geglichen, Seefahrt treibenden Völker; ja sie macht die Inseln urbar und bewohnbar, welche
der erstarrte Bau zahlloser Corallenthiere aus der Tiefe des Oceans erhebt. Hocl»
yagt aer sanft geschwungene Stamm in die Ware Luft auf, und seine gefiederten Blätter,
sich zum leichten Spiele den Winden Preis gebend, scheinen den Ankömmling gleichsam
von Ferne zu begrüssen. Wandert er nun landeinwärts* so begegnen ihm mancherlei Ge-
stalten dieses königlichen Geschlechtes, bald einzeln, bald zahlreich zwischen andern Bäumen
hervorragend, oder auch als herrschende Form zu einem Walde vereinigt. Hier stehen
die Stämme gleich gewaltigen Säulen einer unbekannten Ordnung umher, und die Blätter
wölben sich zu.einem leichten Dache, durch welches nur spärlich das Licht der tropischen
Sonne sich Bahn macht. Eintöniges Blättergelispel und fernes Bauschen verkündigte
die Nähe Odins in der gastlichen Wölbung des deutschen Eichenhaines; aber ein erhabeneres,
wechselvolles Rauschen wird in den Hallen des Palmenwaldes vernommen: bald rollt
es wie ferner Donner, bald schwebt es wie Klänge fremdartiger Lieder einher; zagende
Ehrfurcht durchzuckt den europäischen Wanderer, er fühlt die Nähe eines wilden, blutdürstenden
Gottes, und er erinnert sich an den heimischen Dichterspruch: nicht ungestraft
wandert man unter Palmen. Alle Formen dieser Gewächse erscheinen fremdartig seinen Blicken,
und das Helldunkel des heiligernsten Ortes vermehrt sie unter, der Mitwirkung seiner
erregten Phantasie. Kahl und glatt, gleich einer polirten.Säule erhebt sich dieser Stamm,
jener ist mit denvResten früherer Blätter beschuppt oder in die Quere geringelt; ein Dritter
.mit grossen, glänzendschwarzen Stacheln bewaffnet, und mit parasitischem Farnkraut
und Orchideen überdeckt, gleicht einer vegetabilischen Ruine, eines Vierten Scheitel, zu
mächtigem Capitale ausgedehnt, trägt eine Krone von weithin überragenden Ananasstauden.
Die Blätter, gefiedert, fächerförmig oder selten einfach, erscheinen in den verschiedensten
Perioden des Wachsthums. Die jüngsten aus dem Centrum des Stammes hervorbrechend,
ihre.Fiederbiättchen noch vereinigt tragend, stehen, gleich Speeren, aufrecht; andere breiten
sich unter verschiedenen Winkeln aus, und ihre gelösten Blättchen spielen säus-
selnd im Winde; andere, abgestorben, hängen welkend am Stamme herab oder liegen, abgeworfen,
in Haufen durch die Waldung umher, wo sie den Nachwuchs anderer Pflanze»
unterdrücken. Die Blüthen, Zwischen oder unter den Blättern aus mächtigen Scheiden brechend
, in Kolben vereinigt oder zu vielästigen Rispen ausgebreitet, schimmern in weissli-
cher oder gelblicher Farbe zwischen dem Grün hervor, und ergiessen oft eigepthumliclie
Wohlgerüche durch die Waldung. Am häufigsten erscheinen sie in den letzten und ersten
Monaten des Jahres, doch wohl auch vereinzelt zu andern Zeiten ; und da die Früchte langsam und
in mehreren Stadien reifen, so nimmt Alles an denPalmen den Ausdruck unversiegbarer Jugendfülle
und Zeugungskraft an. Diess erfasste der sinnige Grieche, da er jenen unsterblichen,
aus der eigenen Asche wiedererstehenden Vo ge l, und den sich stets verjüngenden Palmbaum
mit gleichem Namen belegte. In der That^giebt es auch Kein anderes Gewächs, in dem die
sprossende, ohn’ Unterlass nach Oben forttreibende Thätigkeit so unbedingt und gleichmassig
jene andere, die hemmende, besiegte, deren Resultat Blüthen- und Fruchtbildung ist.
*) Hievon macht die einzige bekannte Ausnahme die ägyptische Doumpalme (Cuciphera), welche
ihre Krone, gleich alten Aloestämmen, verästelt.
