Diarrhöen und Rühren, sehr häufig, und es sind bereits Fälle vorgekommen,
dass die Mannschaft bis auf wenige Personen eine Beute dieser verderblichen Krankheiten
wurde. Nicht alle Handelsartikel, welche Cujabä nnd Matto Grosso von der Küste beziehen,
werden auf dem Tapajoz mit Vortheil aufwärts geschifft; es gilt diess vorzüglich nur Von schweren
Gegenständen, deren Transport durch die Karavanen zu Lande kostspieliger und gefährlicher
ist, also von Eisen-, Stahl- und Messingwaaren, Schiesspulver und Schrot, Wein, gebrannten
Wässern, Arzneiwaaren und dergleichen. Feine Baumwollen - und Seidenzeuge jeder
Art Tücher, Hüte, u. s. f. kaufen die Cujabanos in Bahia oder in Rio de Janeiro um zwan-
x\tT Procente wohlfeiler e in, als in Santarem, dessen Handel zu unbedeutend ist, um mit jenen
reichen Seestädten concurriren zu können, wo der Verlag auf kürzere Zeit berechnet, die Auswahl
freier und die Geldmittel flüssiger sind. Dessenungeachtet haben mehrere Häuser voii
Para selbst den Handel auf dem Tapajoz mit Vortheil betrieben. Die Cujabanos bringen
aus ihrem Minenlande vorzüglich grobe BaumVollenzeuge, rohe Baumwolle, Goldstaub und
als Contrebande Diamanten. Der Goldstaub, welchen wir in Santarem zu Gesicht bekamen,
bestand grösstentheils aiis abgerundeten Blättchen und nicht selten aus Krystallen. Die Octave
Gold wird daselbst zu 1700 Reis;-'der Vintem Diamanten, welche meistens von geringer
Grösse, von grünlicher oder gelblicher Farbe sind, zu 1000 Reis verkauft.
(9.) Bei Völkern, die* noch auf der untersten Stufe der Bildung, kein historisches Denkmal
hervorzubringen vermocht haben, verweilt der Blick des Beobachters nicht ungerne auf Gegenständen
der Natur um sie her, welche mit der Dauer ihres gegenwärtigen Zustandes in Beziehung
stehen, und in so ferne als Zeitmesser gelten können. Am nächsten liegen uns unter
diesen die von den Ureinwohnern Brasiliens seit undenklicher Zeit cultivirten Gewächse: der Mais
(ZeaMais), die Banane (im Norden Pacoba, Musa paradisiaca), die Aipimpflanze (Manihot Aipi,
Pohl.), die Mandioccapflanze (M. utilissima, Pohl.), der span. Pfeffer (Capsicum annuum) und die Palme
Guilielma speciosa, welche uns zu gegenwärtiger Betrachtung veranlasst. Alle diese Pflanzen
tragen den Stempel einer längeren Cultur an sich, indem sie entweder in mancherlei Varietäten
ausgeartet sind, oder aHmälig die Säamen in den Früchten verloren haben. Das letztere
Verhältniss erscheint am häufigsten bei der Banane, deren Beeren nur sehr selten einzelne
reife Samen ausbilden; weniger oft findet man aber auch die Steinbeere der Bubunha (Pupun-
ha) ohne Steingehäüse oder ohne Samen. Diese Palme wird bei sehr vielen Stämmen in der
Nähe der Wohnungen angebaut. Ihr Wachsthum ist schneller als das vieler anderen Palmen,
denn sie soll manchmal schon im fünfzehnten Jahre Früchte ausbilden-; immerhin aber setzt
ihr Anbau eine Art von Stabilität der Wohnsitze voraus ; auch"ist ihre Cultur den Muras, Turas
und anderen flüchtigen Horden (Indios de Corso), welche häufig die Wohnorte wechseln,
fremd geblieben. Wir fanden sie am häufigsten bei den Passés, Juris, Goërunas, Uainumäs
am Yupurä, auf der, einst von den Tópinambas bewohnten, Insel Topinambarana und auf
den übrigen Inseln westlich • davon im Strome zwischen den Flüssen Madeira und Jurud, die,
