von Hochperu seyen. (4.) Diese Steine sind übrigens nicht das einzige Amu-
let, welches sie gegen Krankheiten, Schlangenbiss und andere Uebel
am Halse tragen. Gleiche Kräfte schreiben sie dem M u ra q u e-itä , einem
aus dem Rücken der grossen Flussmuschel geschnittenen, unförmlichen
Haischmucke, der Perlmutter oder irgend einem grossen, abgerundeten
Fischknochen zu.
Am i 5. October erblickten wir zwischen einer grossen Sandbank
in O. und einer niedrig bewaldeten Landspitze in W . die Mündung des
grossen M adeirastromes. Obgleich sie durch eine bedeutende Insel ge-
theilt erschien, hatten wir dennoch vom nördlichen Ufer bis, in jenen
Strom ein wahres Meer von süssem Wasser vor uns. Nach Mittag
gelangten wir an die hohen und steilen Ufer (C ostas) von M a tta ry ,
welche durch die Doppelmündung des verhältnissmässig kleinen R io M atta
r y zu Inseln werden. Obgleich auf diesen Inseln früherhin eine Al-
dea der Mercenarios gestanden hatte, von der noch einige niedrige
Waldschläge (Capoeiras) zu zeugen schienen, war doch Alles wieder
in die ursprüngliche Wildheit versunken, und an dem Orte jener frommen
Väter hatten sich einige herumziehende Mura-Familien niedergelassen.
Wenige Jahrzehende reichen in diesem Lande hin, der Vegetation
unumschränkte Macht über das Werk der Menschen zu geben.
Auf der Südseite sahen wir kleine Sandinseln aus dem Gewässer hervortreten,
welche mit einer unzähligen Schaar von Wasservögeln aller
Art bedeckt waren. Ihr Geschrei tönte verworren zu uns herüber,
und sie schienen durch keinen Lärm oder Annäherung der Menschen
verscheuchbar. Zwischen den grossen Störchen und den Enten herrscht
beständiger Streit, welchem der weissfiedrige Reiher (A rdea E g retta )
gewöhnlich von einem Baume neutral zusieht. Auf einer andern Insel
lag ein grosses todtes Krokodil, um das eine Menge von Geiern beschäftigt
war. Unsere Indianer machten uns darauf aufmerksam, dass ein
Königsgeier eben erst von jenem Leichname aufgeflogen sey, und den
übrigen freies Spiel gelassen habe. Je höher die Ufer des Stromes an-
stiegen, um so schwieriger ward unsere Schifffahrt wegen Zunahme
der Strömung. Diese war vorzüglich stark oberhalb der Ponta de
M a tta ry , so dass wir nur mit Hülfe von am Ufer angebundenen Stricken
das Fahrzeug aufwärts ziehen konnten. An einer Stelle, wo sich
die Fluth im Halbkreise um eine mehr als zwanzig Fuss hohe Sandsteinwand
herumbewegte; wurden zwei starke Seile an den Uferbäumen
und am Vordermaste befestigt, und des kräftigen Zuges unserer
Indianer ungeachtet, brauchten wir mehrere Stunden, die Strömung zu
überwinden. Nach Mittag ward die Arbeit auf ähnliche Weise fortgesetzt,'
und während die Montaria die Seile ans Ufer voraustrug, glaubten
wir uns plötzlich eines frischen Windes erfreuen zu können, der
von O. her die Fluth zu kräuseln begann. Allein in einem Nu bedeckte
sich der ganze Himmel mit schwarzen Wolken; die Wellen des Stromes
bäumten sich vor uns auf, und unter fürchterlichem Donner fiel
eine schwere Windsbraut aut das. Schiff nieder. Binnen drei Minuten
war der helle Tag zu so tiefer Nacht verdunkelt, dass wir die Ufer
nicht mehr oder nur beim Scheine der Blitze erkannten, und obgleich
wir so glücklich waren, die eben entfalteten Segel wieder einzurollen,
jagte uns dennoch der Sturmwind zugleich mit dem Regen pfeilschnell
stromaufwärts, so dass wir in wenig .Minuten fast eine halbe Meile zurücklegten.
Doch gelang es endlich, das Schiff am Ufer unterzubringen,
auch hatten wir die Freude, die Montaria nach dem Sturm unversehrt
herbeikommen zu sehen, und ausser einer zerbrochenen Segelstange
nur den Verlust einiger Papageien zu beklagen, welche in der Verwirrung
von dem Verdecke ins Wasser hinabgestreift worden waren.
Dieser plötzliche Sturm, der heftigste, den wir auf unserer ganzen
Schifffahrt zu bestehen hatten, bewährt die Nothwendigkeit schärfster
Beobachtung der Wetterveränderungen über dem Strome. Diessmal war
es nur ein gutes Glück, was das Fahrzeug stromaufwärts, und nicht
gegen die steile Küste führte, wo es ohne Zweifel gescheitert und mit
uns untergegangen wäre. Diess heftige Gewitter hatte einen höchst
merklichen Einfluss auf die Temperatur. Das Thermometer fiel auf
180 R. herab, und erhielt sich so die ganze Nacht hindurch. Sowohl
w ir , als die Indianer fühlten Kälte, und selbst die Insecten schienen
davon ergriffen, da sie mit verdoppelter Wuth emsig zwischen unseren