mern schienen. Schon öfters hatten wir diese Unthiere vorzüglich an
solchen Orten in Menge bemerkt, wo sie durch Fleisch oder Blut angelockt
worden waren; noch nie aber bot sich uns ein gleich furchtbares
Schauspiel dar. Man hat im Allgemeinen eine zu milde Vorstellung
von dem americanischen Krokodil; weder an Grösse noch an Ge-
frässigkeit und Bösartigkeit steht es dem africanischen nach. Die Thie-
re , welche hier in einer Gesellschaft von sechzig und mehr Individuen
heimisch geworden zu seyn schienen, massen fünfzehn bis vierundzwanzig
F. Zwei Skelete, die wir von dort nach München brachten, haben zwölf
F. Länge. Die Indianer versicherten uns, dass das stärkere unter ihnen
von einem fünfzehn bis zwanzig Jahre alten Thiere seyn dürfte. Es wär
nicht der am Rio de S. Francisco und in andern südlicheren Gegenden
beobachtete Brillenkaiman (Croc. sclerops, Schneid.^, sondern eine viel
stärkere Art, (C. niger, Spix Lac. t. 4*)j die wir schon an vielen
Orten im Amazonas gesehen hatten, und in dem westlicheren Flussgebiete
immer häufiger fanden. Die kürzere, stumpferere Schnauze, der schwarze,
hie und da mit gelblichen Flecken gezeichnete Panzer und die Grösse
lassen dieses Thier auf den ersten Blick von jener kleineren, grünlichbraunen
Art unterscheiden. Die Einwohner nennen es auch vorzugsweise
Jacare-agu, grossen Kaiman. *) Es kostete wenig Mühe, einige
*) Der schwarze Kaiman vom Amazonenstrome unterscheidet- sich von dem Brillenkaiman
auch in der Physiognomie, wenn man diesen Ausdruck von seinem furchtbaren Kopfe gebrau
chen kann, der gleichsam nichts als Rachen ist. Seine Augenhöhlen sind weiter und die zwi-_
sehen ihnen liegenden Knochen treten in einen minder hohen Kamm hervor. Die kurzen Füsse
und der breite Schwanz sind kräftiger. Am Ufer liegend oder gehend hat das Thier weniger •
von dem furchtbaren Ausdrucke, den es, schwimmend, gleichsam mit erhöhter Beweglichkeit,
erhält. Gewöhnlich geht es langsam, und dann werden Wanst und Schwanz wenig über die
Erde erhaben getragen; nur wenn es einen heftigen Anlauf nimmt, erhebt es den letzteren
schräg aufwärts. Im Wasser dagegen scheint das Missverhältniss zwischen der Masse des ungeschlachten
Leibes und den, dann ausgestreckten, Füssen verringert, und die Bewegungen werden
mit einer wüthenden Heftigkeit ausgeführt. Im Zorne starrt der Schwanz empor und peitscht
nuter schnellen Krümmungen das Gewässer; dann sind die Bewegungen des Kopfes ungestümm
und vom wildesten Ausdrucke. Wenn aber das Thier ruhig umherschwimmt, lässt es kaum
die Augen .und die Spitze des Schwanzes aus dem Wasser hervorsehen; es schiesst dann gewöhnlich
in gerader Richtung hin und her, ohne das Wasser viel zu beunruhigen. Auf Beute
lauernd bleibt es oft lange Zeit unbeweglich, und gleicht dann einem schwimmenden Baumstrunke.
Auffallend ist, dass es gerade im Wasser bei verstärkter Beweglichkeit weniger gefährlich
dieser gefrässigen Ungeheuer zu fangen. Der aufgeblasene Magen einer
Schildkröte, im Innern mit einem grossen Hacken bewaffnet, ward an
einer eisernen Kette von dem Gerüste der Fischerei aus zwischen die
Krokodile hinabgelassen, unter denen alsbald ein Streit wegen der Beute
entstand. Von allen Seiten schwammen sie herbei und schnappten nach
dem Köder, den endlich dasjenige festhielt, welches den furchtbaren
Rachen am weitesten aufgesperrt hatte, um ihn zu verschlingen. Als
sich das Ungethüm festgebissen hatte, war grosse Kraft nöthig, es von
der Flucht in die Tiefe abzuhalten, und es unter gräulichem Schnarchen
und Schlagen mit dem Schweife an das Land zu ziehen, wo seine
Fesseln an einen Baum befestigt wurden, und wir es einen Tag lang
sich selbst überliessen, bis ein kühner Mura ihm den Unterleib aufschlitzte
und es durch Verletzung der edlen Eingeweide tödtete. Gewöhnis
t, als am Lande. Die Indianer versichern, dass man den Verfolgungen des Jacare entgehe,
sobald man untertauche, weil nur die aus dem Wasser hervorragenden Theile von ihm ergriffen
würden. In der Verfolgung oder im Kampfe mit einem Feinde verdoppelt es die Schläge
des Schwanzes; ja es soll diesen benutzen, seine Beute zum Rachen zu führen. Was in sein
mächtiges Gebiss gefallen, wird nicht mehr losgelassen; der Kaiman wendet den Kopf hin .und
her, bis er den gefassten Theil abgerissen hat. Ausserordentlich gefrässig und vorzüglich dem
faulenden Fleische geneigt, verschmäht er keine Art von Beute. Man sagt, doch iSt diess
vielleicht eines der vielen Indianermährchen, dass er, wenn er einmal Menschenfleisch gefressen
habe, immer lüsterner darnach und immer kühner werde. Er ist übrigens am wildesten
und thätigsten zur Zeit der Begattung und des Eierlegens, worin er am Amazonenstrome fast
dieselben Perioden mit den Schildkröten einhält. Die Begattung geschieht am Lande oder in
seichten Lachen des ausgetretenen Stromes. Sie leben in Polygamie. Das Weibchen legt
dreissig, etwa vier Zoll lange, elliptische harte Eier in eine seichte Grube des Erdreiches oberhalb
des Ufers, bedeckt sie mit Blättern und Sand und bewacht sie von Ferne. Wenn die
ausgekrochenen Jungen zum Strome herabkommen, sind sie nicht selten eine Beute der grossen
Störche und Geier oder der heisshungrigen Männchen selbst. Ohne diesen Umstand würden
sich die Thiere hier auf eine furchtbare Weise vermehren. Die Indianer essen nicht blos
diese Eier, sondern auch das Fleisch des ganzen Körpers, obgleich es einen widerlichen Mö-
schusgeruch hat, der ihm zun i Theile von den IVloschusdrüsen am Halse und von den Ge-
schlechtstheilen mitgetheilt wird. Sie dörren das Fleisch im Moquem und braten das grünliche
Fett heraus» womit sie Salben und Farben zur Bemalung des Körpers anreiben. Aus einem
Theile des Panzers bereiten sich' mehrere kriegerische Stämme zwischen dem Rio Negro und
dem Yupurä ihre Schilde. — Ohne Zweifel ist es dieselbe Art des Kaimans, welche, nebst
C.fissipes, Spix., auch die westlicheren Gegenden am Solimoes in der Provinz Maynas hewohnt
wo beide Lagarto heissen.