dass er mehr einem See als einem fliessenden Strome gleicht; aber der schwächste Wind setzt
ihn schon in Bewegung, welche viel länger als im SolimoSs fortdauert; ist nun der Wind starker
oder gar ein Gewittersturm, so gleicht seine Fluctuation einem Meere und erregt den
Schiffern Furcht und Schrecken. Diess ist auch die. einzige Gefahr bis S. Isabel, wo die
Schwellen im Strome und die heftigen Strömungen, weiter aufwärts aber die Falle, anfangen.
Auf diesem Flusse hat man nichts vom Einsturze des Terrains, von Baumstämmen, die längs
des Ufers Hegen oder einher treiben, zu fürchten. Auch ist er frei von jeder Insektenplage
(den Carapand, Pium, Meru-i, Mutuca, Broca und Formiga) , welche auf dem SoHmoes so
lästig sind; diess jedoch nur bis S. Isabel; denn von dort bis zu den Quellen soll der Pium
in ungeheurer Menge erscheinen; auch fehlen jene beinahe unsichtbare, scharlachrothe und
weisse Arten von Acarus, der Mucuim, nicht, welche an dem Grase hängen, den Vorübergehenden
ankleben, und ein unausstehHches Jucken, endHch kleine Beulen verursachen. Im Widerspiel
mit dem SoHmoSs, dessen Ufer grösstentheils der Ueberschwemmung ausgesetzt und nur
zu oft morastig sind, hat der Rio Negro reinHche, sandige, trockne Ufer, und erhöhteres Terrain,
besonders auf der südHchen Seite , wo das hohe , steinige Land öfters auf zwei bis dreihundert
Schritte in ein klares Sandufer ausläuft, das, mit zerstreuten Zwergbäumen und Hch-
tem Gesträuche bewachsen, eine Art -von Campo darstellt, woran sich der höhere und dichtere
Wald anschliesst. Dieser Wald selbst‘ ist nicht wie der am SoHmoSs unregelmässig aus kleinen
und aus himmelhohen Bäumen, Gesträuch, Ambaübas, Palmen u. s. f . , von dem verschiedensten
Baumschlag und der vielfachsten Färbung zusammengesetzt, sondern vielmehr regelmassig:
die Bäume sind von mittlerer Höhe, mit gleichförmigem Schmelz und Glanz der dickHchen
lorbeerartigen Blätter, so dass dieser Wald mehr eine fortlaufende Laube, unter der man gemächlich
spatzieren gehen kann, vorstellt. Nur Schade, dass diese .herrHchen camposartigen
Prayas und dieser anmuthige Wald beinahe von gar keinem Vogel und von sehr wenigen Affen
belebt sind. Da der Solimoös seine Ufer vielmehr dünget, und diese viel strotzender und
fruchtbarer sind, so scheint es, dass sich alle lebendigen Wesen dorthin flüchten. Während
wir auf dem Amazonas und SoHmoes schifften, fehlte es niemals an Jagd, und mit jedem
Wurfe des Netzes zog man fünfzig bis hundert Fische von verschiedener Grösse heraus. Das
Gegentheil findet auf dem schwärzHchen Gewässer des Rio Negro Statt. Weder der Wald noch
das Wasser bieten etwas dar; und man kann Tage lang fischen, ohne einen Fisch zu erbeuten.
Hiezu kommt noch die Stille und Einförmigkeit des Waldes , die schwarze Farbe des Gewässers,
was insgesammt die Reise melanchoHsch macht, und nur dem Tiefsinne Stoff zur Beschäftigung
darbietet. Auch ist der SoHmoes viel kühler, und die Krankheiten an ihm sind weniger bösartig.
