Allmälig trafen die Karen mit den verlangten Elepkanten
ein und schlugen ausserhalb des Dorfes im Dickicht ihr Lager
auf. Es waren reine Kinder des Waldes, freie und offene Gesichter,
auf denen nur noch die Scheu vor all’ dem Fremdartigen,
das sie um sich sahen, mit völlig vertrauensvoller Hingabe
kämpfte. Ohne Geräusch und Lärm verrichteten sie die
ihnen obliegenden Geschäfte und sassen dann still um ihr Feuer
nieder, lautlos die hölzernen Pfeifen rauchend oder sich in stillem
Flüstern unterhaltend. Der siamesische Beamte schien grosse
Stücke auf sie zu halten. Er wiederholte mir immer au fs Neue,
dass sie die zuverlässigsten und ehrlichsten Menschen auf dem
Erdboden wären, und legte mir dringend an’s Herz, doch ja
nicht ihr Zutrauen zu täuschen und ihnen in Rahein den vollen
bedingten Lohn ohne Abkürzungen auszuzahlen. Aus seinen
Reden liess sich leicht ersehen, wie häufig Bedrückungen dieses
armen und. vertheidigungslosen Stammes Vorkommen möchten.
Auf seinen Wunsch, gleich die ganze Summe im Voraus zu zahlen,
konnte ich, als zu sehr gegen die ersten Grundsätze der
Reisepraxis verstossend, nicht eingehen, versicherte ihm aber,
dass von einem Europäer keine Uebervörtheilungen zu fürchten
sein würden, wenn die engagirten Leute richtig das eingegangene
Uebereinkommen erfüllten. Der Miethpreis für die Ele-
phanten war ein sehr mässiger, während man mich in Kaukarit
anfangs mit dem zehnfachen Betrage hatte prellen wollen und
erst nachgab, als ich Bekanntschaft mit der normalen Taxe
zeigte, über die ich mich im Voraus hatte unterrichten lassen.
Ueberhaupt that es g u t, zu beobachten, wie wohlwollend der
siamesische Edelmann diese sonst vogelfreien Karen behandelte,
von denen die Birmanen fast nie ohne einen Anflug vo:i Hohn
oder Verachtung reden.
Diese Grenz-Karen waren eine kleine, fast diminutive Race,
obwohl sich das nicht als der durchgehende Grundzug des ganzen
Stammes ansehen lässt, da ich unter den Karen der nördlichen
Berge in Tongu auch ziemlich kolossale Gestalten bemerkt
habe. Ihr an den runden Kopf angedrUcktes Gesicht
unterscheidet sich von dem aus dem Groben gearbeiteten des
siamesischen Schädels, der gewöhnlich nach vorn überschwankt,
als ob zu dick und schwer für den Nacken.' Dadurch, verbunden
mit den krummen und im Verhältniss zum Oberkörper
kurzen Beinen, sowie den langen Armen, erhält der ganze Habitus
der Siamesen etwas Affenartiges, das noch durch die weit
auf die Stirn herabgehende Behaarung vermehrt wird. Der
Ausdruck trägt das chinesisch-mongolische Gepräge, während
bei den Birmanen mitunter schon die scharfgeschnittenen Linien
des indischen Typus hervortreten. Die weissere Hautfarbe der
Karen (wenigstens der hier besprochenen Abtheilung derselben)
ist wahrscheinlich ihrem steten Aufenthalte in feuchten Waldungen
zuzuschreiben, wie auch die Bewohner des von üppiger
Vegetation strotzenden Siam eine hellere Färbung zeigen, als
die Birmanen, die besonders in den oberen Provinzen schattenlose
Ebenen oder spärlich belaubte Berge bewohnen.
Am 25. November war Alles so weit in Ordnung gebracht,
dass wir yier Elephanten bepacken und uns von dem freundlichen
Siamesen, der uns seinen Rath und seine Segenswünsche
mit auf den Weg gab, verabschieden konnten. Auf dem Halse
jedes der Gepäck- oder Reit-Elephänten sass ein Karen als Cor-
nac, der das Thier mehr durch Worte und Zeichen, als durch
die Stösse seines Hammers lenkte. Wir folgten einem ziemlich
breiten Pfade durch offenen Wald, anfangs eben und flach, dann
wellig gehoben, bis zu der Elephantenfurth des Flusses Mailmont,
wo der Uebergang bewerkstelligt wurde. Am ändern
Ufer veränderte sich die Scene. Ein schmaler, enger Weg,
kaum breit genug für die Füsse der Elephanten, führte an dem
Abhange der schroffen Flussbank auf und ab und kreuzte den
in kurzen Windungen geschlängelten Strom bald nach der einen,
bald nach der ändern Seite, wohl ein Dutzend mal im Laufe
des Vormittages. Die Fussgänger durften die tiefe Fu rth , wo
wir mit den Elephanten passirt hatten, nicht riskiren und brachen
sich mühsam einen Weg durch den verschlungenen Wald,
um unser Zurückkommen nach ihrer Uferseite zu erwarten. Sie
verfehlten dabei die richtige Stelle des Zusammentreffens und
konnten nur nach längerem Suchen, in dem ich selbst die zurückgelassenen
Elephanten in dem Dickicht aus dem Gesicht
verlor, wieder aufgefunden werden. Um ähnliche Accidente