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beigetragen, viele Ansiedler aus der, übrigens angenehmen, Gegend zu
vertreiben.£
Am 10. September schifften wir längs dem Festlande gegen Westen.
Bereits lagen die grösseren Ilhas do Gurupä hinter uns; doch
konnten wir das nördliche Ufer des Amazonas nicht erblicken, weil
einige kleinere Inseln, gleichsam die Fortsetzungen der Ilha Jarauiuba,
dazwischen liegen. Diese Eilande bilden gemeinschaftlich zwei grosse
Canäle, deren nördlicher als die Hauptmündung des Amazonas, der
südliche als eine Nebenmündung und zugleich als die des Xm^MStromes
zu betrachten ist. Die letztere heisst bei den Anwohnern gewöhnlich
Rio de Gurupä, und ihre, aus denen des Amazonas und des Xingü
gemischten, Gewässer sind etwas weniger gelb gefärbt, als die des eigentlichen
Amazonas', ein Beweis von der Grösse der klaren Wassermasse,
welche der Xingü führt. Am Festlande sahen wir gegen Mittag
die kleine Ortschaft Carrazedo (ehemals Arapejö genannt), und
einige Stunden später die P^illa T^illarinho do Monte (sonst Cavianä)
liegen. Beide Orte sind ausschliesslich von Indianern bewohnt, deren
Versammlung und Civilisation das Verdienst der Kapuziner von Para
war. yiUarinho ist auch gegenwärtig nicht unbeträchtlich, wegen des
Handels mit den Naturerzeugnissen des benachbarten Rio X in gü , die
seine Einwohner von dort herholen.
In diesem Strome befanden wir uns hach Sonnenuntergang; und
auffallend war die Veränderung des Gewässers, welches immer klarer
ward, je weiter wir, von S. W . nach S. umlenkend, in ihm aufwärts
steuerten. Gegen Mitternacht warfen wir bei Porto de M öz, am südlichen
Ufer des Stromes, Anker. Diese Villa, eine unregelmässige
Strasse niedriger, mit Palmblättern gedeckter Häuschen, (vergleiche die
Ansicht im Atlas), wird grösstentheils von Indianern und Mischlingen
bewohnt, deren erste Missionarien die Kapuziner von Para waren. Es
sind Abkömmlinge der Tacunhapez und Jurünas, von denen noch gegenwärtig
wandernde Horden zwischen dem Tocantins und Tapajöz
übrig sind. Zu dem Kirchspiele von Porto de M öz, wozu auch
noch die Ortschaft Boa t^ista gehört, werden jetzt ungefähr fünfzig
Häuser und zweihundertundzehn Einwohner gerechnet. *) Die waffenfähige
Mannschaft bildet eine Compagnie Militzen. Der Xingü wälzt
seine grünlichen, krystallhellen Wogen in der Breite einer Legoa vorüber.
Solche Fülle eines Bergwassers in dem tiefen Stromthale des
Amazonas wird nur dadurch erklärlich, dass der Strom aus den höher
liegenden Gegenden in S. herabkömmt, ohne in seinem unteren Gebiete
beträchtliche Beiflüsse aufzunehmen. Seine nächsten Ufer bestehen aus
reinlichem, weissem Sande; weiter landeinwärts erhebt sich hohe Urwal-
dung, deren düsteres Grün bedeutsam gegen die blüthenreichen, aromatischen
Bäume absticht, welche am Ufer zerstreut stehen. Im ganzen
Stromgebiete des Amazonas hatten wir bis jetzt keinen Ort gesehen
, welcher einen gleich heiteren Anblick dargeboten hätte. Die reinlichen
Sandufer, auf denen der Reisende überall trocknen Fusses landen
kann, und die gleich künstlichen Gärten gruppirten Wäldchen sind dem
Auge eben so erfreulich, als der. wilde und wüste, von Ueberschwem-
mung zerstörte, Wald des Gabö (Igabö) traurig und furchtbar erscheint.
In dem Hause des Gèistlichen sahen wir eine ganze Ladung von
Nelkenzimmt (der Cassia caryophyllatd der Droguisten), bereit, nach
Para abgeschickt zu werden, welche der fromme Vater durch seine
Indianer in dem obern Stromgebiete hatte sammeln lassen. Dieses angenehme
Gewürz, welches im Geschmacke zwischen Zimmt und Gewürznelken
in der Mitte steht, wird von den Portugiesen Päd cravo
(Nelkenholz), in der Lingua geral Ibyra oder Moirä qaiynha genannt.
Es ist die Rinde eines Baumes, {Persea caryophyllata, Mi)
der sich auf dreissig und mehr Fuss Höhe erhebt, und durch das dichte
Laub seiner glänzenden Blätter schon von ferne sich als der Familie
*) Diese Zahlen, wié alle der Bevölkerungslisten, sind hier zu Lande Resultate der Kirchenbücher.
Sie begreifen desshalb nur Diejenigen, welche nicht blos zur. Kirche kommen,
sondern auch an den Sacramenten Theil nehmen, also nur den geringsten Theil der Indianer,
die gewöhnlich nur die Taufe.vom Geistlichen verrichten lassen, weil sie davon den Nutzen
der Gevatterschaft haben. Die Gesammtzahl aller Anwohner dürfte tausend seyn.
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