Siebentes Kapitel.
Letzter Aufenthalt zu Para, und Rückreise über
Lissabon nach München.
\ ,ron den Mühseligkeiten einer neunmonatlichen Reise in die Stille der
einsamen Rossinha zurückgekehrt, konnten wir dennoch diejenige Ruhe
nicht finden, welche unser schwacher Gesundheitszustand wünschens-
werth gemacht hätte. Die Sammlungen, welche wir von dieser weiten
Expedition zurückbrachten, dehnten sich, für die Verladung vorbereitet, zu
einer uns selbst überraschenden Masse aus, und waren der Gegenstand
der Bewunderung der Städter, welche schaarenweise zu uns wallfahr-
teten, um den Reichthum des ihnen selbst so wenig bekannten Vaterlandes
zu betrachten. Auf der andern Seite fesselte uns immer noch
die üppige Majestät dieses Aequatoriallandes, welches bei jeder Ex-
cursion in die Wälder von Para oder auf die niedrigen Inseln des
umgebenden Archipels uns neue Merkwürdigkeiten darbot. Es ist
jedoch eine Eigenthümlichkeit dieser Gegend, dass sie, sich überall
gleich in ihrem landschaftlichen Charakter, mehr durch die Stetigkeit,
Haltung und Harmonie der gesammten Natur beruhigt und beseliget,
als durch Wechsel unterhält. Ich darf mich daher auf die bereits
gegebene Beschreibung von Para und seiner Umgebung zurückbeziehen.
Die stillen Genüsse der Beschaulichkeit, welchen wir uns hingeben
konnten, wurden durch gesellige Verbindungen, und am i 3. Mai, als
am Geburtstage Sr. Allergetreuesten Majestät, durch eine allgemeine
Festlichkeit unterbrochen, bei der die Bürgerschaft unzweideutige Zeichen
von Patriotism und Anhänglichkeit bethätigte. Bei dieser Veranlassung
ward das neue Börsenhaus »durch eine feierliche Rede des Handelspräsidenten
eröffnet; die Truppen paradirten, die Kirchen füllten sich unter
dem Schalle frommer Gesänge, und Alles stellte sich auf erfreuliche
Weise in europäischer Form und Sitte dar, wie denn überhaupt die
Bevölkerung von Para sich durch Annäherung an den europäischen
Charakter auszeichnet.
Der Convoi, womit wir nach Europa zurückkehren konnten, bestand
aus fünf Fahrzeugen, zwei Dreimastern (Galeras) , zwei Brigs
und ^inem bewaffneten Schooner, von der Regierung ausgerüstet, jene
Kauffahrteischiffe zu escortiren. W ir mietheten uns zur Ueberfahrt in
der Nova Amazona, einem neuen, wohlgebauten Dreimaster, ein, und
Hessen unsere nicht ohne Schwierigkeiten verpackten Sammlungen nach
und nach an Bord bringen. Am i 3. Junius sagten wir unseren zahlreichen
Freunden Lebewohl, und des folgenden Tages übergaben wir
uns dem flüssigen Elemente, das uns aus der neuen Welt ins Vaterland
zurücktragen sollte. Ich versuche nicht, die Gefühle zu schildern, da
die Anker gelichtet wurden, und wir mit schwachem Winde zwischen
den hochbewaldeten grünen Ufern abwärts trieben. Der Weg durch
den Canal von Para ist im obern Theile des Stromes für grössere
Schiffe schwer zu finden, denn der Fahrcanal ist enge, wechselt zwischen
drei und fünf Klafter Tiefe, und das Ufer, mit gleichförmigem
Walde bedeckt, bietet nur selten Merkmale für den Piloten. Unser
Lootse, ein alter Indianer, richtete sich nach einzelnen colossalen Stämmen
von Wollbäumen, und führte uns ohne Unfall stromabwärts. Minder
glücklich war der Brig Vulcan, der schon am ersten Abend aufsass.
Zwar hat dieser Zufall wenig Gefahr, weil die Fluthen nicht heftig
auf das Fahrzeug wirken, und der Grund nur schlammig ist; doch
geschieht es nicht selten, dass ein Theil der Last ausgepackt werden
muss, und die Weiterreise erst nacji vierzehn Tagen mit einem andern