mussten. Uebrigens war die Reise von gutem Wetter begünstigt; innerhalb
der Wendekreise hatten wir häufige Windstillen, und als wir
aus jener Region des ewigen Friedens nach Norden steuerten, einige
heftige Windstösse zu bestehen. In 24° nördlicher Breite und 3a ° w.
L. v. P. berührten wir jene durch das Vorkommen des schwimmenden
Tanges ausgezeichnete Gegend, das Mar de Sargasso. Grosse Haufen
des braunen; Vielverästelten Krautes trieben während mehrerer Tage dem
Schiffbord entlang. Bekanntlich schreibt man die ausserordentliche Menge
des Sargasso. welche in diesen Breiten den Schiffern begegnet, bald
gewissen Klippen im mexicanischen Meerbusen, bald Untiefen im hohen
Meere zu. Mehrere portugiesische Seeleute haben mich versichert, dass
der Meertang {Sargassam bacciferam und natans, Agardh.) Ä 01’"
züglich auf einer Untiefe in 240 nördlicher-Breite und 28» w. L. v?P.
wüchse, von wo er nicht blos durch Stürme und durch die Bewegung des
Golfstromes, sondern auch durch Wallfische losgerissen würde, welche
sich auf den Klippen hin und her wälzten, um sich so Nahrung zu verschaffen.
— Es war uns bekannt, dass das Meer von verkappten nord-
■ americanischen Kapern wimmle, und der Capitain that sich viel auf den
Kriegszustand seines Fahrzeüges zu Gute. Dennoch war Schrecken
und Verwirrung auf dem Schiffe, als sich uns auf der Höhe der
Azoren ein verdächtiges Schiff näherte. Es War ein grosser, sehr stark
bemannter Schooner, der eine Kanone auf ringsum beweglicher Lavette
und ein grosses A auf dem Topsegel führte, als wäre er von A r t ig a s .
Er begleitete uns beobachtend "zwei Tage lang, mochte jedoch sich dem
ganzen Convoi gegenüber nicht stark genug zum Angriffe glauben.
Es war am 21. August, als wir mit einem unbeschreiblichen Ge,
fühle die Küsten Europa’s vor uns sahen. Nach dete Aussage eines spanischen
Fahrzeuges, welches durch einen Kanonenschuss_ gezwungen
wurde, sich zu nähern, befanden wir uns sechs Legoas vom Cabo
de Rocca. Bald darauf machte uns ein Kriegsschiff Signal; es war
eine portugiesische Fregatte, die uns re^strirte, eine Zeit lang begleitete
und darauf, nach Angabe der zu nehmenden Richtung, .verliess.
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Gegen Mittag trat uns die Rocca de Lisboa inN.-O. deutlich sichtbar
- aus dem duftigen Horizonte hervor: eine steile, kahle Gebirgskette, auf
der wir Kirchen, Klöster .und Leuchtthürme bemerkten. Auch von
der grossen Basilika in M a fr a , dem kostbaren Werke Johann V.
hatten wir durchs Fernrohr eine flüchtige Anschauung. Wir befanden
uns nun bald unter einem Schwarme von Schifferböten, die hier am
Eingänge der Bucht von Lissabon, fischten. Sie bedienen sich sonderbar
gestalteter trapezoidischer und dreieckiger Segel, um sich- bei ihrem
Geschäfte in die Kappe zu stellen. Das Fahrzeug hat einen einzigen
schrägen Mastbaum; das Netz wird an zwei grossen Seilen ins Meer
gelassen, und die Mannschaft ist gewöhnlich in grosser Anzahl, fünfzehn
bis zwanzig Personen, in einem Boote (Mvdetd), um diese Arbeit vorzunehmen.
Diese Fischer sind zugleich verpflichtete Lootsen, die Schiffe
um 6400 Röis hereinzuführen, und die Zahl dieser Praticos wechselt
nach einer gewissen Vorschrift. East betäubt von dem lärmenden Ge-
schreie und den groben Scherzreden dieser Kinder Neptuns, — Stiefei-
manner, Homerts das botas, nennen sie die Seeleute — näherten wir
uns der schönen Küste Portugals. Mit Reellen,hmt der Portugiese die
herrliche Lage seiner Hauptstadt. Längs der Bucht des majestätischen
Tagus reihen sich Wohnungen und Befestigungen ununterbrochen
aneinander; darüber grünende Weinberge, Erndtefelder, trockne unbebaute
Höhen, aus denen hie und da fröhliche Pappeln oder düstere
Cypressen emporragen. Am 23. Augus^egen Abend begrüssten wir
den colossalen, altgothischen Thurm von5 Belem, hinter welchem sich
der Palast da Ajada und amphitheatraliseh die Terrassen der Stadt
reich geziert mit Palästen und Tempelkuppen, erheben. So sahen wir
uns aus einem Lande, dem die Geschichte fehlt, unter historische Denk-
maleeines thatigen Volkes zurückversetzt; wir fühlten uns wieder in Europa.
Noch an diesem Abende wurde das Schiff von der GesundheitscommiS-
sion besucht, und am andern Morgen standen wir, tief bewegt' auf
einem, im weiteren Sinne uns vaterländischen Boden. — Durch ‘ die
Fürsorge des Hrn. Baron von P f e f f e r , k. bair. Ministers zu London
fanden wir die freundlichste Theilnahnie von Seiten des Hrn. von B e r k s ’
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