den Pflanzenform ist so eigentümlich, dass kaum ein landschaftlicher Contrast stärker seyn
mag, als der zwischen einer Landschaft voll eintöniger, düsterer Tannen und der heiteren
Ansicht eines Eichenwaldes, eines Buchenhaines, oder silbergrauer Weidengebüsche. Unter
allen Dicotyledonen stellen die Zapfenbäume die steifsten Conturen-'die ernsthaftesten Gestalten
dar. Im tropischen America erscheint diese Pflanzenfamilie nur selten, wenige Arten
sind uns bis jetzt bekannt geworden; dennoch bilden, sie auch dort die Hauptzüge der Physiognomie
des Landes mit. In Mexico, wo eine beträchtliche Erhebung der Gebirge die
verschiedensten Klimate übereinander bedingt, erscheinen Eibenbäume, Fichten und Tannen
mit Eichen, Erlen und mit tropischen Pflanzenformen wechselnd; in Südamerica ist bis jetzt
noch keine Art dieser Gattungen entdeckt worden, aber eine andere, Araucaria, • tritt als
Repräsentant der Form, nicht in heissen Aequatorialländern, sondern in kühleren Gegenden,
auf. In Chile und Südperu wohnt auf den Abhängen der Andés Araucaria chilensis, Juss.,
im,südlichen Brasilien die verwandte A . brasiliana, Lamb. (Tab. I. i.). Der senkrecht aufsteigende
Stamm breitet gewaltige Aeste aus, welche an ihren Enden dichtbeblätterte Zweige
in grossen Büscheln vereinigen. Wie in heisseren Gegenden die königliche Palme, ragt
hier.die ernste.Tanne über die Kronen der Nachbarbäume hervor,'1, und die düstre Färbung
ihrer, gleich Trauercandelabern ausgeschweiften, Laubäste bildet die dunkelsten Schatten
in dem lachènden Grün der Umgebungen. Mit schwermüthiger Feierlichkeit fühlt sich der
Wanderer, begrüsst, wenn er die Waldung dieser colossalen Tannen betritt, und, von an-,
genehmer Kühle angeweht, weithin den kahlen Boden überblickt, der,-eben so wie in un-
sern Nadelgehölzen, dicht mit gefallenen Nadeln besät, nur sparsames Unterholz hervortreibt.
Die düsteren Bäume, statt mit bunten Parasiten behangen, nur von den flechtenartigen
Tillandsien umflort, scheinen das Spiel heiterer Blumen und Kräuter weder um sich
noch auf sich dulden . zu wollen. Diese erhabenen Nadelbäume gehören allerdings unter
die geselligen Pflanzen, doch gilt von ihnen, wie von tropischen Gewächsen überhaupt, dass
sie in minder dichten Beständen, und häufiger mit andern Bäumen wechselnd.Vorkommen;
denn jene Einförmigkeit, womit in höheren Breiten Wälder lediglich aus einer einzigen
Baumart — Fichten oder Birken u. a. — bestehend ungeheure Strecken überziehen, kann
sich in Gegenden zwischen den Wendekreisen nicht behaupten.
Von diesem Wechsel pflanzlicher Gestalten macht keine tropische Vegetationsforfa
eine so entschiedene Ausnahme, als diejenige, welche wir die S e e u f e r - oder M a n g ro v
e w a ld u n g heissen wollen; sie besteht-oft in meilenweiter Ausdehnung nur aus einer einzigen
Pflanzenart, vorzüglich aus dem Wurzelbaume: Rhizophora Mangle, L . (Tab. II. ix.),
dessen seltsame Organisation die Bildung eines ganzen Waldes von &ftcm einzigen Individuum
in verhältnissmässig kurzer Zeit gestattet. Der Saame fällt nämlicn nicht ab , um sich
im Erdboden zu entwickeln, sondern er keimt aus der stehenbleibenden Frucht, indem sich
sein Wurzelende gleich einer ungeheuren Keule oft auf vieler Fuss Länge äusdehnt, bis es
endlich den morastigen Grund erreicht hat. ' So erzeugt sich aus jeder Blume alsbald ein
Stamm, es entsteht ein Wald aus zahlreichen^ zu Spitzbögen verbundenen Stämmen, an
welchen sich lederartige, saftig grüne Blätter zu einem dichten Laubwerk zusammenwölben.
