Eintritt in Siam.
legenen Klosterhofes und liess durch einen Boten meine Briefe und
Papiere an den Gouverneur oder (da mir dessen zeitweilige Abwesenheit
schon mitgetheilt war) seinen Stellvertreter Überbringern Bald
darauf erschien der Sohn des Gouverneurs, der mich willkommen
hiess und ausserhalb der Stadt nach einem weiten Klostergarten
brachte, dem gegenüber ein reinliches und geräumiges Bambu-
haus stand, das er mir zur .Wohnung während meines Aufenthaltes
anwies. Bald fanden sich verschiedene Behörden ein, um
ihre Aufwartung zu machen, .Mönche kamen aus ihren Zellen
herbei, und ein Haufe Neugieriger belagerte die Thür. Unter
den Frauen bemerkte ich ausser der gewöhnlichen Haartracht
eine kammartige Frisur auf dem Hinterkopfe. Die Karen wui-
den abbezahlt und zeigten sich sehr überrascht und verlegen,
als ich noch einige kleine Geschenke über den stipulirten Preis
hinzufügte. Der Vormanu erklärte, dieselben nicht annehmen zu
können, da sie schon im Voraus berechnet hätten, wie, viel auf
jeden Kopf kommen und sich mit einer neuen Theilung nur unlösbare
Schwierigkeiten bereiten würden. Die Siamesen konnten
sie nicht genug ü b e r. diese Scrupel auslachen und wunderten
sich besonders, als ich dem Cornac des fortgetriebenen Elephan-
ten iür seinen Schrecken eine Vergütung gab, da sie meinten?
hätte ihm vielmehr den Werth der durch seine Unvorsichtigkeit
verlorenen Gegenstände an der Gage abziehen sollen.
Rahein schien eine lebendige und betriebsame Stadt zu
sein. Ich hatte im Vorbeigehen viele Schiffe auf den Werften
gesehen, theils halbfertige, theils alte zum Ausbessern. Einige
der Strassen bildeten eine unterbrochene Reihe von Buden, die
grösseren Häuser (oft mit spitzem Dach) lagen meist in einem
Hofe, zwischen den Nebengebäuden. Beim Besuchen des Klosters
fand ich an dem das Hauptbild enthaltendem Steingebäude,
das von mehreren kleinen Götzentempeln umgeben war, Frauen
am Eingang sitzen, um Blumen und Buntpapier zu verkaufen.
Als Geld wurden ausser dem gewöhnlichen siamesischen kleine Poi-
zellanstttcke mit chinesischen Charakteren verwandt, y ie ganzen
Zugehörigkeiten des Klosters wurden von einer Steinmauer
umschlossen, in die von der Strassenseite enge Thtiren führten.
Vorbeigehende brachten mit zusammengelegten Händen Ver-
Raliein. 18
■ ehrung, und wenn sie einen Priester draussen stehen sahen,
■ knieten sie vor ihm nieder. Auf den hohen Glockenthurm ftthr-
■ ten steile Treppen. Da der Garten unmittelbar an den Menam-
l 1 Fluss stiess, so hatten die Priester sich dort einen bequemen
I Badeplatz zubereitet, den auch ich in der Abendkühle benutzte.
[ Beim Nachhausekommen fand ich die Zahl meiner Kranken
I durch den Koch und den Dolmetscher vermehrt. Der siamesische
i Name Rahein, oder eigentlicher Raheng, wird von den Birmanen,
I die r und y verwechseln; Yahein gesprochen, während die Laos,
[ die‘ statt r nur 1 kennen, Lahein sagen.
Meine ersten Tage in Raheng gingen mit den Berathungen
i darüber hin, ob die von mir beabsichtigte Reise nach Bangkok
I zulässig sei, denn der Gouverneur (sowie vor seiner Rückkehr
■ schon der Stellvertreter) bestand darauf, dass nach dem Ver-
■ trage Siam nur von Bangkok aus betreten werden dürfe und
I Niemand im Lande ohne einen Pass des dortigen Consuls reisen
»könne. Meine Einwendungen, dass die an diesen,Consul gerich-
I teten Papiere des englischen Statthalters von Molmein als gleich-
K bedeutend angesehen werden dürften, wollten sie nicht gelten las-
I sen. Doch wurden meine in Birmanischem ausgestellten Pässe in’s
I Siamesische übersetzt und wiederholentlich geprüft. Der Gou-
» verneur sehlüg dann vor, dieselben nach Bangkok zu senden,
1 um von dort die Antwort abzuwarten, gab indess schliesslich
K nach, als er mich zu solchem Aufenthalt abgeneigt fand und
I ich Versuche machte, ohne seine Unterstützung auf eigenes Ri-
I sico abzureison.
Ich hatte anfangs mit dem Stadtrichter verhandelt, dem
■ meine Begleiter noch den birmanischen Titel Sekay gaben, war
I aber bei der Rückkehr des Gouverneurs demselben vorgestellt
■ worden. Eine vorgerückte Nachmittagsstunde war für die Zu-
I sammenkunft bestimmt, und der Richter begleitete mich zu dem-
I selben. Die Residenz bestand in jenem Conglomérat grösser und
! kleiner Gebäude von Höfen umschlossen, wie man sie durchweg
I in Indien .mit einem bezeichnendem Worte Compound (von dem
I Malayisehèn Kampong) nennt. Die Mitte nahm das Wohnhaus
■ ein, eine von umlaufender Veranda umgebene Halle, an deren
B Seiten sich die Eingänge zu den kleineren Privatzimmern des