und muthvoller Freund. Wie sehr es überdiess Noth that, dem Zufalle
und dem bösen Willen der Indianer in diesem einsamen Gebiete vereinigte
Kraft entgegen zu stellen, erfuhr ich am 23. December, einem
Tage, der ohne die Treue des Indianers, den wir zur Besorgung der
Küche aus Para mitgenommen hatten, wahrscheinlich mein Todestag
geworden wäre. Wir hatten schon bei Maripf mehrere schöne Schlangen
erlegt, die sich am Ufer sonnten, und ich- war dadurch zu dem
Wunsche veranlasst, Jagd auf eine der ganz grossen Schlangen zu
machen, die die benachbarten Seen in Menge bewohnen sollten. Als
wir daher nach unseres Piloten Versicherung uns in der Nähe des L a g o
de Cumapi befanden, bestieg ich einen der kleinen, mit vier Indianern
bemannten, Nachen, und suchte die Mündung des Sees zu gewinnen.
Ein Indianer vom Stamme Macunä> den wir schon von Ega aus bei
uns hatten, erbot sich zum Führer, und ich glaubte keine Ursache von
Misstrauen in dieser, sonst eben nicht häufigen, Bereitwilligkeit finden zu
dürfen. Die Gegend ist sehr niedrig; manchfache Canäle laufen zwischen
den Inseln und dem Festlande hin, und überdiess stand der Yga-
powald weithin unter Wassér. Das muntere Leben der Fische, die
sich dahin zurückgezogen hatten, die Zahl der schönsten Blüthen, womit
diese Waldung übergossen war, und das Gewimmel zahlreicher
Ameisenhaufen, die sich auf die Bäume gerettet hatten, und beim leisesten
Anstoss zu Tausenden auf uns herabfielen, beschäftigten mich so
sehr, dass ich lange Zeit nicht bemerkte, wie der Führer die angegebene
Richtung nicht einhielt, sondern vielmehr durch Seitenwege stromabwärts
zu gelangen suchte. Schon wurden die Schatten länger, als
mein treuer Indianer von Para sich ängstlich an mich drängte, und
mir durch Zeichen und einzelne portugiesische Worte zu verstehen gab,
dass der Macunä, mit den Uebrigen im Einverständnisse, beabsichtige,
mich entweder irgendwo auszusetzen, oder umzubringen, um mit dem
Kahne, der zufällig eine Kiste meiner Tauschartikel führte, zu entfliehen.
Sobald ich mich von dem unstäten Umherfahren überzeugt hatte,
liess ich den Macunä im Hintertheile des Kahns niedersetzen und die
linke Hand am Bord anbinden, wahrend er mit der Rechten das Steuer
führte; ich stellte mich mit geladenen Pistolen vor ihn, und schwur,
ihn niederzuschiessen, wenn er mich nicht bis Sonnenuntergang in den
Strom selbst zurückgeführt hätte. Diese rasche That entschied über
mein Schicksal; der eingeschüchterte Indianer brachte mich in den
Strom zurück, und noch bevor der Mond aufgegangen war, hatte ich
das Schiff des Joäo Bernardo erreicht, das ich meinen Feind besteigen
liess, um den Geist der Empörung nicht unter meine eigene Equipage
zu verbreiten. Es war diess einer von den wenigen Fällen,. wo ich
kaltblütige Bosheit an einem Indianer wahrnahm. Die Lehre machte
mich vorsichtiger, aber auch zuversichtlicher gegenüber den rothen
Menschen, die von einer zu unentschlossenen und schwachen Gemüths-
art sind, um sich dem imponirenden Einflüsse eines festen Muthes entziehen
zu können. Ein anderes Abentheuer, das fröhlicher endete, als
der erste Anschein glauben liess, bestand ich mit der gesammten Expedition
am folgenden Tage. Man hatte uns von einem Dorfe (Malloca)
der Indier Cauixäna gesagt, welches sich auf der Südseite des Yupurä
bei dem See von Acunaui befände; wir setzten daher über den Strom,
der hier voll kleiner Inseln ist, und gelangten gegen Abend in jenen
kleinen See von dunklem Gewässer. Bald entdeckten wir im Hintergründe
einer Bucht hohe, kegelförmige Hütten, und zwischen ihnen
einige, bis auf den Schurz oder das Suspensorium nackte, Indianer.
W ir stiegen ohne Waffen an’s Land, wo uns ein junger, sehr wohlgebildeter
Bursche, der Sohn des Häuptlings, der die Lingua geral fertig
genug sprach , empfing und in eine jener grossen Hütten führte?1 Ihm
und seinen Begleitern konnte ich zwar einige Schüchternheit, jedoch
keineswegs die Furcht vor einem feindlichen Ueberfalle von unserer
Seite anmerken. Nachdem ich daher mit Sr. Zany und einigen Ruderern
durch die niedrige Thüre in die Hütte geschlüpft war, .mussten
wir nicht wenig erstaunen, uns gleichsam in einer indianischen Festung
und in den Händen der Feinde zu sehen. Der Jüngling schlöss alsbald
die Thüre hinter uns zur Hälfte, und wir erblickten mehr denn dreissig
Indianer, alle mit Bogen und Pfeil bewaffnet, auf den längs der Wand
befestigten Hangmatten sitzen, oder dazwischen an den Pfeilern stehen.
154 *