nach den Berichten A cunna’s , sonst von den zahlreichen uud betriebsamen Stämmen der Curu-
zicaris, Yorimaüs (Solimoës ?) und Cochiu-uaräs bewohnt waren. Diese Palme hat auch mit den
übrigen ursprünglich angebauten Gewächsen einen verhältnissmässig sehr grossen Verbreitungs-
Bezirk gemein. Sie kommt in der französischen Gujane vor' (Pdripoä, AubltSt flor. Gujan. Suppl,
p. 101.), und ist von den Hrn. v. Humboldt und B onpland am Orenoco, Atabapo, in der Provinz
Choco nnd im Stromgebiete des Rio de la S. Magdalena bemerkt worden. Obgleich ■ vorzugsweise
den niedrigen Gegenden an den Flüssen hold, steigt sie doch auch in höhere Gebiete
hinauf, so dass man als ihre untere Verbreitungsgrenze wenige Toisen über dem Océan, als
obere in Brasilien eine Höhe von 200 Toisen annehmen kann. Ibague, wo sie Hr. v. Humboldt
ebenfalls gesehen hat, liegt 700 Tois. hoch, wahrscheinlich der höchste Ort, in welchem sie
vorkommt. Die Frucht der Bubunha (Pupunhd) ist eine eiförmige Steinbeere von der Grosse einer
mittleren Birne. Unter der gelben oder rothgefärbtcn Oberhaut liegt ein weissliches, mehlreiches,
süssliches Fleisch, von Fasern durchzögen* im Geschmacke manchen Arten süsser Bataten vergleichbar.
Die Indianer ziehen diese Frucht , gekocht, oder gebraten,. den meisten übrigen for.
Ein gekochter Brei aus den zerdrückten Bubunhas und Bananen gemengt ist ihre Lieblingsspeise.
Da ein Baum mehrere hundert Früchte trägt, dié riach lind nach reifen, so ist er ihnen einé
reichliche Nahrungsquelle, und sie scheuéh sich, ihn zu fällen, obgleich das äusserst harte,
schwarze Holz des, mit Stacheln bewafineten Stammes sich zu Waffen nnd anderm Geräthe
besonders tauglich erweiset.
Es ist diese die einzige Palmenart, von deren Anbau durch die Indianer ich mich selbst
überzeugt habe. Die Zahl derjenigen , welche sie überdiess unterscheiden und mit besonderen
Namen belegen, ist sehr gross, und mannichfaltig der Gebrauch zür Herstellung ihrer Hütten*
Verfertigung mancherlei Gerätschaften.und Waffen, weniger als Nahrüugsmittel. Es verdient -■
engeführt zu werden, dass alle Arten, deren sich die Indianer im Innern von Par à und Rio
Negro bedienen, Vorzugsweise den Gattungën der Stachelpalmen (Astrocaryum uud Bactris) angehören,
welche in der Eigentümlichkeit übereinkommefi, mehrere Stämme zu einem ungeheuren
Busche vereinigt aus einer gemeinschaftlichen Wurzel hervorzutreiben. Dieses kräftige
Wachstum ersetzt die Verwüstungen, welche die Indianer durch Abhauen dér Stämme anzu*
richten pflegen. Die Steinbeeren mancher hieher gehörigen Arten liefern in ihrem faserigen,
bei Astrocaryum mehlig süsslichem, bei Bactris Zum Theil schleimigem und säuerlichem Fleische
, so wie in dem ölreichen Kerne èinige Nahrung. • Grösseren Nutzen jedoch bieten sie durch
die Zähigkeit ihrer Blattfasern dar, Welche fast alle ohne Unterschied zu Flechtwerk verwendet
werden können. Besonders geschickt in dieser Arbeit habe ich die Juris am Yupurä gefunden<
Die frischen Blätter werden vom Blattstiele abgeschnitten, und ihre faserige Mittelrippe und die
Nebenrterven durch einen eigentümlichen Handgriff von dem übrigen Zellgewebe getrennt* indem.
der Indianer die angezogenen Kniee zur Stütze gebraucht.
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