Das KUma des Rio Negro dagegen ist von Airdo an auffallend heisser, und die Fieber
sind so bösartig, dass sie in drei bis vier Tagen den Tod bringen, und seit einigen Jahren fast
Alles entvölkert haben. In Carvoeiro, Moura, Barcellos starben und sterben neuerHch noch
immer eine Menge Menschen an der Febris perniciosa. Wohl macht auch die ausserordentHche
Fruchtbarkeit des SolimoSs, dass an ihm, trotz aller Carapand und sonstiger Plage, die Ortschaften
viel mehr, als die des Rio Negro, bevölkert sind. Auf dem steinigen, trockneren
Ufer des letztem wächst nichts als Mandiocca, Caffe, Indigo, und von S. Isabel aufwärts kommen
häufig die Pechurimbohuen und die Piassabapalmen vor. Diese Artikel gedeihen hier, m
einem KHma, für das sie geschaffen scheinen, trefflich, werden aber bis jetzt wenig angebauet
und benützt. Auch Mais, Bohnen, Bataten, Wassermelonen, Ananas gedeihen gut, und die
Castanhas do MaranMo findet man häufig;, dagegen findet man die Salsa nur im Innern des
Landes, wie am Rio Padauiry und gegen den Yupufd hin,'etwas Cacao und Vanille, die im
August gesammelt wird, auch Butter aus den Schildkröteneiern im Rio Branco. Wie viele
andere Artikel bietet dagegen der Solimoes dar! Nehmen wir Pechurim und Piassaba aus, so
findet sich alles Andere auch an diesem, ausserdem aber Cacao, Salsaparilha und Scliildkröten-
eierfett in Menge, so wie der Lamantin und der Fisch Pirarucü, der gesalzen bis Para atisge-
führt wird, und längs des SoHmoês 'und Rio Negro nebst Farinha die Hauptnahrung der Einwohner
ist. Beide Flüsse haben ihre Untiefen mehr auf der nördHchcn Seite, und der Rio
Negro auch hier die grössere Zahl von Igarapés und Seen, auf der südHchen finden sich an
beiden die meisten Niederlassungen. Besonders .ist diess der Fall bei dem Rio Negro: Airdo,
Moura, Carvoeiro, Poyares, Barcellos Hegen aUe auf dem südHchen Ufer, während sich auf
dem nördHchen in dieser ganzen Ausdehnung kaum einige Sitios finden, unter welchen das von
Tarumd, zwei Legoas von der Barra, durch seine schöne Aussicht auf das Flussbette ausgezeichnet
ist. Der Ort ist mit Pechurim, Zimmt, Gpjaven, Caffe bepflanzt; leider ist das Terrain
steinig und lässt jene edlen Bäume nicht gut gedeihen. Man zeigte.mir hier eine aggebtiche
China; es war aber die Quassia amara. Obgleich diese Plantation nicht auf der besten Stelle
Hegt, mag sie doch, wie einige andere in der Nähe der Barra, die jährHch fünfhundert Arrp-
bas Caffe und Baumwolle Hefem, zum aufmunternden Beispiele dienen.
Ich gelangte^äm ersten Tage, am nördlichen Ufer aufwärts fahrend, bis zu der Mündung
des grossen Sees Pojauarä, nachdem ich an den östlichsten Canälen von Anavilhana passirt.
hatte. Auf dem südHchen Ufer mündet das Furo Uarivaü, (Guarialiy, Guariboca) ein, wet-
ches gegenwärtig die gelblichen Gewässer des SoHmoes in die schwarzen des Rio Negro überführt,
und eine Breite von dréissig bis vierzig; Fuss hat. *) Von hier gelangte ich in drei Tagen
nach dem Lugar de Airdo, der fast auf halbem Wege von der Barra bis Barcellos liegt.
Bis in die Nähe dieses Ortes erschien an den Ufern, die sich,, besonders auf der "Südseite, bisweilen
auf fünfzig Fuss Höhe erheben, derselbe eisenschüssige breccienartige Sandstein, und
uitter demselben derselbe dichtere, röthKche,; welchen wir bisher überaU bemerkten. Hie und
da tritt dieser Sandstein in abgerissenen Kuppen und Bänken an den Canälen oder ini Strome
selbst hervor. Oberhalb Airdo herrscht ein Weissstein, dessen sich die Einwohner als Schleifstein,
bedienen. Ausser diesem Gestein soll auch noch ein anderes schwarzes, sehr schweres
und hartes Gestein Vorkommen, das ich jedoch, da-es vom Strom bedeckt war, nicht erblickte.
Auf dem nördHchen Ufer scheint der Sandstein nur bis unterhalb der Mündungen des Anavil-,
hana anzustehen, wo er sich in die Hügel Serra das Araras genannt erhebt; weiter hin herrscht
dort das Element des Wassers vor , und das Land ist an den Mündungen des Anavilhana von
*) Ausser dieser Verbindung zwischen den beiden Strömen giebt es noch die, bereits erwähnte,
des Xiborena, und endlich noch drei andere, nämiieh die vermittelst des Igarape Xauanary, welcher
wenig unterhalb der Ortschaft Barra das Delta durchschneidet, und gegen die Küste Caldeirdo ge-
nannt in den Solimoes ausmündet, ferner durch den, oberhalb Airäo sein schwarzes Wasser zuführenden
Rio Jahu, dessen östlicher Arm von den Einwohnern Carapühuany genannt, mit dem See
Cudayd communicirt. (Eine fünfte ähnliche Verbindung stellt der Unini (Anani) mittelst der Seen
Atiniueni zu dem Cudayd her. Monteiro. §. 93. 157.) IH.
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