geistiges Getränke vorhanden ist, ihre Fröhlichkeit zu steigern. Ein anderes
Spiel, dem die Indianer mit noch grösserer Leidenschaft nachhängen,
kommt dem Würfelspiel nahe. Sie haben eine Anzahl kleiner,
auf den verschiedenen Flächen mit mehr oder weniger Kerben versehener
Stäbe (Kmyra jemossaraitaba); diese werfen sie, auf den ebenen
Boden gelagert, in die Höhe und Derjenige gewinnt, dessen Hölzchen
beim Herabfallen die meisten Kerben aufweiset. Obgleich von den Geistlichen
strenge verboten, wird es dennoch überall gespielt, wo sich die
Indianer allein und unbelauscht glauben. Diese Menschen sind, obgleich
einsylbig und stille in ihren häuslichen Verhältnissen, einer offenherzigen
Cameradschaft zugänglich, und so fanden auch unsere Begleiter
gar bald Bekannte, die sich mit ihnen an den Abenden durch jene
Spiele unterhielten. Auch fremde Indianer, welche Tauschartikel in die
Ortschaft brachten, schlossen sich nicht ungerne an. Unter diesen fand
ich einen Aroaqvd mit sehr verlängerten Ohren, der erlaubte eine Skizze
von seiner ächtindianischen Gesichtsbildung zu nehmen. (S. im Atlas die
Figur „Aroaqui“). Mit andern Indianern von T a rum ä , einer benachbarten,
von dem vorigen Gouverneur angelegten Plantage, kam einstmal
auch ein fünfzehnjähriges Mädchen, die Tochter eines dort aldeir-
ten Paares, die durch vollkommen weisse Haupt - und Augenbraunen-
Haare und durch eine rothe Pupille das vollständigste Bild eines Kakerlaken
darstellte. Sie schien kränklich und verkrüppelt, vielleicht von
früher erlittenen Gewaltthätigkeiten und von Vernachlässigung, da die Indianer
solche, unter ihnen seltene Missgeburten verabscheuen, und bisweilen
bald nach der Geburt umbringen.
Obgleich das Terrain in dieser Gegend des R io N e g r o bedeutend
höher, als das des Amazonas ist, sind dennoch die Igarapes* jene schmalen,
tief landeinwärts unter einander communicirenden, Canäle auch
hier so häufig, das wir uns durch sie in unseren Wanderungen nicht
selten beschränkt sahen. Desshalb zogen wir vor, wie bei Para, unsere
Excursiohen in leichten Kähnen längs dem Ufer hin zu machen,
und beschlossen einen weiteren Ausflug nach M a n a c a rü , der Plantage
unseres Freundes Z a n y , eine starke Tagreise von der B a r r a am südlichen
Ufer des Amazonas, der oberhalb seiner Vereinigung mit dem
schwarzen Flusse, von den Portugiesen So lim o e s genannt wird. Wir
verliessen die B a r r a eines Abends, in Begleitung unseres Gastfreundes
und des Herrn Gouverneurs, welcher überdiess einen Besuch in den
Fischereien der Regierung vorhatte. Die Fahrt von einigen Stunden
brachte uns aus den dunkelbraunen Gewässern des R io N e g r o in den
Amazonas, auf eine ausgedehnte Sandbank, die P r a y a d o Catalao, wo
die Harigmatten an eingerammelten Pfählen aufgehängt, und die meisten
Indianer mit Fischfang beschäftigt wurden. Während wir ihnen
bei dieser heiteren Arbeit zusahen, kamen Einige unter ängstlichem
Geschrei, dass eine J a ca r en am b o y a umherfliege, vom Innern der Sandinsel
hergerannt, stürzten sich in den Strom, und tauchten so lange,
als es ihnen möglich war, darin unter. Zu unserem Erstaunen vernahmen
w ir , dass die Indianer den Laternenträger für ein höchst giftiges
Insect hielten, und sich vor den Stichen desselben auf diese Weise
zu sichern suchten. Die seltsame Gestalt des Thierchens hat bei so
abergläubigen Menschen diese ungegründete Furcht, und wahrscheinlich
auch den Namen, der so viel als Krokodilschlange bedeutet, veranlasst.
Wir fingen noch an jenem Abende einige derselben, zum grössten
Graus der Indianer. Der Laternenträger (F a lg o r a laternccria’ L i ) fliegt
schnell, in grossen Kreisen, und erscheint besonders am Abend über
den Sandinseln. Wir haben niemals bemerkt, dass er leuchte; auch
wissen davon die Indianer nichts. Phosphorescirende Käfer (C a ca turne)
sind auch am Amazonas und seinen Beiflüssen häufig; jedoch erinnere
ich mich nicht, die Erscheinung hier so häufig und wunderschön,
als namentlich in den Wäldern der Serra do Mar, beobachtet zu haben,
wo die Zahl der Leuchtkäfer gross genug war, um die Umrisse
der Gebüsche deutlich zu machen, durch welche sie hin und her kreisten.
(4.) Am folgenden Morgen setzten wir die Reise am nördlichen Ufer
des Solim o e s stromaufwärts fort, und passirten die der Regierung zugehörige
Caffeplantage von Caldeiräo. Obgleich die Anlage erst wenige
Jahre bestand, lieferte sie doch jährlich schon dreihundert Arrobas