lieh, weil die Sandbänke in der Nähe jener Inseln und der Mündung
oft ihre Lage wechseln, und die Gewässer sehr unruhig sind. Eine
zweite Wasserstrasse führt in dem R io Para, zwischen der Insel Ma-
rajö und dem Festlande in südwestlicher Richtung hin, dann in dem
Tagipurü gegen Norden, und bringt die Reisenden unterhalb Gurupä
in den Strom. Auch dieser W e g , der kürzeste v,on allen, ist wegen
zahlreicher Sandbänke, Klippen, Ungleichheiten der Strömung gefährlich,
und nur solche Fahrzeuge schlagen ihn ein, deren Grösse
die Durchfahrt durch den sogenannten Ig a ra p e - mirim nicht erlaubt.
Diess ist, wie der Name selbst bedeutet, ein nur für kleinere
Schifte [Ig a ra s ) fahrbarer Canal, innerhalb des Festlandes, welcher in
nordwestlicher Richtung die Gewässer des M oju mit der Mündung des
Tocantins verbindet. Die Reisenden, welche auf ihm zu schiffen vorziehen,
verfolgen von Para aus den Rio Moju, und umgehen somit die
Gefahren im Parästrome zwischen der südlichen Küste von Marajö und
den niedrigen Ufern des Continentes. Die ersten beiden Wasserstrassen
nennen die Paraenser die äusseren (p o r f ö r a ) , die letztere , die innere
(p o r d en tr o )5 und diese wählten auch wir, wegen grösserer Sicherheit.
Unsere Canoa ward vom Arsenal in den Halfen gebracht, wo wir sie
noch mit den letzten kleinen Bedürfnissen für eine langwierige Unternehmung
versahen, die, sp viele Genüsse wir uns auch von ihr versprechen
durften, uns dennoch im Voraus manches bängliche Gefühl
einflösste.
Anmerkungen zum zweiten Kapitel.
(1.) So wie das Meer haben auch die grössten Ströme Brasiliens an ihrem Ufer eine cha-
racteristische Vegetation, die, sich oft eben so sehr durch die Eigenthümlichkeit ihrer einzelnen
Pflanzen, als durch den landschaftlichen Gesammteindruck, den diese hervorbringen, aüs-
zeichiiet. Wenn am Rio de S. Francisco die Hermesia. castananeaefolia mit blaugrünem Laube
und weidenartiger Verzweigung, dichte ruthexiförmige Stöcke der Rhabdia lyeioides, die luftige
Triplaris Pachau mit raschelnden Fruchttrauben, der Sapindus Saponaria mit dunkelbelaubter
Krone, grossblättrige Crotoneri, oder hie und da lichte Wälder feinblättriger Acacien und der gold-
blüthigen Canna fistula (Bactyrilobium grande)— vorherrschen; dagegen die felsigen Ufer des
Rio Doce mit weidenartigem Gesträuche manchfaltiger Arten von , Cnemidostachys oder mit
glänzenden Myrten und dem nickenden Ubärohre (Gynerium parviflorum) besetzt sind, dessen
Rispe wie ein Federbusch im Winde flattert; so finden sich hier, in dem unteren Flussgebiete
des Pardstromes, d. h. in dem Archipel um die Insel Marajö und in den Mündungen der sich
hereinergiessenden Flüsse', ganz andere Gestalten. Schon die Niedrigkeit und Fläche der Ufer,
welche sich kaum einige Fuss hoch über das Strombette erheben, verändern die Scene, und
verleihen, ihr zugleich mit der Gegenwart einzelner Räume der Mangrovewaldnng einen andern
Character» Der Umstand, dass niedrige Räume und Gesträuche vom Ufer weit in die Wasserfläche
hereinhängen, und bis auf eine Höhe von fünfzehn und mehr Fuss den landeinwärts
stehenden Urwald so dicht umsäumen, dass die kahlen und theilweise mit Flussschlamm überzogenen
Stämme dadurch versteckt werden, trägt wesentlich dazu bei, die landschaftliche Ansicht
dieser Ufer zu bestimmen.' Ausserdem ist es ganz vorzüglich der Reichthum an Palmen,
der dieser Gegend einen besondem Character verleiht. Manche dieser edlen Gewächse erheben sich
einzeln und schlank auf mehr als hundert Fuss in die Lüfte, andere, besonders die stacheligen Stabpalmen
(Baclris) erreichen eine geringere Höhe, und stehen in gedrängten Rüschen beisammen;
einige wenige, ebenfalls minder hoch, aber reich belaubt, machen sich durch den grossen Umfang
der Stämme bemerklich, an denen die Reste der Blattstiele einer Unzahl von Famkiäutem
und andern Schmarotzerpflanzen Aufenthalt darbieten. Unmittelbar am Ufer, und oft weit über
die Wasserfläche ausgebreitet, wachsen mancherlei Arten von Inga hervor, sowohl durch die
Fiederung ihres dichten Laubes, als durch die Federbuschartigen Trauben der zarten Blumön
und durch grosse Hülsenfrüchte ausgezeichnet. Zwischen ihnen stehen Dalbergien, breitblättrige
Sloancn,- die Schousboea und Poivrea mit ihren prächtigrothen, oft ellenlangen Blumentrauben.,
Weiter landeinwärts treten zahlreiche Pfeffersträuche, grossblüthige Justicien, die Gusta-
via, allerlei Arten von Solanum und Tabemacmontana auf, durch dichte Gehänge vonFeuillea,
Bignonia und Kürbissgewächsen zu einem undurchdringlichen Laubwerk verschlungen. Die Reste
ehemaliger Ueberschwemmung sind an Stämmen und Gesträuche sichtbar; sie geben, zugleich
mit den dichten Gebüschen der Glieder der Mangrovewaldung, in denen zahllose Ameisen und
Schnacken hausen, diesem Gebiete einen unwiithlichen, unheimlichen Character, welcher, wenngleich
eine allmälige. Verschiedenheit eintritt, je weiter man den Amazonas hinaufschifit, dennoch
mehr öder weniger überall der Ufervegetation dieses Köxugs der Ströme zugehört;;.
(2.) Der Stxtbm von Para erreicht in den Springfluthen eine Höhe von zehn bis eilf Fuss.
Er ebbet sieben, und fluthet fünf Stunden lang,; die Fluth rinnt vier Knoten in der Stunde.
Diese seine Bewegung theilt er auch den in ihn fallenden Flüssen mit; aber die.Periodizität der
Ebbe und Fluth scheint, gemäss den verschiedenen Oertlichkeiten, verschieden. In Para, und
am Ufer des Hauptstromes überhaupt, tritt die Springfluth kurze Zeit uach dem Durchgänge
des Mornles durch den Meridian ein. Am 27. Mai ging der Mmd eine Minute vor Mitternacht
durch den Meridian, und die Pororoca erschien bald nach Ein Uhr. Die Bewegungen im
Hauptsfrome äusserten. daher ihre Wirkungen auf einen sechszehn Legoas entfernten Punct in
der kurzen Zeit von einer Stunde. Die Einwirkung der Fluth des Para auf die. Gewässer des
Moju verhält sich anders; dort treten, die Erscheinungen später ein, als im Guamd, wahrscheinlich
in Folge des schwächeren Falls des Moju, und der grösseren Breite seiner Mündung,
welche mit der des Acard Zusammentritt. In Voll - und Neumond der Aequinoctien beobachtet
man das Hochwasser der Springfluth im Mojü bei Jacuarary, vier Legoas von der Hauptstadt,