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losgerissen zu werden und an den Küsten zu scheitern. Unter diesen
Umständen suchten wir in einem Canale im Süden vom Lim oeiro
Schutz j wo wir. eine ziemlich' ruhige Nacht hinbringen konnten. Dieser
Canal, steht zwar durch mehrere Nebenwege innerhalb des Festlandes
mit der B a h ia do L im oeiro in Verbindung; da jedoch diese für
eine Canoa von der. Grösse der unsrigen nicht fahrbar sind, so Waren
wir gezwungen, am 3 1. August abermals das hohe Wasser zu suchen.
W ir fuhren mit der Mare am Morgen aus, hatten aber so widrigen
Wmd, dass.es ganz unmöglich w a r, unser Ziel zu erreichen, und wir
nochmals an denselben Ort zurückkehren mussten. Nur am Abend,
da sich der Wind gelegt hatte, glückte es, in die B a h ia do L im oeiro
zu gelangen, an deren Ufer wir in dem E n g en ho do P a d re Prestana
Unterkunft fanden. Diese Ueberfahrt über die Mündung des Tocantins
wird nur von denjenigen Schiffen unternommen, welche die Reise nach
dem Amazonas beabsichtigen. "Werden ersteren Strom befahren, oder
die P^illa Vigoza de Cametä (Camutä) besuchen will, *) schifft entweder in
dem engen, während der trocknen Jahreszeit oft zu seichten, Canal Pindo-
v a l, oder in breiteren Fahrwassern zwischen zahlreichen Inseln: längs
dem östlichen Ufer sieben Legoas gen S ., und setzt dann auf die andere
Seite über. Die Ueberfahrt von einem Ufer zum andern wird in
drei Stunden gemacht, da der Strom in seiner ganzen Breite mit vielen
niedrigen Inseln durchsäet ist. Gerne hätten wir die höheren Ufer
des Tocantins oder doch wenigstens jenen Flecken, die wichtigste Ortschaft
am ganzen Strome, besucht; allein die zeitgemässe Benützung des
*) Nicht alle Schiffe, die von Ford nach Cametd segeln, nehmen den Weg durch den
Igarape - mirim in die Bai von Marapatd. Die grössten und sichersten suchen von der Stadt,
aus die westlich davon gelegene Bai von Marajo an der Insel dieses Namens, fahren von,"hier
aus in der Mitte des Parastromes bis zu dem, an'einem südlichen Vorgebirge dieser Insel'gelegenen,
Engenho do Furtado, und dann nach S. durch den Furo Japim in den Limoeiro. Diese
Reise wird;gewöhnlich durch Ostwind begünstigt, ist aber wegen heftiger Strömungen, häufiger
Sandbänke und Ungleichheiten des Fahrwassers nur in einem starken und sichergeführten Fahrzeuge
räthhcn. Ändere Schiffe, die ebenfalls die Fahrt durch den Igarape-mirim nicht leicht
machen können, segeln von der Bai von Marajo in die Canäle zwischen den Inseln, worauf
Villa do Conde, Bejd und Ahayte liegen, und von hier aus in die Bai von Marapatd.
Ostwindes machte es zur Pflicht, von jedem Abwege abzustehen; und
ich bin desshalb leider nicht im Stande, den von den Einwohnern gegebenen
Nachrichten über den Tocantins, welche ich in der Anmerkung
(3.) mittheile, eigene Bemerkungen hinzuzufügen.
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Als wir am frühen Morgen des i Septembers die Bücht von L im oeiro
verliessen und am westlichen Ufer des Tocantins hinabfuhren,
kam uns die Ebbe zu Statten, und bald hatten wir uns von neuem in
ein Labyrinth von Canälen vertieft, welche sich, hauptsächlich in der
Richtung von N. W., zwischen dem niedrigen Festlande hinziehen. Die
Ufer, dichtbewaldet, hatten die grösste Aehnlichkeit mit denen des Igarape
mirim, und waren von schönem Gefieder, besonders Guaräs und
Wasserhühnern, bevölkert. W ir ruderten den ganzen Tag; nur gegen
Mittag ward auf einer Insel gelandet, um das Mahl zu bereiten. Unsere
Indianer, denen ein angestrengter Dienst nicht anstand, behaupteten,
dass man in diesen Gegenden niemals gegen die Fluth zu rudern pflege,
doch liessen sie sich durch eine doppelte Ration Branntwein leicht
zu fortgesetzter Arbeit ermuntern. Sie waren grossentheils aus den
V illa s von O eiras (ehemals Araticm ri), von P o r te i (sonst A ricu ry oder
G uaricary)* und Wlelgago (sonst A rucarä) gebürtig, und unzufrieden,
dass wir nicht gesonneii schienen, alle diese Orte der Reihe nach zu
besuchen. Man hatte uns aber diess schon in Para ernstlich äbgerathen,
denn der Unbestand dieser Menschen besteht selten die Probe, wenn
man ihnen Gelegenheit giebt, in bekannten Orten an’s Land zu gehen.
Die Neigung für ihr Geburtsland, das Zureden der Verwandten, die es
keineswegs für pflichtwidrig halten, dem Weissen die Treue zu brechen,
veranlasst dann gewöhnlich, dass die erste Gelegenheit zur Flucht benützt,
und der Führer hülflos zurückgelassen wird. Unsere Indianer
schienen zwar mit den weissert Hemden und rothen Mützen, die wir
ihnen gleichmässig zum Geschenk gemacht hatten, wie mit der vollen
Küche wohl zufrieden, und wollten, unter dem, ihnen eigenen^ schmunzelnden
Lachen j die Absicht nicht zugesteheh, deren wir sie bezüchtig-
ten; dennoch schien es räthlicher, von unserem Reiseplane nicht mehr