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(5.) Ueber einige in dem Garten zu Para cultivirte ausländische Gewächse, glauben wir
unsern Lesern die folgende Bemerkungen .mittheilen zu müss.en. Der Pfefferstrauch, P im en -
t e i r a da I n d ia (Piper nigrum, L.), ward bereits durch die Jesuiten aus Timor und'Macao
nach Brasilien eingeführt, und wir haben (II. S. 655*) der ältesten Pflanzung erwähnt; welche
sich im Garten des Leprosenhauses zu Bahia befindet. Er pflanzt sich durch Saamen, und
vorzüglich leicht durch Stecklinge fort, die man einen halben bis' ganzen Fuss lang, mit drei
bis vier Knoten versehen, zu nehmen.und senkrecht einzHpflanzen pflegt. Ein kräftiger, eisenschüssiger
, vom Unkraute fleissig gereinigter Thöxibodeh ist ihm besonders günstig. -.Der
Strauch rankt gleich dem Epheu, indem er sich mittelst kléiner Luftwurzeln und verschlingender
Aeste an die Unterlage befestigt. Für letztere ward von Cayenne aus der Benbaum (Hype-
ranthera Moringa, Fahl.) empfohlen, welcher viele horizontale Aeste ausbréitèt, und, wenn
man ihn durch Aushauen der Krone nicht über zwölf Fuss hoch wachsen lässt, den Rankën des
Pfefferstrauches eine für ihr Wachsthum, wie für das Einsammeln der reifen Früchte zweckmässige,
pyramidale Stütze darbietet. Solche Pyramiden werden acht bis zwölf Fuss weit auseinander
gepflanzt. Auch den Calabassen - (Crescentia Cujète, L.) und Gojaven - (Psidium pomi-
ferum L.) Baum, oder die Poinciana pulcherrimd, welche iri Ostindien besonders häufig als
Stütze benutzt wird, habe ich zu diesem Zwecke verwendet gesehen. Im dritten Jahre liefern
die Ranken bereits eine Lese. Die reifen Beeren gleichen an Farbe und Grösse denen unseres
Spargels; man wartet aber gewöhnlich nicht, bis alle vollkommen reif geworden, weil sie dann
sehr leicht abfallen; sondern begnügt sich, wenn die Mehrzahl der Beeren gelb geworden. Die
fleischige Rinde wird durch sorgfältiges Trocknen in Sieben, die man der Sonne aussetzt, glänzend
schwarz. Weisser Pfeffer wird bereitet, wenn man das Fleisch mittelst Wassers abreibt,
und' die Saamen im Schatten trocknen lässt. -— Bei weitem grössere Schwierigkeiten bietet die
Cultur des Muscatnussbaumes, M u s .c a d e ir a , dar. Diese Pflanze ward gleichzeitig durch Luiz
de Abreu -, welcher im Jahre 1809 mit zweihundert portugiesischen Kriegsgefangenen aus Isle
de France zurückkehrte, nach Rio de Janeiro und durch M anoel M arques (in drei Individuen)
nach Para eingeführt. Der Baum liesssich bisher nur wenig-vermehren, und lieferte stets nur
einige wenige Früchte, welche das ganze Jahr hindurch zur Reife gelangen. Alles diess scheint
anzudeuten, dass dieser edle Baum, der bekanntlich selbst in seinem Vaterlande, den Molücken,
sorgfältige Pflege erfährt , hier bis jetzt noch jeeine vollkommen zusagenden Culturverhältnisse
gefunden habe. In jedem Falle verlangt er ein kräftiges, lockeres, an Thon und Humus reiches,
dabei nicht allzufeuchtes Erdreich, und Schutz vor den heissesten Sonnenstrahlen. Die
männlichen Stämmchenglühten in Para zuerst im. fünften, das weibliche im sechsten Jahre.
Man hat sie furch Stecklinge und Saamen fortgepflanzt. Die Saamen, welche ich sah, waren
rund, und gehörten also der ächten Art (Myristica moschata, L.) an. — Eine reichliche Ernte
liefern dagegen alljährlich, vom Julius bis Ende Öctober, die Gewürznelkenbäume, G i r o f l e i r
o s , (Caryophyllus aroniaticaL.), denen das Klima von Rio de Janeiro weniger günstig scheint,
als das von Para. Mehrere Reihen dieser schönen, in dichtbelaubten Pyramiden aufstrebenden,
Bäume erquicken das Auge durch ihr prächtiges Grün und die zarten Sterne weisser Blüthchen,
den Geruch durch ihr -sanftes Arom. Die Lese muss erfolgen, bevor sich die'Blumenblätter
zum Aufbruche lösen, was durch die schön rothe Färbung der Kelche angedeutet wird. Man
hat sie durch Saamen und Absenker vervielfältigt. — Besonders merkwürdig war mir die ausserordentliche
Höhe, zu welcher sich mehrere B rodfruchtbäume (Artocarpus incisa, Sol.), die
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ebenfalls aus ...Cayenne ëingeführt worden waren, binnen zehn Jahrerl ferhobeii hatten. Diese
schönen und nützlichen Gewächse glichen an Stärke des Stammes und Ausdehnung der Krone
einem hundertjährigen Cästanienstamme. Sie tragen hier im Garten häufigere und bessere Früchte,
als' in den Anlagen rückwärts von der Stadt, wo der Boden wahrscheinlich zu feucht für sie ist.
