der Häuptling Boten in die Wälder, mit der Nachricht, dass Weisse angekommen
seyen, die Handel treiben, und besonders indianischen Schmuck,
Waffen und Geräthe eintauschen wollten. Diese Boten kamen jedoch mit
der Kunde zurück, dass sich ein Streit unter den Carapanä- Tapuäja
erhoben hätte, in dessen Folge Mehrere mit gespitzten Prügeln umge-
hracht worden seyen. Der Tubixava vernahm diess mit der grössten
Ruhe; aber nach einiger Zeit erhob er sich gravitätisch von seiner
Hangmatte und sagte: „Ich muss gehn und sehen, was geschieht; sie
sollen den Jöäo M a n o e l kennen lernen, er ist stark und ein wahrer
Teufel.“ Im Hofe ward nun lange, in halblautem Gespräche, wobei
eine grosse Cigarre von Mund zu Mund ging, Rath gehalten, und endlich
ein Zug in die Waldungen des Innern beschlossen. Der schlaue
Häuptling hatte aber hiebei noch einen andern Plan entworfen, den. er
geheim hielt, und mit seinen Leuten wahrscheinlich nur am Abend im
Walde berieth, wohin er sich plötzlich entfernte. Es war zu erwarten,
dass wir während seiner Abwesenheit hier weniger für unsere Zwecke
thun konnten; und da ich überdiess von Sehnsucht brannte, bis an den
Fall von Arara - Coara, gleichsam der natürlichen Grenze meiner Reise,
zu gelangen, so ward beschlossen, dass ich, während der Abwesenheit
des Tubixava dorthin reisen, Cap. Z a n y aber hier Zurückbleiben, das
sich Darbietende einsammeln, und ein neues Canot erbauen sollte, in
welchem wir die bis jetzt gemachten ansehnlichen Sammlungen und die
Menagerie von Affen und Vögeln verschiffen könnten. Vor unserer
Trennung wurden noch alle Indianer aufgeboten, einen grossen Stamm
der Jacare-üva (Kaimanholz, CalophyUum InophyUum) zu fallen, und in
den Hafen herabzuschaffen, um aus ihm den Nachen zu zimmern. Cap.
Z a n y liess ein Gerüste aus Balken errichten, auf denen der Stamm,
nachdem er der ganzen Länge nach in eine Spalte aufgehauen war,
wagerecht ruhte, damit er durch allmälige Feuerung von unten muldenförmig
ausgedehnt werden könnte. Wahrend dieser Voranstallen ward
auch für die Zubereitung von Mandioccamehl und Beijüs durch die Indianerinnen
gesorgt, denn unsere Vorräthe fingen an zu Ende zu gehen.
In der grossen offenen Hütte hinter der des Tubixava arbeitet^! diese
armen gutmüthigen Geschöpfe mit grösster Emsigkeit, und es schien,
als habe unser Besuch, der freilich Glasperlen und bunte Zeuge über
Verhoffen brachte, ihnen ein seltenes Glück bereitet. Schon vor
Sonnenaufgang kamen die alten Mütterchen mit Mandioccawurzeln aus
den Pflanzungen zurück, und Alt und Jung beeiferte sich, sie zu schälen,
zu reiben, auszupressen und auf den grossen Darröfen zu backen.
Unter den verschiedenen Instrumenten zum Reiben der Mandiocca fand
sich eines (Fig. 11. der „ind. Gerätschaften“ ) , dessen Gebrauch ich mir
verbat: ein Stück Holz, worin die Zähne erschlagener Feinde befestigt
waren, die also gleichsam noch dem Genüsse ihrer Sieger dienten. Das
Leben in einer solchen indianischen Garküche bietet die seltsamsten Anschauungen
dar. Der grösste Haufe kauert nackt umher, und arbeitet
schweigend mit Vollstem Ernste. Einzelne geben sich anderen Beschäftigungen
hin: dort malt eine Mutter die Augenlider ihres Säuglings,
hier kämmt eine Andere einen wilden Knaben, der sich von Zeit zu
Zeit warme Beijüs aus der Schüssel zu stehlen versucht, hier nimmt
eine Dritte statt des Kindes, das sie eben vermisst, einen kleinen Bar-
rigudoaffen an die Brust, eine Vierte spielt mit dem Coatäaffen, der
schlau, mit offenen Nüstern und mit erhobenem Schlingschweife, zwischen
dem Backheerd und den Feuerstellen einherschreitet, oder sie lehrt dem
Papagei sein heischeres iZarauä, Parauä. Von Zeit zu Zeit erscheint
ein Mann in der Küche; er tritt sachte zu dem Fleischgerichte im Topfe
und prüft mit dem Finger, ob es bald gar sey, oder er umschleicht
lüstern den Haufen der fertigen Beijüs und zerrt langsam, bis ein Theil
auf die Erde fallt; da kreischet das Weibervolk durch einander; aber
er geht, als höre er nichts, gravitätisch umher, bis die wohlwollendste
unter den Weibern Ruhe schafft, und dem Näscher einen Topf mit eingedicktem
Mandioccasafte und spanischem Pfeffer {Tucupy pixuna) vorsetzt
, worein er nun ungeheuere Lappen der zähen Beijüs tunkt, und
sprachlos sein Vormahl hält. — Die Hütten dieser Miranhas liegen weit
ab von einander durch den Wald, sind aber gross und geräumig, so
dass sie gewöhnlich mehrere Familien beherbergen können. Sie sind
viereckicht, mit einem Giebeldache, aus Balken und Latten leicht gern.
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