Die Krone des Palmbaums wird gleich einer einzigen Knospe durch den Schaft in die Luft
getragen. Im Schoosse ihrer Blätter birgt sie die Anlagen zu neuen Aesten; doch entwickeln
sich diese nicht zu Laubästen, sondern, lediglich dem Geschlechte und der Fortpflanzung
dienend, werden sie in Blüthenkolben und Blüthenrispen (Spadices) verwandelt:
sie blühen, tragen Früchte, und werden endlich abgestossen, indem die Endknospe den
ganzen Bildungstrieb in Einer Richtung versammelt und aufwärts weiter führt. So wachsen
manche Palmen Jahrhunderte lang bis zu schwindelnder Höhe himmelan, und beherrschen,
nicht durch die Fülle eines domartigen Laubgewölbes, sondern durch die edle Einfachheit,
die ernste Majestät ihres Baues die Phantasie des. Menschen. Wo ihre Gipfel kühn
über die Nacht der Urwälder in lichte Sonnenhöh'n emporragen, da begrüsst er in ihnen
ein Bild jener geistigen Freiheit, zu welcher sein Geschlecht allmälig heranreift*).
Jene einfache Richtung des Längenwachsthums, welche in den Monocotyledonen über-
wiegt, hat in den Palmen gleichsam ihren Gipfel erreicht. Der Stamm vermag in seiner
Dehnung nach Oben nichts Vollkommneres hervorzubringen. So vertauschen denn
die Dicotyledonen jene organische Richtung mit einer andern, mehr zusammengesetzten,
und indem sich die Knospen, Anlagen neuer Zweige und Aeste, oberirdisch nach allen Seiten
hinrichten, zerfällt der einfache Stamm in eine vielfach verästete Krone. Die Stellung
der Blätter, die Entwickelung oder das Fehlschlagen der Knospen überhaupt ertheilen dem
starren Pflanzengerüste der Dicotyledonen jene Mannichfaltigkeit an Ausdehnung,. Umriss
und vor Allem jene Fülle des Laubes, wodurch sie sich in der Landschaft als die volleren
und grossartigeren Gestalten geltend machen. Man bemerkt, dass Gewächse, deren Blätter
sehr dicht stehen, verhältnissmässig weniger Knospen zu Zweigen und Aesten entwickeln,
und hiedurch wird ein Vorherrschen der Hauptachsen, eine minder häufige und scheinbar
minder unregelmässige Astbildung bewirkt. So findet es sich ganz besonders bei den Z a-
p fe n b ä um e n (Nadelhölzern, Coniferae), und d ie ' Tracht dieser im Norden überwiegen*)
Die Palmen bieten eine grosse Mannichfaltigkeit sowohl der Form- als der Grössenverhältnisse
dar: die aufrechten oder niederliegenden, säulenförmigen und rohrartigen, ja bisweilen mittelst
Hacken an den Blättern klimmenden Stämme wechseln in einer Höhe von drei bis zu hundert und
fünfzig Fuss. Welch’ grosser Unterschied zwischen einer stammlosen Feldpalme (Diplothemium cam-
pestre, M. Tab. I. vn. 1.) und derAssai (Euterpe oleracea, M. Tab. I. in.), die ihre zarten kammartigen
Fiederblätter hundert Fuss hoch in die Luft trägt, zwischen der Bohrpalme (Geonoma Spixiana,
IH.) Tab. II. vii. 8. und der colossalen Iriarlea ventricosa, M. Tab. I. n ., deren Stamm auf einem
Kegel oberirdischer Wurzeln ruhend, in der Mitte so stark ausgedehnt ist, dass er Material für einen
Kahn gewährt, zwischen der gewundenen, dichtbeschuppten, zwölf Schuh hohen Cocos flexuosa,
IH. (Tab. I. iv.) und der Cocos coronata, IW. (Tab. II. iv .), deren ,Stamm dreimal so hoch ansteigend
am lünde mit stehenbleibenden Blattstielen, gleich einem Säulencapitale gekrönt ist, zwischen Mau-
ritia aculeata, H. (Tab. II. iiO, welche am Stamme mit kurzen Luftwurzeln besetzt, eine Krone von
Fächerblättern ausbreitet, und den noch höheren und schlankeren ^istrocaryum Jauari, IW. (Tab. II.
xin.), das mit langen ebenholzschwarzen Nadeln bewaffnet ist und gefiederte Blätter trägt. — Man
vergleiche über die Palmen: Martius Genera et species Palmarum, F ol., worin viele Arten dieser
schönen Gewächse in ihren landschaftlichen Umgebungen dargestellt sind.