Man vervielfältigt sie mit Leichtigkeit durch Abreisser. —1 Der Caramböl - und Bilimbi-Baum
CAverrhoa Cardrtibola und A. Bilimbi, L .,) deren fünfeckige, Beerenfrüchte sich durch
eine angenehme Säure zu-Beigemüss in Suppen oder zu Confituren- und kühlenden Getränken
empfehlen, werden ohne Mühe aus dem Saameii gezogen. — Der Bennussbaum (Aleurites mo-
luccana, Juss.) liefert viele Saamen, aus denen ein fettes, leicht trocknendes Oel geschlagen
werden kann. Doch werden sie bis, jetzt weder dazu noch als Purganz, worin sie mit dem
Saamen der Andd überein kommen, ■ angewendet. —- Neben allen diesen Bäumen zeigte man
mir einen andern, dessen Name verloren gegangen war, und dér noch nicht geblüht hatte. Ich
erkannte in ihm diè Èuphoria Litchi, Commers. — Die Fortpflanzung des Campherbaumes
(Laurus Camphora, L .) , für den das hiesige Clima wahrscheinlich zu heiss ist, war durch Ableger
vergeblich versucht worden. — Die Pflanzung des Zimmtbaums, C a n e l le i r a , (Laurus
Cinnamomuni, L.) ist nächst der Fazenda Ollafia, eine halbe Stunde nördlich von der Stadt,
in einer niedrigen Gegend, unmittelbar am Strome angelegt worden. Der Boden ist schwer,
thónreich, ziemlich feucht, und gerade sö hoch gelegen, Um bei dem Austritte der Hochwasser
nicht überschwemmt zu werden. In einem Zeiträume von sechs bis sieben Jahren hatten die
Zimmtbäumchen, etwa achthundert an der Zah l, eine Höhe von sechs bis acht Fuss erreicht,
und waren theilweise bereits benutzt worden. Man hatte sie aus Saaiüen und aus Stecklingen
gezogen, welche letzteren ein bis zwei Puss lang und von der Dicke eines Fingers in feuchtes
Erdreich gesteckt werden, wo sie ohne Schwierigkeit Wurzel treiben. Die Bäume Steher^, in
Reihen, acht bis zehn Fuss weit von einander entfernt, und wérden sorgfältig von Unkraut
rein gehalten. Zum Schälen der Stämme und Aeste bedient man sich feines starken und sfchar-
fen Messers, und eines glatten Holzstabes, womit die aufgeschnittene Rinde vom Stamme getrennt
wird. Die abgeschältfln Stücke werden durch Schaben mit einem Messer ihrer Oberhaut
und der äussem grünen Rindenlage beraubt, welche kein Aroma, sondern einen adstrin-
girend bitterlichen Geschmack besitzen. Die Procedur, sie einen halben Tag lang in Kalkwasser
zu maceriren, um das flüchtige Oel und das Harz der innem Rinde mehr zu fixirén, wird,
so wie in Indien, auch hier bisweilen angewendet, doch hielt sife unser Freund Dr. L acerda
nicht für nöthig, sobald man nur die Trocknung in der Sonne schnell und sorgfältig vornehmen
liess. Der Zimmt von Para, kommt in Farbe der ostindischen Mittelsorte gleich. Sein Arom ist
schwächer und der Antheil an Schleim viel beträchtlicher, der Geschmack daherdem der CasSia lig-
nea ähnlich. Immer aber ist dieser Zimmt noch besser als der, welcher von alten Zimmtbäumen
in der Nähe von Rio de Janeiro gesammelt, neuerlich in den Handel gekommen i.st. Das Klima
der letztem Stadt scheint weniger als das von Para das Gedeihen jener edlen Drogue zu begünstigen.
Dort hat man übrigens schon- zu Ende des vorigen Jahrhunderts von Seiten des
Magistrats der Cultur des Zimmtbaumes Aufmerksamkeit geschenkt, und es ist darüber folgende
Schrift von B ernardino Antonio Gömes erschienen: Memoria sobre a Canella do Rio de Janeiro,
offerecida ao Principe do Brazil, pelo Senado daCamara da mesma Cidade, 110 Arino de 1798-
Rio de Janeiro 1809. 8-
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