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 Der  Gouverneur  in  Rahein  hatte  sich  aller  Wahrscheinlichkeit  
 nach meinem  unabhängigen  Reisen  besonders  deshalb  entgegengesetzt, 
   weil  e r,  als  ohne  Präcedenzfall,  ungewiss  war,  wie  er  
 sich  bei  der  ganzen  Sache  zu  benehmen  habe..  E r  mochte  es  
 deshalb  für  das  Sicherste  halten,  mich  als  eine  Art  Staatsgefangenen  
 mit  Regierungsbooten  nach  Bangkok  zu  expedirem  
 damit  dort  weiter  entschieden werden  möge. 
 Die  Pfeiler  der  Hglle,  in  der  wir  auf  einem  Teppiche  beisammen  
 sassen,  waren  mit  Schnitzereien  verziert,  und  zwischen  
 der mittleren,  über  dem  Prunksitz  des  Gouverneurs,  waren Bänder  
 im  Viereck  gezogen  uncL Papierblätter  daran  gehängt  mit  
 magischen  Zeichen  und  Quadraten,  die  von  Priestern  geweiht  
 waren.  Der  Fürst  war  mit  vieler  Eleganz  gekleidet  und  trug  
 einen  reich  verzierten  Gürtel  mit  Juwelen  besetzt.  Er  erzählte  
 mir,  dass  die  alte  Stadt  Nakhonsavan,  die  in-  der  siamesischen  
 Geschichte  eine  Rolle  spielt,  weiter  im  Innern  läge,  wo  sich  
 noch  die Spuren  ihrer Wälle  verfolgen Hessen;  die  jetzige Stadt,  
 die  Quartiere  auf  beiden  Seiten  des  Flusses  zusammen  genommen, 
   mit  Einschluss  von  sechs  Dörfern,  zähle  2400  Häuser. 
 Hinsichtlich  des  Boots  schien  wieder  einige  Noth,  da  der  
 Gouverneur  mir  rie th ,  um  keinen  Aufenthalt  zu  haben,  lieber  
 das mitgebrachte  zu  bewahren;  doch  musste  es  erst  durch  richtige  
 Vertheilung  der  Ladung  gerade  gerichtet  und  ausgebessert  
 werden,  da  es  am  letzten  Tage  stark  geleckt  und  viel  Wasser  
 gemacht  hatte.  Während  des  Gesprächs  waren  bedeckte Speiseschüsseln  
 hereingebracht  und  auf einer Platform, mit  zwei Stühlen  
 davor,  angerichtet  worden;  der  Gouverneur  setzte  sich  auf  den  
 niedrigeren  der  beiden  und  unterstützte  mich  im  Essen,  indem  
 er  das  gesottene  Huhn  mit  seinen  Händen  für  meinen  Teller  
 zerriss,  die  hartgekochten  Eier  öffnete  und  um  die  Erlaubniss  
 bat,  mir den gelben  Dotter in den Mund  stecken  zu  dürfen.  Auch  
 fischte  er  mit  chinesischen Uhopstic  allerlei  fette Bissen  aus den  
 mysteriösen  Saucen  und  Ragouts  heraus,  um  mir  dieselben vorzulegen  
 und  geeignetster  Beachtung  zu  empfehlen.  Der  Dolmetscher  
 und Capitän  des  Boots wurden  unterdess  an  einem  ändern  
 Tische  tractirt.  Nach  dem  Händewaschen  kehrten  wir 
 K u   dem  Teppichsitz  zurück,  wo  Kuchen  und  Früchte  servirt  
 ■wurden,  sowie  kleine  Schalen  mit  Thee.  Nachdem  ich  mich  
 K o n   dem  Gouverneur,  der  noch  dieselbe Nacht  abzureisen  beabs 
 ic h tig te ,  verabschiedet  hatte,  tra f  ich  auf  dem  Rückweg  nach  
 ■dem  Boote  ein  Kloster,  das  ich  zum  Besuche  des  Abts  betrat,  
 ■aber  hörte,  dass  er  für  Meditation  nach  den  Wald  gezogen  sei.  
 ■Einer  der Mönche  zeigte  mir  die  Abschrift  der Vinay  auf  Palm-  
 ■blätter  in  schnörkeligen  Pali-Buchstaben,  deren  Alphabet  ich  
 ■niederschreiben  Hess.  Einige  Knaben  der  Klosterschule  fand  
 B c h   in  einem  Zickzackbuch  mit  siamesischer  Schrift  lesen,  und  
 ■lernen sie  überhaupt  zuerst  das  siamesische Buchstabir- und Lese-  
 ■buch,  ehe  sie  an  das  Pali  gehen.  In  dem  Tempel,  über  dessen  
 ■Thür  Götterfiguren  zwischen  Arabesken  ausgehauen waren,  sass  
 ■ v o r  der  grossen  Figur  Buddha’s  eine  andere  im  königlichen  
 ■Schmuck,  und  Rahanta  mit  ausgestreckten  Händen  standen  da- 
 ■  neben.  Ueber  der  Kanzel  in  der  Tempelhalle  hingen  Papier-  
 ■streifen,  bemalt  und  beschrieben,  von  der  Decke  herab.  Von 
 ■  hohen  Pfeilern  im eingehegten  Hofe  wehten  ausgezackte Papier-  
 ■wimpel.  Die  meisten der kleineren  Pagoden  trugen  hohe Spitzen,  
 ■ ic h   verbrachte  die  Nacht  im  Boot,  wohin  der  Gouverneur  Ge-  
 ■schenke  von  Eiern  und  Bananen  vorausgesandt  hatte.  Am  an- 
 ■  dern  Morgen  früh  brachen  wir  auf,  mit  demselben  Boot,  aber  
 ■neu  ausgehobener Mannschaft;  Niedrige  Hügel  zeigten  sich  in  
 ■ d e r   Entfernung,  als  wir  am Kloster  (Vat)  des  Dorfes Bam-Thra 
 anlängten.  Am  Ufer  standen  kleine  Pagoden  mit  schlanker  
 Thurmspitze,  und  von  hohen  Pfosten,  mit  Vogelbildern*)  geschmückt, 
   wehten  Flaggen  aus  leichtem  Holz,  während  an  anderen  
 breite  Papierstreifen  flatterten.  In  einem  Bambu-Gebäude  
 sass  auf  niedrigem  Piedestal  eine  Büddhafigur,  und  daneben 
 *)  Nach  der  Voluspae  erweckt  der  goldflammige  Hahn  die  Helden.  Fiun 
 ■  Magnusen  -vergleicht  den  Eddischen  Hahn  Vidhofnir,  der  auf Mimameidhr  sitzt, 
 ■  mit  den  Hähnen,  die  auf Maibäume  gesteckt  zu  werden  pflegen.  Grimm  lässt 
 ■  es  ungewiss,  wann  die  Hähne  auf  Kirchthürmeu  eingefuhrt  wurden;  doch  erzählt  
 ■Eckehard  beim  Einbruch  der  Ungarn,  dass  ein  zum  Glockenthurm  hinaufgestie- 
 ■  gener  Räuber,  als  er  mit  der  Lanze  nach  dem  goldenen  Hahn  stiess  (deum  loci 
 ■  sic  -vocatnm),  herabstürzte  und  umkam.