Kessel mit dem Fette angefüllt, und etwa hundert und fünfzig Menschen,
Indianer, Mulatten, Neger und einigeWeisse, mit diesen manch-
faltigen Arbeiten beschäftigt: alles dieses gestaltete sich zu einem uns
neuen und, nach der gewöhnten Einsamkeit unserer Reise, erfreulichen
Gemälde. In den Monaten October und November, wenn die Gewässer
des Stromes einen tiefen Stand erreicht haben, steigen die grossen Fluss-
Schildkröten *) auf gewisse, weithin entblösste Sandinseln, und legen
ihre Eier. Von der Regierung abgeordnete Wachen beobachten, wann
*) Es ist die von den Einwohnern vorzugsweise Tartaruga gründe genannte A r t, Jurarä-
acü in der Lingua geral (Emys amazonica, Spix Test. t. i . , E. exp ans a , Schweig.'). Das Eierlegen
, gleichsam der wichtigste Act in dem Leben der unbehülflichen Thiere, vereinigt sie in
den Monaten October und November, etwa zwanzig Tage lang, zu unzähligen Haufen, die aus
den benachbarten Seen, wo sie hinreichende^Weide haben, in den Strom, und. dann in die
Nähe der Sandbänke oder sandigen Uferspitzen ziehen. Durch einige Wenige wird der Legeplatz
ausgcwählt, indem sie die Praya umgehen und durchspähen, an mehreren Orten graben,
um zu sehen, ob sich die nöthige Tiefe trocknen Sandes findet, und dann wieder zurückkehren.
Die geringste Spur von Menschen, oder irgend eine Gewalttätigkeit gegen »diese Späher verscheucht
die ganze Schaar, welche dann eine andre Praya aufsucht. Wem? sie Alles sicher
glauben, beginnt das Eierlegen. Bei Nacht, vorzüglich im Mondenscheine, kommt dann ein
Zug nach dem andern aus der Fluth hervor. DiejWeibchen gehen in der Mitte, die bei weitem
weniger zahlreichen und kleineren Männchen, gleichsam zum Schutze, an ^den Seiten.
Ein dunkles Gewimmel bedeckt nun weithin, den weissen Sand, und mit solcher Eileskommen
und gehen die Thiere, dass sie. dicht neben, ja aufeinander sich den Vorsprung abzugewinnen
suchen, und das Wetzen der Schilder, dem Gerassel schwerer Wagen ähnlich, in'grosser’Ent*
fernung durch die stille Nacht gehört wird. Diess Schauspiel, welches ich auf einer Sändinsel
im Yupurd gehabt habe, wo wenigstens noch einige Tausend versammelt waren,- hat in seiner
nächtlichen Unruhe etwas Schauerliches. Auf j der Insel angelangt, geht die Schaar unverzüglich
an das Geschäft; in unglaublicher Schnelliiglseit ist-die Sandfläche aufgewühlt, lind der Staub
verfinstert den Horizont. Das Thier hebt mit den WWechselnd thätigen Hinterfüssen unter sich
den Sand heraus und bildet eine Grube, die bisweilen drei Fuss Tiefe hat; es setzt sich senkrecht
hinein, legt seine Eier, (als deren geringste Zahl 64, als höchste 14° > h*i Durchschnitt
joo anzunehmen ist), indem es sich mit den Vorderfüssen stützt, bedeckt sie wieder mit trock-
nem Sand und schlägt diesen fest, indem es sich mit dem Brustschilde darauf fallen lässt.
Jedes Weibchen braucht zu seinem Geschäfte drei bis. vier Stunden. Die Gruben werden auf
-den flacheren, nicht auL den steilen Bändern der Prayas, bis auf hundert Schritte landeinwärts
gebildet, und 'zwar liegen sie meistens einige Fuss höher, als der tiefste Wasserstand, welcher
bald nach dem Eierlegen eintritt. Es gilt somit die, über die^Nilschildkröten (Tryonix aegyp-
tiaca) schon durch Aelian (Var. Hist. V. c. 42.) gemachte Bemerkung, dass sie ihre Eier ausser
diess Geschäft auf den Inseln, die gemäss mehrjähriger Erfahrung als
die gewohnten Orte erkannt worden sind, vollendet ist, und schützen
die Prayas vor den Störungen nomadischer Indianer, besonders der M itras.
