Ein kleines Kloster, aber neu und nett, war der Vat Dokmai
(das Blumenkloster), dessen Abt für einen grossen Gelehrten
g a lt, und da er gern seinen Ruf erhalten hätte, sich stets
bemühte, keine der an ihn gestellten Fragen unbeantwortet
zu lassen.
Einen steiferen Empfang fand ich im Vat Mahathat (das
Kloster der Hauptreliquien) bei einem der dortigen Professoren,
der mir gleichfalls seiner Kenntnisse wegen empfohlen war.
Ich hielt die einmal eingeleitete Bekanntschaft für einige Zeit
fest, merkte aber bald, dass das rüekhaltsvolle Schweigen gute
Gründe hatte und durch das Brechen desselben nichts gewonnen
werden würde. Bei einem meiner Besuche war gerade grosse
Abfütterung im Kloster, und sah man in allen Zellen der
Mönchsstadt die frommen Laien mit ihren Familien sitzen und
warten, bis der heilige Empfänger die mit- Herablassung accep-
tirten Gerichte zu verzehren geruht haben würde. Dies Kloster
gilt für eins der ältesten in Bangkok und soll schon vor der
Erbauung der Stadt auf seinem jetzigen Platze gestanden haben.
In der Nähe meiner Wohnung, am äussersten Ende der Vorstadt,
lag zwischen verwilderten Pflanzungen ein kleines Kloster,
wo ich periodisch eine Visite abstattete, um die in der Zwischenzeit
niedergelegten Opfergaben zu examiniren; der Vorsteher
war indess ein mürrischer Brummbär^ mit dem sich
nicht viel aufstecken liess. In den brakfälligen Zellen rekelten
ein paar dicke Bauernlümmel, frisch vom Dorfe, für die die
Essenz des Buddhismus, wie man sah und roch, in stinkender
Faulheit bestand.
In Vat Phra Surivong (das Kloster des Sonnengeschlechts)
residirte unter dem Ehrentitel eines Somdet-Chao der Geistliche,
der seit dem Ableben des Patriarchen dessen Stelle versah,
indem er die nächsthohe Würde an der Kirche bekleidete.
Eine ehrwürdige, liebevolle Erscheinung war dieser hochbejahrte,
aber dennoch rüstige Greis, der den weiten Weg nach meiner
ausserhalb der Stadt gelegenen Wohnung nicht scheute, um
sich mehrere Male dorthin rudern zu lassen und seine Wissbegierde
zu befriedigen. So oft ich in seiner Nähe war, versäumte
ich nicht, ein Gleiches zu thun, und nahm stets werthvolle Belehrung
aus seinen Zusammenkünften mit mir fort. Aus der
Zeit der Missionäre Gützlaff und Abel fanden sich in der
Bibliothek einige europäische Bücher. Die Pagode war in der
Reparatur begriffen, und auch der Klostergarten war nicht in
dem besten Zustande der Erhaltung, muss aber ursprünglich
mit grossen Kosten angelegt sein, da er noch jetzt ein höchst
wunderliches Gemisch von Grotten, Höhlen, Brücken, künstlichen
Hügeln, Figurennischen, Gängen, Tunneln und Schluchten bildete
in siamesisch-chinesischem Geschmack. Einige der Capellen
und Tempel waren mit vieler Kunst verziert, doch denken die
Buddhisten selten an Conservirung dessen, was sie einst zur
Erwerbung von Verdienst aufgebaut haben. Nur die Steinbrücken,
Taphan-Xang genannt, weil stark genug, um einen
Elepbanten zu tragen, waren noch unversehrt. Bei einem meiner
Besuche an einem Feiertage, wurde die Thür der Bethalle um
zwei Uhr geöffnet, und versammelten sich dort unter dem Läuten
der Glocken die aus ihren Zellen herbeieilenden Mönche, um
sich in Paaren gegenseitig Beichte abzulegen, worauf sie brennende
Kerzen vor den Bildern aufsteckten.
In dem Abt des Klosters Borommanivat hatte ich meinen
liebsten Bekannten gefunden, einen ächten Jünger des Buddhismus,
ganz von dem-wohlwollenden Geist seiner reinen Lehre
durchdrungen, und habe ich manchen Nachmittag in seiner
ruhigen Zelle verbracht, bis uns das Abenddunkel überraschte
und die einbrechende Dämmerung meine Aufzeichnungen unterbrach.
Mein Freund war mit den philosophischen Definitionen
wohl vertraut, und war der Verfasser grammatischer Abhandlungen,
deren letzte unter dem Titel Aksaranit herausgegeben
war. Ich fand ihn bei meinen Besuchen meistens in einem abgelegenen
Theile des weiten Parkgartens, neben einem niedrigen
Steinhäuschen, dessen Thür eine Inschrift der viereckigen
Pali-Buchstaben (Charaktere der Mon oder Peguer genannt) trug.
Neben der centralen Pagode führt eine reich mit Elfenbein eingelegte
Thür in eine niedrige Kellernische im Innern des Phra
Chedi, und im Hintergründe sitzt unter einem Terrassenschirm
eine Figur Buddha’s. An der Rückseite derselben erhebt sich
in kegelig gewundener Spitze eine Dagobe oder Phra Sathub,