rigen Station zurück, für den Fall, dass es dort gestohlen sein
sollte.
Mit der frühesten Dämmerung aufbrechend, passirten wir
einige Dörfer, deren Häuser zum Theil auf schwimmende Flösse
im Wasser gebaut waren, dann ölfnete sich eine fruchtbare
Ebene, aus der eine Menge von Pagodenspitzen hervorblickten,
und bald darauf liefen wir in Ayuthia ein, d. h. die neuerdings
so genannte Stadt , die in kurzer Entfernung von den Ruinen
der hochberühmten Hauptstadt des alten Siam gebaut ist.' Die
Stadt ist sehr volkreich und nimmt nicht nur auf dem festen
Lande eine ziemliche Ausdehnung ein, sondern besetzt auch die
beiden Seiten des Flusses mit schwimmenden Häusern, besonders
Verkaufsläden, auf deren Strasse eine Unzahl kleiner Böte
hin und her schiessen. Bald ist es die geschmückte Gondel des
vornehmen Siamesen, der sich fortrudern lässt, bald der mit
Früchten oder aufgestapelten Porzellanwaaren gefüllte Kahn
des Kaufmanns, der seine Waaren ausbietet, bald das Boot des
einfachen Bürgers', der seine Geschäfte besorgt, oder das von
ihr selbst gesteuerte Boot der Hausfrau, die auf den Markt
geht, oder die kleine Nussschale, in der sich der Schulknabe
zum Kloster rudert, das Mädchen ihre Freundin besucht. Und
dann bricht sich dazwischen wieder ein langes Kriegsboot Bahn,
das, im eintönigen Rudertact fortgestossen, Regierungsdepeschen
besorgt, erscheinen besonders des Morgens beim Bettelgang
oder der Bettelfahrt die sorgsam erhaltenen Fahrzeuge der
Mönche, die von ihren Schülern gerudert und von den Vor-
beipassirenden mit demüthigen Gesten begrtisst werden, bewegt
sich schwerfällig ein vollbepacktes Reiseboot seinem Bestimmungsort
entgegen, schwankt eine Djonke am Anker, die
von Bangkok aus so weit den Fluss heraufgefahren ist.
Der Gouverneur der Stadt war am Hofe abwesend; sein
Stellvertreter aber führte mich auf einem schmalen, aus Mauersteinen
aufgeführten Pfade von dem sumpfigen Landungsplatz
nach einem Hause; das er für meinen Aufenthalt ausräumen
liess. Er schickte mir dahin ein Geschenk an Früchten, und
Abends kam sein jüngster Sohn mit seinem Erzieher, um mich
zu besuchen und sich an meinen Siebensachen zu ergötzen. Er
war fünf Jahre alt, und seine einzige Bekleidung bestand in
¡ g i l b e r r i n g e n , er an den Knöcheln trug. Sein ältester Bruder
I
siebenzehn Jahre alt, studirte seit fünf Jahren in einem Kloster
zu Bangkok, und der zweite, dreizehn Jahre alt, der noch
den Kopfknoten trug, sollte in die Schule geschickt werden,
sobald die in wenigen Wochen bevorstehende Ceremonie des
Bcherens vollzogen sei. Auf meinen ausgesprochenen Wunsch,
die alte Stadt zu sehen, erklärte der Vice-Gouverneur, dass er
nicht aus eigener Machtvollkommenheit solche Erlaubniss geben
könne, sondern sich erst mit den anderen Beamten berathen
müsse. Es sei ganz ohne Präcedenzfall, dass ein Europäer für
[solche Zwecke den Fluss herabgekommen sei, die Besucher
wären immer nur von Bangkok her bei ihnen angelangt und
hätten dann Consularpässe gebracht, damit ihnen die gewünschte
¡Unterstützung gewährt werde. Meine Erwiederung, dass die
■von Molmein mitgebrachten Papiere gleichfalls um solche Unterstützung
nachsuchten, wollte ihm nicht einleuchten, und merkte
ich wohl, dass ich mir auf Führer keine grosse Hoffnung machen
dürfe. Ich beschloss deshalb, lieber die Sache nicht weiter zu
urgiren, um nicht vielleicht ein directes Verbot hervorzurufen,
und am nächsten Morgen früh auf eigene Hand zu handeln,
bhe man mir ein solches zukommen lassen könnte.
Die Gründung Ayuthias wird auf eine Einwanderung der
Laos zurückgeführt. Der Ahnherr # der Lao war von einem
Phusa (Jujubenbaum) geboren unter dem Ñamen LavaChangka,
und von ihm wurde sein Geschlecht (Nang) Lao genannt, während
es früher Thai nüa (die Thai des Nordens) geheissen hatte,
im Gegensatz zu den südlichen Siamesen oder Thaitai. LavaChangka
hatte; zwei Söhne, Lao-Khob und Lao-Sang, und von
ihren Nachkommen wurde Mangrai wegen seiner Schönheit von
dem Volke des Landes zum König erwählt und gründete die
Stadt Xiengmai, sein Reich durch die Eroberung Lamphum's
vergrössernd. Der erste Gründer der Stadt Lamphum war von
¡ einer Hirschkuh geboren, die durch das Lecken eines von einem
Rüsi (Einsiedler) bewässerten Steines schwanger geworden war.
Als in späteren Zeiten das Reich unter eingebrochenen Unglücksfällen
zu Grunde zu gehen drohte, wandten sich die Einwohner