Hierauf finden sich (vorzüglich um den Neumond Octobers, als der
besten Zeit) zahlreiche Sammler, oft aus sehr entfernten Gegenden, ein,
und ein eigens dazu bestimmter Aufseher (Capitaö da P r a y a ) hält
Ordnung unter den Ankömmlingen, vertheilt die Lese, und sorgt für
die Ablieferungen des Zehntens für das Aerar. Die Wahl für dieses,
gewöhnlich sehr einträgliche, Geschäft geht von dem Gouverneur der
den Bereich der Fluth legen, auch von diesen Amphibien am Amazonas. Im Drange der Geburtsarbeit
, während welcher man ein leises, abgebrochenes Schnarchen vernimmt, werden nicht
selten Einzelne von den Nachbarinnen verschüttet , oder die Nachfolgende wühlt die bereits gelegten
Eier hervojfv um ihre eigenen in dieselbe Stelle zu bringen. Auch lassen sie sich in
dem, einmal begonnenen, Geschäfte nicht mehr irre machen, und man kann unter ihnen herumgehen
, ohne Gefahr gebissen zn werden, so lange man nicht einem Männchen begegnet.
Die Indianer versichern, dass weissbekleidete Menschen am sichersten seyen, weil die Thiere
sie dann mit den grossen Störchen verwechselten, welche sich bei diesem Anlasse, wie überhaupt
oft, auf den Prayas einfanden. Das Geschäft des Eierlegens dauert von Sonnenuntergang
bis zur Morgendämmerung-, mit stets gleicher, gewissermaassen bewusstloser Eile der Thiere.
Ist dié Zahl,der versammelten Schildkröten sehr gross, so beginnt das Eierlegen schon Abends
gegen 5 Uhr. und endet des Morgens 10 Uhr; gemeiniglich aber hat sich die Schaar schon in
den Fluss zurückbegeben, sobald ^ie Sonne aufgeht, und nur einzelne Weibchen, die verhindert
waren; sich früher ihrerBürde zu entledigen, laufen ängstlich umher. Diese werden nicht
selten eine Beute der Onzen, welche sich jetzt häufig auf 1 den Prayas einfinden, die auf den
Rücken gelegten Thiere mit grosser Geschicklichkeit zwischen' Rücken - und Bauchschild eröffnen,
und mit der Vorderpfote alles Essbare? herausholen. Die Weibchen halten sich einige
Tage am Ufer dès Flusses auf, wo sie sich von Canna brava und andern Gräsern nähren;
dann ziehen sie wieder in die benachbarten Seen und Tümpfel zurück, wo sie von den Männchen
erwartet werden. Die Orte, wohin vorzüglich viele Eier gelegt worden, erkennt man an
den Schaalen, welche zertrümmert umher liegen, und an dem mit dem Eigelb in Massen zusammengeballten
Sand. Wenn die Thiere wieder in den Strom zurückgekehrt sind, so unter-
terscheidet nur ein geübtes Auge die Orte, wo sich Eier befinden , durch leichte, bisweilen
wellenförmige Erhebungen der Sandoberfläche.— Die eben gegebene Schilderung stimmt vollkommen
mit den Nachrichten übereinr, welche Hr. v. Humboldt über die Schildkröten am Orenoco
gegeben hat (Relat. H. S. 243 f f ) , und ich zweifle nicht, dass seine Testudo Anruà synonym
mit unserer Emys amazonica, so wie seine Testudo Terekay unsere E. Tracaja sey. Dort
fällt das Eierlegen in den Monat März.