Ueber die Generedkarte von Südamerica,
von Professor Fr. Ed. Desberger.
D a s s eine Karte von Südamerica, ln einem etwas grossen Maasstabe, und mit Benützung der
vorhandenen zerstreuten Hülfsmittel ausgearbeitet, gegenwärtig ein Bedürfniss sey, braucht nicht
erst hier erörtert zu werden. Ob die vorliegende Karte jenes Bedürfhiss befriedige, können die
Herausgeber und Bearbeiter nicht bestimmen, und ruhig dahin gestellt seyn lassen. Da aber
diese Karte mitten im festen Lande von Europa erscheint, in einer Stadt, die von der See weit
entfernt ist, und es daher auf den ersten Anblick Zweifel erregen mag, ob man im Stande gewesen,
sich das sehr zerstreute Material zu .verschaffen, und ob die Benützung desselben,
bei seinem äusserst ungleichen Werthe, durch irgend eine Kritik überhaupt, und durch welche,
geleitet worden sey, so ist eine Angabe über die Hülfsmittel. und ihre Verarbeitung um so noth-
wendiger, als der Inhalt der gegenwärtigen Karte von dem einiger anderen hie und da wesentlich
abweicht. Es müssen daher die Gründe und Autoritäten angegeben werden, auf welche
die neue Construction sich stützt. Zu dieser Rücksicht gesellt sich eine zweite, dass die sehr verzögerte
Herausgabe der Karte zur Folge haben kann, dass man in dem Augenblicke ihrer Erscheinung
vielleicht über einzelne Puncte bereits besser belehrt ist, als man zur Zeit ihrer Bearbeitung
war. Reisen durch das Innere von Südamerica werden allmälich zahlreicher; und wenn
schon die geographische Ausbeute der meisten bisher nur sehr dürftig war, so wird doch
das Feld der blossen Conjectur durch sie immer Meiner. Dieser Umstand muss als ein wesentlicher
betrachtet werden, und ohne seine Berücksichtigung wird die Forderung an eine neue Karte
leicht in’s Unbillige gesteigert, und so Viel verlangt, dass man es selbst in Bezug auf mehrere
europäische Länder nicht zu leisten vermöchte. Die Verfassung einer Karte von Südamerica ist
mit mehreren eigentümlichen Schwierigkeiten verknüpft, die sich bei andern Ländern entweder
gar nicht, oder nicht in dem nämlichen Grade vorfinden. Förmlich aufgenommen, nach den Begriffen
, die wir in Europa mit» einer Aufnahme verbinden, ist eigentlich nichts; die einzelnen
Puncte, deren Lage so sicher bestimmt ist, dass man annehmen darf, ihre allenfallsige Veränderung
könne nie mehr eine ganze Einheit des Landkarten-Maasstabes ausmachen, sind im
Vergleiche mit der Ungeheuern Oberfläche der Länder nur wenige, und sehr ungleich vertheilt, und
fast das ganze Innere unterliegt der blossen Conjectur. Die Grenzen der Provinzen sind nie genau
festgesetzt worden, und die schwache Bevölkerung der Länder, grösstentheils aus Menschen ohne
feste Wohnplätze, und ohne eine andere als bloss zufällige Benützung des Bodens bestehend,,
machte selbst aus jener Festsetzung kein Bedürfniss. Audi sogar Streitigkeiten über Gerichtsbar-
III. Theil. II. Abth. l