einige Stämme der Oirana abzuhauen, und an einer erhöhten Stelle in
den Sand einzurammeln, um unsere Hangmatten daran aufzuhängen.
Sie selbst wollten auf der Gewohnheit beharren, zunächst dem Ufer,
in den Sand hingestreckt und mit ihren wenigen Kleidungsstücken bedeckt,
die Nacht hinzubringen, obgleich wir nicht ermangelten, ihnen
die Gefahren eines Ueberfalls von Krokodilen vorzustellen. Mehr als
unsere Ermahnungen fruchtete die Erfahrung dieser Nacht. Nachdem
sich nehmlich die ganze Equipage dem Schlaf überlassen hatte, wurden
wir durch ein lautes Geschrei aufgeschreckt, das uns halbbekleidet, mit
den Waffen in der Hand, an’s Ufer rief. Hier trafen wir alle Indianer
im grössten Entsetzen denn ein grosses Krokodil war zwischen den
Schlafenden ans Land gestiegen, um unsern wohlgefullten Hühnerkorb zu
erreichen, hatte diesen aufgerissen, und war mit der Beute einiger
Hühner so eilig zum Wasser zurückgekehrt, dass wir nur noch das
Schlagen seines Schweifes bemerken konnten, eh’ es in die Tiefe untertauchte.
Von nun an gewannen wir es über unsere Indianer, dass sie
ihre Lagerstätte weiter landeinwärts in unserer Nähe zubereiteten. Der
Zufall hatte übrigens die Ruhe verscheucht, und da inzwischen der
Mond hellscheinend hinter Wolken hervorgetreten war, kehrten wir
in die Kähne zurück und setzten die Reise fort, indem sich, die Indianer
zum Ruderdienste durch ihren einfachen Gesang ermunterten» Einzig
und unauslöschlich sind die Eindrücke, welche der Reisende bei
solcher nächtlichen Fahrt empfangt. In der Ruhe und Schweigsamkeit
dieser Gegend vernimmt man nichts als das Rauschen der Weilen oder
das ferne Geschrei wandernder Affenheerden. Der dichte Urwald tritt
bald hellbeleuchtet an die Küste vor, bald in düstere Buchten zurück;
geisterhaft schwanken die Bilder einzelner Bäume oder heller Uferstrecken
über das Wasser, und Alles in diesem wunderbaren Gemälde
scheint zu unbeweglicher Ruhe entschlafen, bis auf das nächtliche Firmament,
das, erhellte oder schwarze Wolken langsam aus - und über-
einanderschiebend, den Strom bald in dunkle Schatten hüllt, bald zum
Wechselspiele schimmernder Reflexe beleuchtet. W ir waren nächst
der P ra y a de P ra ta ry (P a ra ta ry ) an den Mündungen des gleichnamigen
Flusses vorbeigefahren, der aus dem See von Uaatäs (am westlichen
Ufer des Madeira) entspringt und durch die Seen von P a ra ta ry
und V ir u r y mit dem Rio Puruz in Verbindung steht, für dessen östlichste
Mündung er ehemals galt. Diese Verbreitung der Gewässer thut
dar, dass der Landstrich zwischen dem untersten Theile des JVFadeira
und des Puruz eben so niedrig, und söhlig verflächt sey, wie wir diess
schon häufig am Amazonas beobachtet hatten. Diese dichtbewaldeten
Niederungen waren zur Zeit A c u n i s a ’ s von den Z u rin a s und Caripu-
nas {Cariben ?), die Inseln an den Mündungen des Puruz von den mächtigen
Cuchiuäras bewohnt. Alle diese Horden sind jetzt spurlos verschwunden;
wild und unwirthlich hängt der Wald über den Strom
herein, und deckt die Stätte untergegangener Geschlechter. Der einzige
Umstand, woraus ein aufmerksamer Beobachter schliessen kann,
dass sonst hier eine indianische Bevölkerung fixirt war, sind dichte
Hecken von baumartigen Gräsern {Tacoara - agxx) , die von Jenen als
Vertheidigungsmittel angelegt zu werden pflegten. Dagegen fand ich
weder hier, noch an irgend einem Orte längs dem Amazonas oder So-
limoes, ein Ueberbleibsel der von Indianern gebauten Nutzpflanzen, es
sey Mandiocca, Mais oder Banane; nur der Orleanstrauch kommt bisweilen
vor. An den Abhängen des Ufers selbst stehen hie und da
dichte Gehäge von Pfeilrohr {Catincmeaes, von Gynerium saccharoides),
welche die Wilden für ihre Waffen benützen. Obgleich der Strom
noch in ziemlich starker Entleerung begriffen war, so machten doch
mehrere Strömungen an den Küsten unseren Ruderern viele,Arbeit, und
wir waren froh, mit Anbruch des Tages durch einen Ostwind begünstigt
zu werden, welcher, den ganzen Tag anhaltend, uns, an der
langen Sandinsel P ra y a do P eriq u ito vorüber, gegen Abend auf die
P ra y a de Goajaratuva brachte. Hier bot sich uns zum ersten Male
das Schauspiel einer Lese von Schildkröteneiern und der Zubereitung
derselben zu dem Schildkröteneierfette dar. Auf einer Spitze der Sandinsel
hätten die Sammler mehrere Hütten aus Palmblättern errichtet;
grosse Haufen von so eben ausgegrabenen Eiern, ganze Kähne voll
solcher, die bereits zerschlagen ihren Inhalt aussonderten, dampfende