die Reliquien oder Mahathat einschliessend, die in einem Kasten
jährlich hei den Festlichkeiten des sechsten Monats den frommen
Pilgern exhibirt werden, nachdem der vergoldete Deckel
des Sathub abgehoben ist. In den um den Phrachedi aussen
herlaufenden Hallen sind priesterliche Figuren in betender Stellung
an die Wände gesetzt, und von den Ecken derselben steigen
die Dreizacken tragenden Kegel an der Spitze (Jot) der
Phra Prang oder Phra Pasat auf. Die Form der Pagode, wie
sie von Buddha angeordnet wurde, ist der Phra Chedi oder
Phra Sathub. Der Phra P ran g , sagen die Siamesen, ist von
den Brahmanen genommen, um den Sivalüngk vorzustellen. Die
grosse Menge von priesterlichen Figuren, die in unterbrochenen
Reihen neben einander den centralen Tempel häufig umgehen,
sollen die dritte Person der Trinität oder Phra Sangkha darstellen,
nach der siamesischen Erklärung von Biet Kan oder
dicht mit dem Körper zusammengedrängt, als Alles erfüllend.
Die sitzenden Buddhas, die den Yat Pho an den vier Seiten
umgeben, haben die linke Hand (mit der Fläche nach oben)
in den Schooss gelegt und die rech te'(m it der Fläche abwärts)
auf das rechte Knie. In den Nischen, die an den vier Cardinalpunkten
zurücktreten, finden sich gewöhnlich drei oder vier
sitzende Figuren zusammen, die beide Hände in den Schooss
gelegt haben, die rechte (mit der Fläche nach oben) auf die
offene linke. Dann geht die Reihe der Buddhas weiter bis zur
nächsten Nische, nur in der Mitte jedesmal durch die einführende
Thür unterbrochen. An dem Hauptthore steht eine Riesengestalt,
die die Hand in verbietender Stellung erhebt. In eine
der Seitencapellen war hinter der sich über Buddha wölbenden
Schlange ein künstlicher Baum gestellt.
Als Ausbund tiefster Religionskenntniss war mir der Abt
des Yat Rakang oder Glockenklosters, Achan To mit Namen,
gerühmt, und ich benutzte deshalb die erste freie Zeit, mich
demselben vorzustellen. Er empfing mich indess sehr zurückhaltend,
und konnte ich aus seinen wenig freundlichen Mienen
bald abnehmen, dass dieser alte Herr zu der streng conserva-
tiven Parthei gehöre, die die Fremden und ihre reformatorischen
Ideen gern wieder zum Lande hinaus hätte. Ehe wir noch viel
über die ersten Complimente hinausgekommen waren, hatte er
Gelegenheit gefunden, in eins der hinteren Privatgemächer seines
Hauses zu verschwinden, und kam auch nicht wieder zum
Vorschein. Statt seiner schickte er seinen Lieblingsschüler, um
mit mir die Discussionspunkte zu erörtern. Mit diesem, der
anfangs freundlich und bereitwillig auf meine Fragen einging,
entspann sich bald ein lebhaftes Gespräch; da ich aber manche
der schwierigsten Punkte gerade für diesen Besuch aufgespart
hatte, fand ich meinen Collocutor bald so verwirrt und beschämt
über die nachgewiesenen Widersprüche und die Unmöglichkeiten,
sie zu vereinbaren> dass ich ihn vor den Ohren seines wahrscheinlich
hinter der Bretterwand lauschenden Lehrers nicht
weiter in die Enge treiben wollte und mich mit Durchsicht
einiger aus der Bibliothek gebrachten Bücher begnügte. Ich
vereinbarte die Abschrift einiger derselben, um einen Vorwand
zum Wiederkommen zu haben, wurde aber auch dann nicht in
die Gegenwart des Allerheiligsten zugelassen und musste zurückkehren,
ohne das Weisheitsorakel gehört zu haben, obwohl
ich meinen Besuch, so lange es schicklicher Weise möglich war,
verlängert hatte.
Einige Wochen darauf liess mich Herr Alabaster, der erste
Secretär der englischen Gesandtschaft, wissen, dass der Phra-
Klang oder Finanzminister uns zu einem Feste eingel iden habe,
das Abends in seiner Wohnung stattfinden würde. Wir fanden
dort Alles reichgeschmückt und eine auserwählte Gesellschaft
versammelt, unter der sich auch eine Anzahl von Mönchen befand.
Einige berühmte Prediger traten Einer nach dem Ändern
auf, um eine Ansprache an die Versammlung zu halten, und unter
ihnen zuletzt auch mein Freund aus dem Kloster Rakang. Er
feierte in pompösen Ausdrücken die Erhabenheit des wahren
Glaubens, die tiefe Weisheit der Buddhen, die Unergrtindlich-
keit der von ihnen gelehrten Geheimnisse und spielte dann auf
die fremdländischen Barbaren an , die in’s Land kämen und
meinten, dass dieser kostbare Born des Wissens auch ihnen zugängig
sei. Die Thoren! Wie können sie hoffen, dass ihr blödes
Auge, ihr nicht durch die Mönchsweihe, nicht durch die
Stille des Klosterlebens nach einsamer Meditation vorbereitetes
B a s t i a n , R eise in Siam. I I I . ^