steten Canonen, ist in einem sehr schlechten Zustande. Die Wälder von -Tabatinga werden
grösstentheils von Tecunas, die längs des, auf dem südlichen Ufer, einmündenden Flusses Fa-'-
vary von den MaxurunaS (-10.) bewohnt. Einzelne der letzteren sah ich hier. Sie sind ganz
wild, haben Ohren, Nasen und Lippen durchlöchert, überdiess das ganze Gesicht mit Stacheln
und Federn besetzt, und die Stirne roth und schwarz bemalt. Nicht selten sind sie ziemlich
hell gefärbt. Zur Prüfung und Beurkundung der Stärke machen sie sich tiefe Einschnitte in
die Arme. Die Wöchnerin darf kein Affenfleisch, sondern vorzüglich'nur das Fleisch von Hoc-
cos essen. Namen werden den Kindern ohne weitere Festlichkeit ertheilt; dagegen bezeichnet
ein grosses Fest die Operation der .Dufchbohrung der Ohren, Lippen und Wangen. Die' er-
steren Theile werden schon den Knaben , die Wangen erst nach erreichter Mannbarkeit durchbohrt.
Damit die Wunden nicht zuheilen können, lassen sie dünne Pfeile darin stecken, und
bewegen, sie alle Morgen hin und her. (V^rgl. das Porträt des Maxuruna im Atlas.) Der
Yavary (11.) ist zwar sehr reich an Cacaö, Sglsaparillia und Schildkröten, allein wegen der
bösartigen Krankheiten, die an ihm herrschen, und wegen der Grausamkeit seiner Bewohner
wird er von den Portugiesen gemieden. Zieht ein Canot vorüber, so durchbohren jene feindlichen
Indianer, hinter einem Baume versteckt, den Piloten mit einem grossen Wurfspiesse
oder mit der Lanze, und fallen dann über die' andere Mannschaft mit grossen, viereckig-
ten Keulen (Tamaranas) her, so dass ihnen seiteil ein Einziger entwischt. Zahmer und den
Weissen mehr befreundet sind die Tecunas. (12.) Als ich in Tabatinga ankam, sah ich mehrere
Nachen nach dem Lande zu fahren, welche voll von nackten, mit Arm - und Kniebändem,
Epauletts und Stirnbinden von Federn gezierten, und um die Lenden mit einem zierlichen
Gürtel von Bast bekleideten Indianern waren. Kaum an das Land gestiegen, vernahm ich eine'
fürchterliche Musik, und war Zeuge des Festes, zu welchem jene-Indianer aus den Wäldern
herbeikamen. (Vergl. im Atlas „den festlichen Zug der Tecunas.**) Die Feierlichkeit bestand
darin, dass man einem zwei Monate alten Kinde, unter Tanz und Musik, die Kopfhaare ausriss.
Die Indianer hatten ihre Nachbarn hierzu durch den Stoss in ein Horn von dickem Rohre
, eingeladen, und feierten die grausame Ceremonie unter bacchantischem Tanze, indem sie sich
durch das gegohrne Getränke von der süssen Wurzel der Aipim (Macajera) immer mehr erhitzten.
Sie hielten einen förmlichen Aufzug. Derjenige , welcher als Teufel (Jurupari) in eine'
grosse Affenmaske verkleidet war, eröflhete den Zug; der Saum seines, von Bast gemachten,
Kleides ward von zwei kleinen Indianerinnen getragen. Hierauf folgten die andern Masken,
deren eine ein Reh, andere einen Fisch, einen alten Baumstrunk u. s, w. vorstellte. Den Beschluss
machte ein altes, hässliches j ganz schwarz bemaltes Weib, welches auf einer getrockneten
Schildkröteifschale einen gleidhförmigen Tact schlug. In diesem Aufzuge tanzten und
sprangen sie wie Böcke umher, so dass man Gespenster oder Wahnsinnige zu sehen glaubte.
