sichtlich der Endworte gilt die Regel, dass sie in der ersten
Linie zu der Klasse hoher oder mittlerer Betonung gehören
müssen. Die Reime werden in mannigfachen Kreuzungen vertheilt.
In dem Nongsü-ahn enthält jede Linie durchschnittlich
10 Worte, für den declamatorischen Fall der Stimme, der
nicht mit der an die Bedeutung geknüpften Tonhöhe interferiren
darf. Die Pathu genannten Verse wiederholen in Abkürzung
das in demVorgehenden Gesagte. Die von Sri Mangkhalachan
in Xiengmai verfassten Bücher, die Vuttho betitelt sind, handeln
von Versen und melodischen Verbindungen der Buchstaben,
wobei sich die Vuttho-thay speciell auf die Eigentümlichkeiten
der siamesischen Sprache beziehen.
Ein Laos aus Viengchang gab folgendes Liebeslied:
„Hör, theures Mädchen, o hör’! Wie schmachte ich nach
dif» sehnsüchtig und heiss bewegt nach deiner Umarmung verlangend.
^ Wozu die Scheu, wo feurige Liebe drängt. Wenn wir
aus traulichem Beisammensein uns erheben, wirst du den ver-
süssten Reis der Reue essen. Auch dein älterer Bruder wird
essen. Wir werden uns damit sättigen, und dann ist Alles .ge-
büsst, dann bleiben wir stets vereint.“
In siamesischen Liebesliedern wird der geliebte Gegenstand
oft als eine Person mit zwei Fleischarten gepriesen (Khon nüa
song ni), ein Epithet, durch welches man die leicht gebräunte
Farbe bezeichnen will, die den Teint eines zarten Mädchens
überbreitet, wenn dieselbe nach langem Aufenthalt in den
Frauenzimmern zum ersten Male ihre feine weisse Haut der
Luft und Sonne aussetzt.
Ein anderes Lied des weissen Laos (aus den Nongsü lehn
mohn) ist folgendes:
„0, du, der schwellenden Lotus gleich, dem ruhigen, stillen
See, du gleich dem bräutlichen Festeskranz, dem prunkenden
Königsboote gleich, das, strahlend von der Herren und Krieger
Glanz, des Blumenschmuckes Fülle trägt. Du, die kein Name
genügend preist, o komm, du Langersehnte, komm. Blumen zu
pflücken, wandert der Bruder umher, Blumen dem Engel (The-
phada) darzubringen. Wirst du nicht Theil zu nehmen wünschen,
seine Arbeit theilen? Fern bist du geboren, fern in Myang Ho
(an der Grenze Junan’s ), du hier so allein, dein Bruder sah
das Licht in Myang Thai (Siam), lass denn uns Beide, die
weite Entfernung tiberwindend, ein Herz und eine Seele sein,
zusammenlebend. Du zögerst noch, du schwankest? Ich stehe
hier ein schmachtender Brunnen, und warum denn, doch kommt
das Wasser nicht zu mir herabgeflossen, meine heissen Wünsche
zu stillen? Ah, du bist zu kostbar, zu edel für einen Armen
und Elenden, gleich deinem älteren Bruder h ie r ! Nur die Augen
mögen auf dich blicken, aber für jede Andere ist mir die Hoffnung
todt. Vergebens meine trügerischen Pläne, dich als Gattin
heimzuführen. Zurückgestossen und verachtet werde ich in
die Finsterniss hinauswandern, auch das Licht der Sterne fliehen,
zu vergessen, dass du mich hassest. Die aus früheren Verdiensten
herführenden Wege unserer Geschicke scheiden sich
weit von einander, sie werden nie Zusammentreffen. Wie wäre
eine Vereinigung denkbar zwischen dir, so klar und so rein,
wie des Stromes spiegelndes Wasser, und mir, dem erbärmlichen
und jämmerlichen Wichte. Du so edelgeboren und stolz, ich
arm und gemein. Der Wahrsager mag entscheiden, wie daraus
ein Paar werden kann. Dann erst werde ich deine Gesinnung
kennen.“
„Erhabene Phum-Narin, erhabener Kinara, ihr, o ihr Herren!
habt kein Erbarmen für den Elenden, kein Erbarmen für mich.
Fort zog mein Bruder, getrennt von meinem Bruder, wehe mir
armen und einsamen Manne. Herrin Phum-Narin, Herr Kinara,
endlos ist mein Kummer, und naht sich kein Trost. Schwer ist
die Last zu tragen, die Erinnerung an die fernen' Freunde und
Lieben, schwer für den armen, den einsamen Mann.“
(Ein Phleng-Song oder Heimathslied.)
Phum-Narin sind die Weibchen, Kinara die Männchen der
Kinaret genannten Flügelwesen.
Phleng Chak (Abschiedslieder).
„Ach, über das Unglück, aus früheren Sünden her treffend.
Der jüngere Bruder hat den älteren Bruder zu verlassen, er
muss Abschied nehmen. An ihn, den geliebten Bruder, denkend,
fliessen die Thränen (Nam tai oder Wasser der Augen). 0 der