der S o r im â o , J üm a , J u r i , P a s s é , U a y u p i, Ir ijü , P a n z und CatauuixL
Die gegenwärtigen Bewohner haben in gegenseitiger Vermischung und
im Umgänge mit den Weissen ihre Sprachen und übrigen Stammverschiedenheiten
aufgegeben. W ir fanden gerade jetzt nur wenige der
Einwohner anwesend, indem die Männer grösstentheils auf der Jagd
oder zur Bereitung von Schildkröteneierfett abwesend waren. Ueber-
haupt hat die Bevölkerung des Öertchens .seit längerer Zeit stets abgenommen.
Die Blattern, und ganz neuerlich, durch Ueberschwemmung
des .Sees veranlasste, bösartige Wechselfieber richten von Zeit zu Zeit
arge Verheerungen an, denen man ohne ärztliche Hülfe um so eher
unterliegt. (Leider ist in der ganzen Provinz Rio Negro kein graduir-
ter Arzt angestellt.) Unter den anwesenden Indianern machte uns der
Geistliche mit zweien bekannt, die beide über hundert Jahre alt und
dabei noch von unglaublicher Körperkraft und Munterkeit waren. Mit
dem Mangel an Reizbarkeit und mit der eigenthümlichen Indolenz dieser
Menschenraçe hängt die Eigenschaft zusammen, nur spät zu ergrauen
und die Zähne zu verlieren. Selbst im Gange yerräth der Indianer
sein Alter nicht, da auch jüngere Stammgenossen vorgebückt
und mit kleinen Schritten zu gehen- pflegen. Die Häuser, oder vielmehr
die kleinen, mit Palmblättern gedeckten Lehmhütten, liegen in
einer unregelmässigen Reihe längs dem niedrigen Ufer, das nicht mit
der hohen, unreinlich verworrenen Vegetation des Amazonas und Soli-
moês, sondern-mit freundlichem Buschwerke, und hie und da mit lichten
Grasplätzen bedeckt ist. Nur wer den verdüsternden Eindruck einer
solchen endlosen Waldung erfahren hat, kann die Empfindungen
von Freiheit und Behaglichkeit theilen, welche sich des Reisenden in dieser
neuen Umgebung bemächtigen. Diese lichteren Plätze entstunden nicht
durch Abtrieb der Urwaldung, sondern ursprünglich. Der Gesammtaus-
druck ihrer Vegetation gleicht vollkommen dem der sogenannten Capoês
(Inseln, von dem Tupiworte C a ä p oam , eigentlich runder Wald) in Minas.
Auch kamen uns unter mehreren eigenthümlichen Gewächsen, (darunter
die B la k e a tr in e rv is , mit ihren prächtigen, rosenartigen Blumen)
andere, bereits aus den südlicheren Landen bekannte Pflanzen
entgegen. Das, Firmament schien sich wolkenloser, heiterer als bisher
über dem bunten Teppich von Wiesenpflanzen und Gebüschen zu
verklären. Doch sagt man, die Gegend sey sehr heftigen Donnerwettern
unterworfen. Da fast alle Ansiedlungen, längs des Amazonas und
des Solimoes, die in der Nähe südlicher Beiflüsse liegen, auf ähnliche
Weise von Stürmen heimgesucht werden, so dürfte man wohl füglich
einen allgèmeinen Grund dieser Erscheinung in dem Zusammenkommen
von Luftströmen aus verschiedenen Weltgegenden annehmen.
Ausflüge von Coari aus waren übrigens beschränkt, weil wir unsere
eigene Mannschaft nach den bisherigen Strapatzen ausruhen lassen
mussten, und der Geistliche des Ortes die wenigen, gerade anwesenden
Indianer nur ungerne zur Begleitung mitgab. Zwei Tage vorher hätte
ein sehr grosser Kaiman, der, in der Nähe des Ortes hausend, seit
langer Zeit Jedermann bekannt geworden war, den Kahn eines einzeln
heimkehrenden Indianers umgeworfen, und diesen gefressen. W ir sahen
noch, wie das furchtbare Thier und seine Brut mit dem abgebissenen
Kopfe des Unglücklichen spielten, und der ganze Ort war durch
dieses schreckliche Schauspiel so sehr in Furcht gesetzt worden, dass
wir den Entschluss aufgeben mussten, die Ufer des Sees ringsum im
Kahne zu besuchen. *)
*) Im Hintergründe ergiessen sich, ausser dem Rio Coari selbst, noch zwei andere, kleinere
Flüsse, der Urucu-Parand (Rocou- nach Andern Oeraacü-Par. Grossvogel-Fluss) und
der Urand, beide auf der westlichen Seite, hinein. Die Geographie.-.der Gegenden, durch
welche sie strömen, ist so viel wie gänzlich unbekannt. Nur Indianer, mder etwa Mulatten
die, nach Salsaparilha und Cacao ausgesendet, kein anderes Interesse kennen , haben diese Flüsse
befahren. Der Coari, welcher schwarzes Wasser führt, soll dreissig Tage lang aufwärts be-
schifft werden können, und schon einige Tagereisen südlich vom Solimoes durch Fluren laufen.
Indianer, die im Urucu-Parand lange aufwärts :schifften, sollen endlich in einen grösseren
Strom gekommen seyn, dessen Ufer dieselbe Vegetation wie der Solimoes dargeboten haben.
Man vermuthet, diess sey der Yurud gewesen. Eine solche Verbindung, dergleichen auch vom
Puruz und Yavary bekannt ist, wird wegen der Niedrigkeit des benachbarten Terrains wahrscheinlich.
Uebrigens werden die Ufer de* Sees von Coari selbst bei Hochwasser des Solimoes
nicht wreit landeinwärts überschwemmt, da sein Becken, ringsum geschlossen, ausser der Hauptmündung
pur durch einen seichten Canal, weiter westlich, mit dem Strome in Verbindung steht.