(Buschtaue) schlingen sich in grotesken Gestalten um die Bäume,. zwischen
welchen ein buntes Gewirre von Unterholz aufschiesst, das oft
während des nächsten Hochwassers wieder ertränkt wird. Statt der
grossen Parasiten haben sich hier nur Moose und Jungermannien über
die triefenden Blätter ausgesponnen. Nur wenige Thiere bevyohnen die
feuchte Waldung. Wasservögel ruhen auf dem Buschwerke der Ufer,
und Kaimans lauern im Wasser oder im Schlamme. Die labyrinthischen
Windungen der Wasserstrassen, welche durch dieses Vgapö hinführen,
so dicht von dunklem Gebüsche überhangen, dass der Kahn oft nur
mit Mühe weiter geschoben werden kann, die lautlose Stille, nur vom
Plätschern der Fische- oder dem Schnarchen der Krokodile unterbrochen,
die qualmige Luft auf dem Laube, das in dieser warmfeuchten Atmosphäre
mattglänzend hervorwuchert, der düstere, wolkenschwere Himmel,
nur selten zwischen, den Wipfeln sichtbar, — Alles vereint sich
zu einer melancholischen Umgebung, geeignet mit banger Ftfrcht zu
erfüllen. In diesen, fast jährlich mehrere Fuss tief überschwemmten,
Ygapöwaldungen findet man keine Pflanzungen. Für sie wählen die
Ansiedler die nächsten Zungen und Spitzen des Festlandes, von welchen
aus die Erzeugnisse leicht im Kahne transportirt werden können, -denn
andere Verbindungswege giebt os weder hier noch überhaupt irgendwo
anders im Innern der Provinzen Para und Rio Negro. Die Pfade in den
Wäldern werden nur von den jagenden Indianern begangen, und bleiben,
obschon sehr enge und gewunden, desshalb dennoch sichtbar.
Bei diesem Mangel aller Landstrassen,. sund Hauptwege, würde Zugoder
Lastvieh unbrauchbar seyn, und wir haben desshalb von der
Barra do Rio Negro bis an die Grenzen Brasiliens nur zwei Pferde
und ein Maulthier gesehen. Rindvieh dagegen findet man, wenn schpn
in geringer Zahl, in allen Ortschaften. Es wird in den abgetriebenen
Waldstrichen auf die Weide gebracht, oder im Stalle mit Mais und
Gras gefuttert. Milch bleibt übrigens eine Seltenheit auf dem Tische
der Einwohner, eben so wie Rindfleisch. Statt jener müssen die Eier,
statt diesem muss das Fleisch der Schildkröten dienen.
Auf einem von Wald entblössten Hügel, im Süden der Villa, war
es, wo ich die erste Anpflanzung der JKpadäpfl&nze (Erythroxyhxm
C o ca , Lam.') fand, die man den Theestrauch von Peru und vom obern
Marannon nennen könnte, da ihre Blätter ähnlich reizende Wirkungen
äussern. Die drei Fuss hohen Stämmchen waren am Ende einer Rossa
die auch viele Lianen von Maracuja (Passiflora maliformis, L.) voll
trefflicher Früchte enthielt, reihenweise, drei Fuss weit von einander,
gepflanzt, und, wie es schien, neuerlich, schon öfter ihrer Blätter beraubt
worden. Diese, von der Grösse der Kirschbaumblätter, blassgrün,
von zarter Textur und von einem krautartigen, bei längerem Verweilen
im Munde bitterlich - süssen, etwas zusammenziehenden Geschmacke,
und von angenehmem Geruch, werden von den Indianern im Schatten
oder auf dem Darrofen, worauf sie ihr Mehl rösten, getrocknet, in
einem hölzernen Mörser, entweder allein oder mit der Asche von den
Blättern der Cecropia palmata feingepülvert, und dann in einem hohlen
Grasschafte (Taboca) aufbewahrt. Die Indianer gebrauchen diess feine
grünlichgraue Pulver, womit sie sich von Zeit zu Zeit den Mund anfüllen,
eben so wie die Türken das Opium oder die Tabackkauer den
Taback, als Erregungsmittel, und zwar vorzüglich, um das Bedürfniss
der Speise oder des Schlafs für eine Zeit lang zu beschwichtigen. Es
vermehrt die Absonderung des Speichels, bringt ein Gefühl von Wärme
und von Fülle in Mund und Magen, spannt die Sensation des Hungers
ab, erhöht in geringerer Quantität die Lebensgeister zur Lustigkeit und
Thatkraft, und wirkt somiWals ein Sorgenbrecher, hat aber, in zu
grossem Maasse oder von Nervenschwachen genossen, Abspannung und
Schläfrigkeit zur Folge. Ich habe am Yupurä gesehen, wie der Anführer
einer Horde Miranhas, welche einen langwierigen Streifzug vorhatte,
seinen Begleitern dieses Pulver in regelmässiger Dosis, mittelst
eines, aus dem Knochen des Lamantin gemachten Löffels, herumreichte,
um sie gegen Ermüdung zu sichern. Liegt der Indianer in seiner Hangmatte,,
so nimmt er von Zeit zu Zeit eine kleine Quantität und behält
sie lange zwischen den aufgeblähten Backen, um den träumerischen
Zustand zu begünstigen, für den seine Indolenz so empfänglich ist.