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sich schon in den letzten Tagen des Julius eingestellt, und wehte fast
ununterbrochen vom Morgen bis zehn Uhr, und von drei Uhr p. m.
bis spät in die Nacht. Es musste uns daher sehr daran gelegen seyn,
die Gunst dieses Windes, der bis zum Monate September oder October
anzuhalten pflegt, zu benutzen, und Dank der wohlwollenden Fürsorge
S; E. des Herrn Grafen von V illa F lo r , welcher ein königliches Fahrzeug
zu unserer Disposition stellte, und es im Arsenal unter unmittelbarer
Aufsicht des Intendanten, Senhor Joäo A ntonio R odriguez Martins,
für unsere speciellen Zwecke einrichten Hess, wir konnten- am
iS. August anfangen, es mit unsern Provisionen und übrigen, Effecten
zu beladen. Das für uns bestimmte Fahrzeug führte neunhundert-Arro-
bas, und war bedeutend kleiner, als die gewöhnlichen Handelscanoas,
welche Waaren aus dem Innern bringen und drei bis fünftausend Ar-
robas laden können. Es hatte ein, fast in der Höhe des Bordes befindliches.
Verdeck, welches längs den beiden vorderen Dritttheilen in
der Mitte mit starken Planken überwölbt, an der Seite aber wagrecht
erhöht war. Der Schiffsschnabel war mit eisernen Platten und einem
Castrol versehen, um als Küche zu dienen. Im Hintertheile der Canoa
war eine Cajüte, gross genug, um unseren beiden Hangmatten Raum
zu geben. Vor dieser kann in den Fahrzeugen gleicher Bauart ein niederer
Mast mit einem viereckigen Segel nach Belieben eingesteckt oder
niedergelegt werden. Das Steuerruder läuft in einem Verschlag durch die
Rückwand der Cajüte herab, auf deren Dach sich der Steuermann (Jacix-
maJxod) befindet. Die acht rudernden Indianer haben, vier auf jeder Seite,
ihren Platz auf dem wagerechten Rande der Ueberwölbung des Vorder-
theils; ihre langen Ruder sind in Schlingen von zähen Rankengewächsen
{Sipos) an senkrecht längs dem Verdeck herablaufenden Pfeilern
befestigt. Das Fahrzeug war mit einem Haupt - und einem Nothanker
versehen, wovon man jedoch nur in dem unteren Theile des Stromes
Gebrauch zu machen pflegt, indem die Befestigung an Bäumen des
Ufers sicherer ist. Die Mundvorräthe für die Equipage, welche in
zwanzig Körben mit Farinha d a g o a , dreissig Arrobas gesalzenem Pi-
t*arucü, einigen Fässern mit Zwieback, einem Fasse mit Zuckerbranntwein,
und sechs Könben mit Salz bestanden , wurden unter dem Decke
des Vordertheils untergebracht. Für uns selbst hatten wir Zwieback,
Mehl, Réis, Schinken, Wurste, Salzfleisch, Butter, Zucker, Caffe,
Thee, Wein, Branntwein, Arzneimittel, Munition eingeschifft, was Alles
in dem Raume unter der Cajüte verpackt werden konnte. Endlich
Versorgten wir uns mit einem grossen Fischernetze, und mit einer beträchtlichen
Quantität solcher Gegenstände, die uns für den Tausch mit
den Indianern empfohlen, worden waren, nämlich: Beile, Waldmesser,
Taschenmesser, Angeleisen, Nürnberger Spiegel, grobes, weisses und
blau und weissgestreiftes Baumwollenzeiig, Cattune, Glasperlen. Alle
diese Dinge wurden in einige starke, tragbare Koffer verschlossen, die
ebenfalls im Vördertheile des Schiffes Platz fanden. Da es in unserm
Plane liegen musste, nicht blos auf der gewöhnlichen Handelsstrasse des
Amazonas zu bleiben, sondern auch abgelegene, vielleicht unfreundlich
gesinnte Indianerhorden zu besuchen, so trug uns der Herr General-
Gouverneur selbst eine militärische Begleitung an. Dieses wohlwollende
Anerbieten benützten wir mit grossem Vergnügen, da S. E. uns auf
die Nothwendigkeit aufmerksam machte, durch diese Escorte sowohl
die dienenden Indianer in strenger Zucht zu halten, als auch den von
ihm ertheilten Befehlen Nachdruck zu ertheilen, in deren Folge die Orts-
Vörstände wo es nöthig wäre, uns mit neuer Rudermannschaft versehen
sollten.
Seit De la . C ondamine , dessen Reisebericht wir glücklicher Weise
erhalten hatten, war von Niemanden eine Nachricht über den König
der Ströme bekannt gemacht worden, die zu unsere Kenntniss gekommen
wäre; und wenn wir selbst hier, nächst der Mündung desselben,
fast jede Aufklärung vergeblich suchten, so mussten wir uns dem Gedanken
hingeben, als walte noch dasselbe feindselige Schicksal, welches
die erste ausführliche Nachricht , über ihn fast ein halbes Jahrhundert
der Wissbegierde Europa's entzogen hatte. Bekanntlich war nämlich
schon im Jahre 1641 A ounna’s Descubrim iento d el gra n R io d e las
Amazonas zu Madrid erschienen, aber durch die eifersüchtige Politik