Einer. aus diesem scheusslichen Trosse kam sogleich auf mich z u , und wollte mir die glänzenden
Knöpfe, die ein passender Ohrenschmuck schienen, vom Rocke reissen. Das fürchterliche
Schauspiel dieses grausamen Festes, welches den Kindern oft das Leben kostet, dauerte
dicssmal ununterbrochen drei Ta'ge und drei Nächte fort. Die andern Feste feiern die Tecunas,
wenn sie den Kindern die Ohren durchbohren, und wenn Mädchen Jungfrauen werden. Ihre
Todten begraben sie in Töpfen, und zünden dann die Hütte, mit allem Eigenthume des Verstorbenen,
an, wenn die Kinder nicht die Waffen in Anspruch nehmen. Diese Nation der Tecunas
übt in ihren Wäldern die Circumcision an beiden Geschlechtern aus. Ihre Waffen, ihr
Schmuck und Geräthe wurde gegen Glasperlen, Spiegel, Messer u. dgl. eingehandelt. Das
Wetter war auch hier sehr ungünstig, indem es unausgesetzt regnete. Am zweiten Tage stunden
mir dreissig Tecunas zu Gebote, welche mir unvergleichlich schöne Vögel, von dem buntesten
Gefieder, brachten. Da hier und in Olivenza diese prächtigen Vögel vorzüglich häufig
sind, so sind die Tecunas nicht blos in der Jagd, sondern auch im Abziehen derselben sehr
geschickt, und zwar bedienen sie sich bei dem Abstreifen nur eines kleinen Hölzchens. In
vier Tagen war die Ausbeute so gross, dass sie mehrere Kisten anfüllte. Man kömmt von
Tabatinga in vier und zwanzig Stunden nach Loreto, wo die Indianer Pevas wohnen. Es ist
der erste spanische Ort, mit einem Commandanten, und einigen Truppen. Westlich von da
nimmt der Fluss den Namen Marannon (port. Maranhâo) an, und statt der brasilianischen
oder Tupisprache wird von den Indianern und dem niedrigsten Volke die allgemeine peruvia-
nische oder Quichuasprache (Lingua del Inca) geredet. Gerne wäre ich gegen die Cordillère
nach Westen vorwärts gereiset, um so mehr, als mich der spanische Commandant, nach Kunde
von meiner Ankunft in Tabatinga, zu sich einldd; jedoch die Nachricht, dass die Independenten
gegen Lima vordrängen, und der dortige Vicekönig die wichtigsten Officiere aus dem Innern
ab-, dagegen Andere an ihre Stelle berufen habe, so wie der Umstand, dass unsere Pässe
sich nur auf Brasilien erstreckten, geboten, von hier aus umzukehren. Ich beschloss daher hier
an der Grenze Brasiliens meine Reise, und kehrte mich aus der westlichen Richtung wieder
nach Osten um. D en . Weg nach Olivenza, wozu ich aufwärts vier Tage gebraucht hatte,
machte ich abwärts in vier und zwanzig Stunden. Man bleibt bei dieser Reise immer im Zuge
des Gewässers, in der Mitte des Stroms. Hier geschah es mir, dass das Boot auf einen unter
dem Wasser verborgenen Baum aufstiess, sich in einem Nu zur Hälfte mit Wasser füllte, und
dem Untergange nahe war; da aber glücklicher Weise der Baum brach, ward es wieder flott,
und die Gefahr ging vorüber. Als ich in Olivenza ankam, wären die Kähne, welche zu den
benachbarten Indianern abgeschickt waren, noch nicht zurückgekehrt, und ich wartete acht
Tage auf sie. Die Culihos, welche hier wohnen, sind nicht tatowirt, haben aber die Ohren, \
Ober- und Unterlippe und den Nasenknorpel durchlöchert. Die Heurath wird schon in der
frühesten Jugend des Mädchens ausgemacht, und durch Dienste gegen die Aeltern desselben
gestattet. Der Principal hat Jus primae noctis. Während die Wöchnerin Diät hält, essen die
Männer die ersten fünf Tage gar nichts. Sie meiden in dieser Zeit das Fleisch der Paca und
des Tapirs und essen nur Schweinfleisch. Ist das Kind eine Woche alt, so wird es vom Pajê
einen vollen Tag lang mit einer Cigarre beräuchert, und dann benannt. Dass die Seele des
Verstorbenen in ein Thier übergehe, glauben sie nicht; vielmehr käme sie in den Himmel,
wo sich alle Völker versammeln. Ihre Todten begraben sie in einer, eigens dazu bestimmten,
runden Hütte in die Erde; während die Verwandten das Begräbniss halten, legen sich -die
Uebrigen in ihre Hangmatten; nur die Leiche das Häuptlings wird von Allen begleitet.— Nach:
Verlauf dieser Zeit verliess ich die Villa, setzte über den Strom, und lief am nördlichen Ufer .
desselben in einen kleinen Fluss ein, der in den Rio Ip d führen sollte. Ein Indianemachèn
ward vorausgeschickt, um die in dem engen Flusse wachsenden Bäume und dichten Gesträuche
zu fallen; aber selbst nach dieser Vorsichtsmaassregel blieb noch die Arbeit übrig, das grössere
Canot auf den Schultern über die gefällten Bäume zu heben. Schon nach der ersten Tagereise
befand ich mich in einem so dichten Walde, dass kein Sonnenstrahl hineindringen konnte,
und die unausgesetzt abträufelnden Bâumè durchnässten mich, als wenn ich dem heftigsten
III. Theil. 1 5 1