tung, die sich sowohl durch die einfache Reihe von Zähnen, als durch
die abgestutzte Form des Kopfes und die kleinen, unter der Haut
liegenden und kaum durchscheinenden, Augen auszeichnet. Eine Art
dieser Gattung, die Candiru der Einwohner, ein Fischchen von der
Länge und Dicke eines Fingers, — ob die jüngeren Individuen einer der
beiden von uns abgebildeten Arten (Cetopsis Candiru P is c . t. 1 o . f . 1. , uftd
C . coecutiens t. 10. f . 2.) oder ob eine dritte, noch unbeschriebene,
kann ich leider nicht angeben, weil die von uns gesammelten Stücke
•verloren gegangen sind,— hat die Gewohnheit, mit grosser Heftigkeit
und sehr schnell in die äusseren Höhlungen des menschlichen Körpers
hineinzuschlüpfen. Sie erregt hier die schmerzhaftesten und gefahr*
lichsten Zufalle, und kann, weil sie die Flossen ausspreitzt, nur mit
grosser Mühe wieder herausgebracht werden. Der Geruch menschlicher
Excretionen scheint das Fischchen anzulocken, und die Indianer
rathen desshalb sich im Bade der Befriedigung eines gewissen Bedürfnisses
zu enthalten, oder einen gewissen Theil sorgfältig zu bedecken.
Die Indianer, deren wir uns als Ruderer bedienten, bekräftigten ihre
Erzählung von dieser seltsamen Eigenschaft durch mehrere Beispiele,
da wir aber überhaupt die Bemerkung gemacht hatten, dass der Glaulre
an Unwahrscheinliches und Ausserordentliches, zugleich mit einer lächerlichen
Gespensterfurcht, einen eigenthümlichen Zug im Character jener
Menschen ausmache, so fanden ihre Berichte nicht eher Eingang, als
bis wir durch unsern Freund Dr. Lacerda, als Augenzeugen, von der
Wahrheit der Sache unterrichtet wurden.
Gleichsam als wenn nur das Ungeheuere einen Eindruck auf die
stumpfen Gemüther der Ureinwohner machen könnte, hatten auch ihre
Erzählungen nur das Seltsamste und Unbegreifliche zum Gegenstände,
und während sie jedes kleine Ungemach auf unsern Schiffahrten, mit
unbeschreiblichem Gleichmuth erduldeten, nahmen sie Veranlassung von
der P o r o r o c a zu sprechen, jener furchtbaren, mauerartig einherrollenden
und in kurzer Zeit Hochwasser bildenden, Fluth in mehreren Flüssen
der Provinz P a r a , die allerdings eben so sehr durch die wilde
Grösse als durch das Unerklärliche ihrer Erscheinung selbst den Blick
der Indolenz auf sich ziehen muss. Die Indianer pflegen dieses Phänomen
als die Wirkung böser Geister zu betrachten. Das Wort bedeutet in
ihrer Sprache krachendes oder donnerndes Meer. Die nächste P o r o r o c a
wird am R io Guamä bei dem kleinen Kirchdorfe S . D om in g o s , am
östlichen Ufer des Flusses, (5o ° 5'w . L. von Par. und i ° 27' s. B.) bemerkt.
Um an diesem Puncte die Erscheinung zu beobachten , machten
wir uns am 6. August Nachmittags in einer mit vier Indianern bemannten
Canoa auf den Weg. W ir waren aber kaum eine Stunde weit in dem,
mit dichtem Gebüsche und niedrigen Bäumen umhegten; R io Guamä
aufwärts geschifft, als ein furchtbares Donnerwetter hereinbrach, welches
uns zwang, das Fahrzeug ans Ufer zu ziehen, und in einer unaufhörlichen
Regenfluth bis nach Sonnenuntergang zu warten. Als nun
der Fluss zu ebben begann, und wir, gänzlich durchnässt, während
einer trüben Nacht nur eine mühsame und langsame Reise vor uns sahen,
entschlossen wir uns nach P a r a zurückzukehren, und die Beobachtung
der P o r o r o c a auf die Zeit nach unserer Rückkehr aus dem Innern zu
verschieben. Fast ein volles Jahr später, am 25. Mai 1820 unternahm
ich allein diese Reise noch einmal. Am 27. war Neumond j und ich hatte
daher eine vollständige Ansicht von jenem merkwürdigen Phänomene zu
erwarten. Ich verliess P a r a Abends 9 Uhr, und benützte, die ganze
Nacht hindurch stromaufwärts rudernd, die günstige Bewegung der
Fluth. Die Ufer des Guamä sind niedrig, überall dicht bewaldet. Der
Fluss befolgt im Allgemeinen eine Richtung von Südöst nach Nordwest.
In der Mitte der Entfernung zwischen S. Domingos und Para, wo sieh
von Norden her der kleinere Pdo In h a b y mit ihm vereinigt, macht er
einen beträchtlichen Bogen nach Norden. Seine Breite, zwölf bis fünfzehn
Klafter, bleibt sich im Allgemeinen ziemlich gleich; die Tiefe
wechselte bei unsern Söndirungen an den Ufern zwischen acht und
zwölf, in der Mitte des Canals zwischen zwölf und zwanzig Fuss. Die
Fluth war beträchtlich, und schien uns in ihrer stärksten Höhe das
Niveau des Flusses um mehr als anderthalb Fuss zu erhöhen. Ihre
Geschwindigkeit w a r, mit einem gemeinen Log gemessen, 35 Fuss in
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