Fast überall da , wo das tropische-Festland nicht in steilen, unfruchtbaren Felsklippen oder
in sandigen "Dünen an die Grenze des Weltmeers vortritt, wo es vielmehr durchReichthum
an Dammerde die*Bildung eines feinen Schlammes gestattet hat, der durch Ebbe und Fluth
periodisch bewegt wird, da erhebt sich, dieser Uferwald, wie ein grüner Gürtel um die Küsten
ausgebreitet. Tritt das Meer in der Ebbe zurück, so entblössen sich die untern, unregelmässig
verwebten oder gleich Palisaden eingepflanzten wurzelartigen Stämme, auf denen
man über dem, von Krabben und Seespinnen bewohnten, Moraste weithin hinauswandem
kann; kehrt es zurück, so beugt sich der ganze Wald gleich einem einzigen Baume unter
dem Anwogen der Fluth. Zugleich mit diesem seltsamen Geschlechte der Stammwurzler
bilden die Mangrovewaldung noch einige andere Gattungen , welche sich zwar nicht auf gleiche
Weise aus den Blüthen vervielfältigen, aber durch zahlreiche Luftwurzeln oder durch
kriechende und in Bögen aus dem Grunde hervorbrechende Triebe ein ähnliches Geflecht
über dem Moraste darstellen*).
Die C a c tu s - oder N o p a lg e w ä c h s e , indianische Feigen, C a c t e a e . V o rd e r
Eroberung America’s waren diese Pflanzen in der alten Welt gänzlich unbekannt, und es
mag für die Gewalt des Eindruckes sprechen, den ihre seltsamen Formen auf den Betrachter
ausüÄen, dass sie*. durch Cul tur so schnell und so weit verbreitet worden; denn man
findet sie jetzt im nördlichen Europa überall als Zierde der Gärten,-im südlichen aber und
im tropischen Asien und in Africa sind sie verwildert und, wegen der essbaren Früchte, in
die Zahl der Nutzpflanzen aufgenommen. Cactus Opuntia hat sich in der Nähe von Deutschland,
auf den Felsen des Walliser Landes, angesiedelt. In der neuen-W élt;findet man die
Nopaleen mit einer, gewissen Gesetzmässigkeit verbreitet. Nicht diejenigen Länder,.welche,
von zahlreichen Flüssen und Seen bewässert und einem starken- Wechseirätmösphärischer
Feuchtigkeit unterworfen, von einer kräftigen Vegetation bedeckt werden, sind das Vaterland
dieser grottesken, gleichsam unausgebildeten Pflanzengestalten, sondern solche, welche
in einer dünnen Schichte von Dammerde nur wenige Nahrungsstoffe darbieten , und deren
Jahreszeiten* stets heiss und trocken, fast ohne Periodicität verlaufen. Die Cactusform fehlt
*) Nur wenige Gewächse scheinen in den verschiedenen Welttheilen diese eigenthümliche Vegetationsform
der Manglewaldung zu bilden. In America sind es ausser ’ der erwähnten Rhizophora
Mangle, L. (und Rh. racemosa, Mey.) die Avicennia nitida und tomentosa, L., Laguncularia racemosa,
Gärtn., Conocarpus ereetns, Jacq. , Rucida Buceras, £ .; und bisweilen vereinigen sich damit die parasitischen
Bäume und Gesträuche der Gattung Ruyshia, Arten von Jacquinia, Seetrauben (Coccoloba);
landeinwärts schliessen sich dieser Formation die stacheligen Ranken eines Hülsenbaumes, der
Guilandina, und, unter andern Leguminosen, die Gebüsche von Mimosa Habbas, L ., an, welche,
wie die vorige, durch Meerströmungen über alle Tropenländer verbreitet worden ist. An den heissen
Küsten Africa’s herrschet vorzüglich der Rakbaum(Avicennia tomentosa) und Rhizophora; an denen
von Ostindien und Neuholland treten Arten von Rhizophora, von Avicennia, Aegiceras und Bruguiera
zu ähnlicher Uferwaldung zusammen, welchen sich die prächtigen Bäume von Barringtonia und Son-
neratia, und die sumpfliebende Fächerpalme Nipa, zugesellen. — Dort bilden Ficus benjamina, L . ,
und einige andere Feigeiibäume eine ähnliche Pflanzenform auch im Innern des Continentes nach,
indem sie aus den Aesten Luftwurzeln herablassen, welche aUmälig zu gewaltigen Stämmen anwach-
sen. Ein solcher Baum war es, in dessen Schatten Alexander ganze Legionen seines Heeres konnte
lagern lassen. - . •
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