wald bedeckt ist, wegen Mangels an Nahrung und vieler wilden Thiere,
fast unmöglich; es sey denn, dass man sich bequeme, das Rindvieh immer
im Pferche zu halten, und mit geschrottenem Mais und angepflanztem
Grase zu füttern, eine Landwirtschaft die gegenwärtig mit den
Ansichten und dem Temperamente der Ansiedler unverträglich scheint.
W ir durften daher diesen Ort nicht verlassen, ohne Provisionen frischen
Fleisches eingesalzt zu haben. Das Rindvieh ist von Monte Alegre und
Oitero hierher gebracht worden. Es ist von einem kräftigen Schlage,
vermehrt sich aber nicht sehr schnell, wovon der Mangel guter Weide
während der trocknen Monate und die Verfolgungen der Fledermäuse
die Schuld tragen. Diese Thiere sind auch hier eine der grössten Land-
Plagen. Die geselligen Arten *) leben nicht blos in den Dächern der
Häuser und unter dem Gesteine der Hochufer, sondern auch auf den
Bäumen in der Nähe des Stroms, von denen wir sie bisweilen zu fuss-
langen Ballen versammelt herabhängen sahen. Die Villa geniesst übrigens
ein sehr angenehmes und gesundes Klima. Der Horizont soll nicht
so häufig und dicht um wölkt seyn, als diess in Para der Fall ist, und
die Hitze des Tages wird durch Gewitter abgekühlt, welche sich meistens
in Ost und Nordost zusammenziehen'und ausser vielen elektrischen
Entladungen auch gewöhnlich von starkem Winde aus jenen Weltgegenden
begleitet sind. Während der trocknen Monate, besonders von
Juli bis September, weht der Ostwind fast jeden Vormittag längs dem
Strome herauf. Das Wasser des Tapajöz ist gesund, kann aber auch
durch das einiger Quellen ersetzt werden, die aus dem thonigen Hochufer
desselben hervorbrechen. Man kennt hier keine endemische Krankheit;
allein die Blattern und Masern richten von Zeit zu Zeit grosse
Verheerungen unter den Bewohnern, namentlich den Indianern, an.
Von dem Kirchthurme der Villa aus hatten wir eine weite Aussicht
über das Land um uns. Der Tapajöz zieht durch eine Gegend
hin, deren Niedrigkeit und Fläche zu beurtheilen einzelne ungeheure *)
*) Es sind: Thyroptera tricolor, Spix Sim. et Vesp. t. 36. f. 9. und Probosddea rivalis, Spix.
Die grossen Vampyre sind nicht häufig.
Bäume dienen können, welche sich hie und da aus dem Urwalde erheben.
Einige Stunden landeinwärts in S. und S. O. bemerkt man einen
Zug niedriger , dicht bewaldeter Berge. Die Ufer des Tapajöz
selbst fangen im Süden der Villa an, steiler und höher zu werden.
Grösstentheils aus rothem Letten bestehend, werden sie vom Regen
und Hochwasser in der Art zerklüftet und abgespült, dass .sie hie und
da als steile Kegel oder unter der Form natürlicher Wälle hervortreten.
So sind sie eine halbe Legoa oberhalb der Villa, deren Ansicht
im Atlas mitgetheilt worden. Die Gebirgsformation ist auch hier, wie
in Gurupä und Para, ein rother oder leberbrauner Sandstein, der sich
hie und da als Sandeisensteinbreccie darstellt. Die Meinung, dass schon
wenige Tagereisen am Strome aufwärts Goldformation herrsche, ist unter
den Einwohnern von Santarem allgemein. Man zeigte uns auch
dichte Schwefelkiese, die man unterhalb der Katarakten, an einem
Orte, den die Indianer Taguba- coara nennen, gefunden und für silberhaltig
angesehen hatte. D e l a C ond a m in e bemerkt, dass man hier am
leichtesten jene grünen, unter dem Namen der Amazonensteine oder
Pierres divines bekannten , Steine erhalten könne. In dieser Absicht besuchten
wir die meisten Hütten der Indianer, welche tiefer am Strome
als die Häuser der weissen Indianer die Anlage eines besonderen Quartiers
darbieten; allein unsere Nachfragen waren fruchtlos. Die Vegetation
stellt hier, eben so wie am Ufer des Xingu, kein reines Bild
der Flora des Amazonas dar, sondern enthält mancherlei, den südlicheren
Gegenden vorzugsweise angehörige Formen. In der Nähe der Villa
bemerkt man niedrige, dichtbelaubte Bäume und eine Flur von steifen,
langbehaarten Gräsern des Campo agreste, gleich denen in Piauhy. Tiefer
landeinwärts ist Alles mit hoher Urwaldung bedeckt. Der allgemeine
Charakter, wodurch sich die Vegetation in der Nähe von Santarem
von der des Amazonas unterscheidet, ist eben der Inbegriff aller derjenigen
Eigenschaften, die wir früher in der Flora des Hochlandes von
Mittelbrasilien bemerkt hatten: niedrigere, stärker verästelte Bäume,
kleinere, härtere, öfter behaarte Blätter, zahlreichere und häufiger
wohlriechende Blumen, endlich ein Uebergewicht an Gräsern, Kräutern
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