lieh diese Würste mit der zähen Rinde junger Marantastengel, welche
viel Aehnlichkeit mit dem ostindischen Rotang (Stuhlrohr) zeigen. Dieser
Taback erhält sich so versendet Jahre lang mit trefflichem Gerüche.
Er ward bisher vorzugsweise in die Schnupftabacksfabriken von Portugal
geschickt. Die Einwohner des Estado pflegen auch ihre Cigarren
daraus, mittelst dünner Papierstreifen, zu bereiten. Am 12. Mitternachts
kamen wir bei der F illa de Serpa an, die auf einer der grösseren Inseln
zwischen dem Amazonas und den Bifurcationen des Sees von Sa-
raeä liegt. Der eisenschüssige, röthbraune Sandstein, welcher sich
hier mit Lagern eines gelben Thones etwa auf fünfundzwanzig Fuss,
eine in diesem Stromgebiete schon beträchtliche Höhe, erhebt, gab Veranlassung
zu dem Namen Ita coa tia ra , d. i. gemalter Stein, welchen
die Gegend in der Lingua geral führt. Wir fanden einen elenden, an
Menschen und Industrie gleich armen Ort von etwa einigen und zwanzig
Hütten. Alles zeigte hier den grössten Verfall an, eine Bemerkung,
welche dadurch mehr Bedeutung erhält, dass Serpa einer der ältesten
Orte der ganzen Provinz am Rio Negro ist v)? und sogar zur Zeit unserer
Anwesenheit noch Municipalort für den westlich gelegenen L u g a r da
F ortaleza da B a rra do R io N eg ro w a r, der noch keine eigene Mu-
*) Nach Monteiro (§.73.) waren die ersten Bewohner dieser Villa an dem Flusse Matauraf-
einem Confluenten des Madeira, angesiedelt, und von den Stämmen Ururiz und Apacaxiz. Wir
hörten übrigens noch die Aroaquis, Irijus und Tiaris nennen, welche beiden letztem von
dem Rio Puru hierher versetzt worden waren. Die Aroaquis, eine sehr zahlreiche Nation,
durch lang herabhängende durchbohrte Ohrlappen ausgezeichnet, und desshalb von den Portugiesen
Ordhudos genannt, waren früherhin weitverbreitet zwischen den'Flüssen Nhamundd und
Negro. An dem letzteren ist ein Theil derselben aldeirt worden, und in der Vermischung mit
den Uebrigen untergegangen. Die Mission da Conceiyäo, welche die Mercenarios mit ihnen
errichtet hatten, ist nach Ermordung des Missionärs ohne Spur verschwunden. (Monteiro <§• 74*)*
Die wenigen noch rohen Aroaquis, welche mir zu Gesichte kamen, hatten sich -in der Barra
do Bio Negro eingefunden, um Wachs und Federn zu vertauschen. Bibeiro (§. 9.) nennt, als
in Serpa angesiedelt, noch folgende, während der fünf Jahrzehnte, seit er schrieb, wahrscheinlich
fast ausgestorbene Horden: Sara, Bare, Arucore, Aponarid, Urupd, Jüma, Juqui, Cu-
ruaxid und Paraquis. Die Letzten, anfänglich am Vatuma ansässig,' schildert er als schöne
Leute, mit dem nationalen Abzeichen einer drei Finger breiten Lightar an den Füssen, wodurch
sie die Farbe ihrer Haut in eine hellere umzuwandeln versuchten. Wir sahen keine Spur mehr
nicipalität (Senado da Camara) bes&ss. Die wenigen hier . wohnenden
Indianer hatten alle Spuren ihrer verschiedenartigen Abkunft verloren,
und sprachen die allgemeine Sprache* Sie schienen ein träges, unempfindliches
Völkchen. Um so mehr musste uns eine junge ■ Indianerin
vom Stamme derPots.se' interessiren, welche vom Yupura, wie es schien,
als Sclavin, hierher gebracht worden war. Sie war das vollkommenste
Schwarzgesicht, welches wir bis jetzt gesehen hatten. Die Tatowirung
bildete eine halbe Ellipse, welche unter den Augen mit einem seichten
Bogen anfing, und sich, den grössten Theil der Wangen einnehmend,
bis in die Kinngrube verschmälerte. Die Nase war nicht tatowirt, die
langen, pechschwarzen Haare waren über die Stirne abgestutzt, und
auf dem Hinterkopfe mit einem breiten Bastbande zusammengezogen und
mit einem portugiesischen Kamme geziert (S. im Atlas die Figur „Passé“ ).
Die gutmüthige Naivität verlieh dem seltsam verunstalteten Gesichte einen
Ausdruck, der neben den hässlichen Zügen eines jungen, ebenfalls
gefangenen M tranha mit durchbohrten Nasenflügeln, doppelt interessant
erschien. Es lag etwas unendlich Rührendes in dem stummen Gebähr-
denspiele des so gänzlich verwaisten Naturmädchens. Auf der westlichen
Seite von Serpa erschienen die Ufer des Stromes meistentheils
in einer Höhe von zwölf Fuss, und die mächtige Wässerfluth des Jahrganges
hatte grosse Strecken verwüstet und frisch abgerissen. In einer
Mächtigkeit von sechs bis. acht Fuss bestehen sie aus Sand, mit etwas
Dammerde und Schlamm gemengt, darüber aus Thon von grauer, gelblicher
oder grünlicher Farbe. Unsere Indianer Hessen sich den letzteren
zu der Mandioccä und dem Pirarucüfisch schmecken, und wir hatten
von nun an oft die- Gelegenheit, uns zu überzeugen, dass der seltsame
Gebrauch des Erdeessens allen indianischen Anwohnern bekannt,1
wenn schon nicht von allen geübt sey. Ich zweifle nicht, dass das
Erdeessen aus einer dem Hunger zwar verwandten', jedoch nicht mit
ihm identischen Sensation hervorgehe. Unsere Indianer konnten uns auf
die Frage, warum sie ohne Mangel zweckmässiger und beliebter Speise
diesen feinen Thon gleichsam als Zuspeise verzehrten, keine andere
Antwort geben, als dass ein unbestimmtes Wohlbehagen erfolge, wenn