grosse Indianerin, erst neulich statt der verstossenen aufgenommen,
leugneten nicht, öfter als einmal Menschenfleisch gegessen zu haben.
Dessen ungeachtet fanden w ir , seit langer Zeit an die rohsten und wildesten
Menschen gewöhnt, in dieser gräulichen Umgebung keine stärkere
Veranlassung zu Furcht oder Misstrauen als unter irgend einer
andern, freien Indianerhorde. ! Nicht blos das Handelsinteresse des Tu-
bixava, dem daran gelegen seyn musste, auch fernerhin mit Weissen
in Verkehr zu bleiben, sondern auch die angeborne Guthmüthigkeit der
Leute selbst erschienen bald als Gewähr unserer Sicherheit. In der
ersten Nacht hatten Cap. Z a n y und ich mehrere geladene Flinten in
der uns eingeräumten Abtheilung der Hütte aufgestellt, und wir wachten
wechselsweise; allein Joäo M a n o e l verwiess unsere Kleingläubigkeit
auf seine Tretfc, und wir schliefen von nun an sorglos die ganze Nacht
hindurch, ein Theil unserer Mannschaft um uns her, ein anderer im
Hafen, um die Fahrzeuge zu bewachen. Es fehlte überhaupt nicht an
Beweisen von gutmüthiger Theilnahme von Seite dieses Menschenfressers
und seiner Horde, besonders da wir vom Fieber gepeinigt wurden.
Sie selbst assen dagegen, wie jene Muras (S. oben S. 1077.) gewisse
es keine Eier legt, wie die Schildkröten. Das Schlimmste ist nicht das Gefressen werden, sondern
der Tod; und bin ich erschlagen, so ists dasselbe, ob der Umdua (er nannte hier den
anerkannten Feind des Stammes) mich frisst oder nicht. Ich wüsste aber kein Wild, das besser
schmeckte, als Jener; freilich Ihr Weissc seyd zu sauer.“ Offenbar lag in dieser Antwort
der Gedanke, dass der Indianer von einem fremden, besonders dem entschieden feindlichen,
Stamme ganz wie ein Wild behandelt werden könne. Als ich den Tubixava fragen liess, 6b
sein Stamm auch die Gefangenen frässe, und auszöge, zu diesem Zwecke Gefangene zu machen,
antwortete er: „Einen Gefangenen zu fressen, den ich verkaufen kann, wäre ja unklug: Branntwein
schmeckt besser denn Blut; aber den Umdua, der sich eher selbst aushungert, als unter
die Weissen verhandeln lässt, und der Uns so Viele gefressen hat, bringen wir lieber gleich
um.“ Von Menschenopfern',;’als Siifihe dem bösen Geiste dargebracht feinen guten kennt der
Miranha nicht), fand ich keine ’Spur. Denkbar ist es, dass der Wilde den der Blutrache verfallenen
persönlichen Feind in diesem Gefühle auflrisst; aber davon hörte ich nichts unter diesen
Wilden. Die zahmen Indianer hegen von den Anthropophagefc 'die fürchterlichsten Vorstellungen.
Sie behaupten, dass sie ihnen vorzugsweise nachstellen; .und unter ihnen ist der Tu-
bixava Cucui, der vor hundert Jahren am obern Rio Negro iebte, und seine eigenen Weiber
auffrass, noch gegenwärtig ein Schreckensname.
Theile von Affen. *) — Obgleich von kleinen Fieberanfallen heimgesucht,
fühlte ich mich doch kräftig genug, am 22. Januar die Malloca der
Miranhas zu verlassen, um den letzten Theil der Reise bis zu dem
Falle von Arara-Coara anzutreten. Ich fuhr in einem mit zwölf Indianern
bemannten Kahne, begleitet von zwei Montarias, in deren einer
sich der Soldat von Para mit dem Coretu-Häuptlinge P a c h i c u , in der
andern ein Militzsoldat’ von Ega befand. Snr. Z a n y blieb mit der übrigen
Mannschaft zurück. Da die Entleerung des Flusses gegenwärtig
sehr gross war, so gaben uns die häufigen Stromschnellen yiel zu thun,
und es kostete um so mehr Mühe, die Indianer durch Branntwein und
Zureden muntor zu erhalten, als die Plage der Stechfliege Piam immer
mehr zunahm. Ihre nackten Leiber waren blutrünstig, und mir
selbst waren Gesicht und Hände so schmerzhaft zerstochen und aufgelaufen,
dass ich mich nur durch öfteres Benetzen mit Branntwein vor
offnen Geschwüren {Piera) schützte. Die stärkste Breite des Flussbettes
mochte hier etwa zweihundert und dreissig Klafter betragen. Es
schliesst wenige Inseln ein, die meistens ein junges breccienartiges Gebilde
aus Geschieben von gelblichtem oder rothem Jaspis, Quarz und
violettem oder braunem Sandeisenstein darstellen. Die Ufer bestehen
aus demselben Sandeisensteine 5 die farbigen Lettenbänke werden seltner.
Die Vegetation am Ufer behielt denselben monotonen Charakter bei. In das
Innere des Waldes einzudringen, war jedoch bei der schwachen Begleitung
nicht räthlich, theils wegen der Indianer, aus deren Wohnungen
*) Sie behaupteten, dass sic dadurch erhitzt und gestärkt würden. (Schon die Alten, Phi-
lostr. Vita Apoll. III. c. 4., erzählen, dass der Löwe Affenfleisch fresse, wenn er sich krank
fühle.) Von einem anderen Mittel,u das mir der Tubixava gegen das Fieber anrieth, will ich
lateinisch berichten: Foepiinam tibi, Jnquit, adducam, quacurn per hanc noctem jaceas: nihil
enim contra fe.brem praestantius. Sunt foeminae nobis pejqres »et yirulentae (cunhaetü sassi oae),
ibique omne, quod nobis inest, malum derivemus, minime ipSissex%Q malum inferentes; accedit
tune veneno venenum. — Inter horum Indorum mores et alium latino sermone comraemorare
jubet, alvi scilicet dejectiones, eo quo posuerant loco, terra obruendi. Me ipsum, quoties, ut hoc
natural! negotio fungerer, sylvam intrarem, continuo puellula insequebatur, matris jussu, quae
baculo curaret, ne immunditiae quid superesset. — Pediculos pro veris hostibus habent, quos
pectine captos non digito opprimunt, sed, ut graviore supplicio eos afficiant, non sine iracundia
dentibüs mordent.