nannte, wann ich ihn dort treffen würde. Seine Privatwohnung
kannte sie nicht und glaubte, dass er gar keine habe. Als ich
nach einigen Tagen zu der bezeichneten Stunde wiederkam,
deutete man mir eine Halle an , wo der etwas verwüstet aussehende
Herr Professor auf einem erhöhten Sitze an der Erde
lag und einige Dutzend Mönche zu unterrichten schien, die
lässigen und langweiligen Aussehens mit ihren Palmbtichern
vor ihm sassen. Vielleicht waren es solche, die einen Extra-
Cursus nehmen mussten, um sich auf das Examen vorzubereiten.
Bei meinem Eintritt richtete der Lehrer mühsam seinen vom
Nachtwachen einer oder der ändern Art schweren, Kopf vom
Kissen auf, begriff aber bald meinen Zweck, da ich durch
meine vielen Besuche in den Klöstern unter den Mönchen eine
bekannte Persönlichkeit geworden war. Er war nicht ohne
Talent, wie ich aus seinen Antworten auf die vorgelegten
Fragen bald erkannte, und nannte mir die Titel von Commen-
taren , die er zu einigen Stücken des Abhidhamma verfasst
hatte. Eines derselben handelte unter dem Titel Phra-Phothi-
pakkhiyatham-Panya über die Srattba, Sati-Phara, Prieja-Phara,
Samathi-Phara, Panja-Phara. Er hatte früher als Mönch in dem
Kloster Bakang gelebt, war aber dann in das bürgerliche
Leben der Krahat (Laien) zurückgetreten und erwarb sich
jetz t seinen Lebensunterhalt mit Stundengeben. Ein grösser
Theil der Nongsü samret genannten Fächer, die der siamesischen
Uebersetzung des Pali-Textes Erklärungen zufügen,
wurde unter der verflossenen Regierung durch den Achan Xuh
angefertigt. Jetzt ist einer der thätigsten Schriftsteller der
Achan Ohn, der vom Kalahom als Erzieher seiner Kinder en-
gagirt ist.
Wenn ich die Gespräche mit den Mönchen auf Buddhagosa
leitete, wurden Nachfragen über dieselben oft kurz damit abgeschnitten,
dass der. König nicht von demselben zu hören
liebe und deshalb dieses Thema besser nicht berührt würde.
Der König tadele die Predigten über Phra-Phutta-Khosa in dem
unverständlichen Jargon der Khek von Langka. Das könne
auch ein Knabe, wenn er die Phrasen auswendig gelernt habe,
ein Priester aber müsse so zu seiner Gemeinde reden, dass ihn
Jedermann verstehen könne. Sein Namensvetter Pythagoras aus
Samos theilte dasselbe Schicksal im Abendland, wo die Kritik
ebenfalls seine schwankende Figur möglichst vermied und den
Hieros Logos bei Seite schob.
Unter den vielen Frauen *) des Königs sind nur vier legitim,
und sollten auch nur deren Söhne bei den Nachfolgen berücksichtigt
werden; die Sprossen des fürstlichen Hauses erhalten
einen dem Grade der Verwandtschaft entsprechenden Gehalt,
der in den entfernteren Gliedern sich mehr und mehr vermindert,
bis er zuletzt ganz aulhört; die desselben Verlustigen treten
dann in die grosse Masse des Volkes zurück, empfangen
aber gewöhnlich von den ihre Abkunft kennenden Nachbarn noch
eine Art Huldigungszoll, bis dann in späteren Generationen
auch jede Erinnerung verloren geht. Eine dieser gefallenen Grössen,
noch Khun oder Baron titulirt, bewohnte in der Nähe meines
Landlogis (bei Herrn Chandler) ein ziemlich grosses, aber
kümmerlich erhaltenes Haus, das in einem grossen Garten lag
und bei dem verfallenen Zustand der Wege und Bewässerungskanäle
nur mit Mühe erreicht werden konnte. Er war über
manche Sache weit besser unterrichtet, als die grosse Menge der
Siamesen, und erwarb sich seinen Lebensunterhalt durch Anfertigung
von Gelegenheitsgedichten, oder dass er Dramen bühnengerecht
machte. Mancherlei Luxusgegenstände, die zerbrochen
und beschmutzt umherlagen, deuteten auf bessere Tage, und er
erzählte mir, dass er früher alles umliegende Land als sein
Eigenthum besessen, aber durch verschiedene Unglücksfälle ein
Stück nach dem ändern verloren habe. Seine nächsten Verwandten
wohnten in vier oder fünf Häusern um ihn herum und betrachteten
ihn noch immer als das Haupt der Familie. Einer
seiner Brüder arbeitete als Zimmermann auf unsermHofe, wenn
es dort zu thun gab. Dieser Königsspross war schwammig und
*) Wie die Könige von Dahomey das Monopol aller Frauen im Lande haben,
so galt (nach Marco Polo) dies Begal auch in Cyamba : Sachiez que en ce règne
nulle femme ne se puet marier se li roys ne l’a yeue devant et se elle lui plaist
il la prent à femme et se elle ne lui plaist, il lui donne du sien, tant que elle
se puisse marier.