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 die  Leichenfeierlichkeiten  beendet  waren,  erhob  sich  im  Palast  
 die  Todtenklage  über  eine  neue  Leiche. 
 Als  sich  der Abend  näherte,  wurden' brennende Kerzen  und  
 Räucherwerk  unter  die Freunde  des Verstorbenen  vertheilt.  Der  
 König  stieg dann zu  der Plateforme  hinauf,  auf  der  die mit  brennenden  
 Stoffen  gefüllte  Urne  stand,  und  zündete  sie  unter  Einfallen  
 der Instrumentalmusik  an.  Als  der König  zurückgetreten  
 war,  folgte  die  ganze  Schaar der Verwandten  und  Freunde,  die 
 Einer  nach  dem  Ändern  bei der  Leiche  vörbeigingen  und  ihre 
 brennenden Lichter  dem Scheiterhaufen  zufügten.  Die Flammen  
 züngelten  zwischen  dem‘eisernen  Gitter  empor,  das  die  Urne  
 umgab,  und  ein  dichter  Qualm  erhob  sich  aus  dem  dort  aufgehäuften  
 Weihrauch  und  Sandelholz.  Die  Anzündung  heisst:  
 Thavai  Phra  Phlöng  oder  Darbringung  dem  Feuergott*)  (auch  
 als Phra  Fai  verehrt).  Nachdem  die Verwandten  und  vornehmsten  
 Freunde  ihre  letzte Pflicht  erfüllt  hatten,  wurde  der  ganze  
 Haushalt  des  verstorbenen  Prinzen,  seine  Angestellten,  seine  
 Diener  und  Sklaven,  hereingelassen,  Alle  das  Haupt  abrasirt  
 und  weissgekleidet.  Dann  folgte  ein  langer  Zug  in  weisse Gewänder  
 gehüllter Frauen,  gleichfalls  mit  geschorenem  Kopf**).  
 Es  waren  die  Gattinnen  des Verstorbenen  nebst  ihren  Begleiterinnen  
 und  Sklavinnen,  und  unter  nur  halb  unterdrücktem  
 Schluchzen  und  Seufzen,  mit rothgeweinten Augen  drängten  sie 
 sich  rasch  durch  die  Menge der Zuschauer  hin,  -  um  in  einen 
 hinter  dem Katafalk  gelegenen Raum  einzugehen,  aus  dem  bald  
 ein  herzzerreissendes  Stöhnen  und  Klagen  hervordrang.  Als  
 wir,  um  heimzukehren,  die  Verbrennungsscene  verliessen,  sah  
 ich  an  der Aussenthür  eine  altersschwache Frau  stehen,  mit  ge*) 
   Nach  Kan-Lten-I-Chi  verehrte  man  in  Indien  nnd  Persien  Ho-Shin  als  
 Gott  des  Feners.  Nach Medhurst  wird  der  höchste  Gott  anf Bali  als Brahma  oder  
 Feuergott  angebetet. 
 **)  Das  Kahlscheeren  um  den  gestorbenen  Bacchus  wurde  ein  Zeichen  der  
 Trauer  für  jeden  Verstorbenen,  deren  heidnische  Sitte  Moses  den  Israeliten  verbot  
 (s. Nork).  Die  Griechen  und  Römer  weihten  für  die  Todten  eine  abgeschnittene  
 Locke  den  unterirdischen  Göttern. 
 schorenem  Kopfe  und  weissen  Kleidern,  wie  die  übrigen  Leidtragenden. 
   Sie  weinte  auf das Bitterlichste,  ein Bild  tiefgefühlten  
 Jammers,  und  deckte  mit  der  einen  Hand  ihr  Gesicht,  während  
 sie  an  der  ändern  ein  niedliches Kind hielt,  das  mit  seinen  
 klaren  hübschen Augen  fragend und  halb  lächelnd  zu  ihr hinaufsah, 
   da  es  in  seiner Unschuld  den  Schmerz  nicht  verstand,  der  
 seiner  dem  Grabe  nahen  Grossmutter  vielleicht  um  seinetwillen  
 Thränen  ausdrückte,  weil  ihr  letzter  und  einziger  Beschützer  
 dahingegangen  war. 
 Die  mit  der  Leichenfeier  verbundenen  Maskenspiele  erinnern  
 an  die  mittelalterlichen  Fugillatores  (fugillare  id  'est:  
 ignem  de  petra  fugillo  extrahere),  wie  die  Geistlichen  verboten  
 (bei  Du  Cange):  nefanda  et  ridiculosa,  vetulas,  aut  cervulos  
 aut  Jotticos'.  Bei  den  gothischen  Spielen  in  Byzanz  während  
 der  zwölf Nächte  (s.  Stritter)  kehrt  bei  der  Erwähnung  Assyriens  
 der  Ruf  Nana  wieder,  in  welchem  sich  die  phönizische  
 Naturgöttin  zur  Zeit  der Maccabäer,  und  (nach  Movers)  unter  
 den  Sassaniden,  mit Baldr’s  auf  seinem Scheiterhaufen  verbrannten  
 Gattin  in  dem  griechischen  Trauergesang  Nänia  mischte.  
 Auch  Odysseus  hiess  chtonisch  Nanos  als  Pygmäe. 
 Die  Verwandten  eines  Dahingeschiedenen  bereiten  dessen  
 Lieblingsspeisen  und  bringen  sie  den Priestern  zum Uthit  (tham  
 bu  song  uthith)  dar,  d.  h.  als  eine  Opfergabe,  deren  Verdienst  
 auch  dem Verstorbenen*)  (wie in den  katholischen Todtenmessen  
 für  ihre  Seelen)  zu  Gute  kommt. 
 Beim  Darbringen  von  Opfergaben  schlagen  die  Siamesen  
 erst  an  eine Gong,  um  dem Gotte  (wenn  er  vielleicht,  wie  Beelzebub, 
   schlafen  oder auf Reisen  sein  sollte) Nachricht  zu  geben. 
 *)  Die  Chinesen  verbrennen  Flittergold,  aus  Papier  verfertigte  Möbeln  und  
 andere  Gerätschaften  für  ihre  abgeschiedenen,Verwandten  in  der  ändern  Welt,  
 wo  die  symbolischen  Nachahmungen  sich  in  die  Wirklichkeit  des  Beabsichtigten  
 verwandeln.  Sie  schicken  es  selbst  schon  hei  Lebzeiten  in’s  Jenseits  voraus,  und  
 Doolittle  hörte  erzählen,  wie  eine  alte  Dame  im  Tempel  Tai-Sang  dreissig  Koffer  
 Gepäck  verbrennen  liess,  um  sie  bei  dem  Gotte  der  siebenten  Höllenregion  für  
 ihre  spätere Ankunft  zu  deponiren.  Die  chinesischen  Pilger  sahen  noch  den Eindruck  
 von  Buddha’s  Schatten,  während  nach  den  Pythagoräern  (bei  Plutarch)  das  
 Schattenreich  schattenlos  war. 
 Ba s t i a n ,   Reise  ln  Slam.  IIL  21