
 
        
         
		darauf  Netzfischer,  die  einen  so  reichen  Fang  gethan  hatten,  
 dass  sie  uns  auf  unser  Verlangen  das  ganze  Boot  voll  Fische  
 schütteten,  ohne  Bezahlung  dafür  annehmen  zu  wollen.  Die  
 grösseren  Gattungen  von  Fischen  warfen  sie  alle  in’s  Wasser  
 zurück,  da  sie  giftig  wären*)  und  nicht  gegessen  werden  dürften. 
   Wir  legten  dann  am  nächsten  Dorfe  Brankün  an,  und  
 während  das  Frühstück  bereitet  wurde,  streifte  ich  in  der  Umgegend  
 umher  und  tra f  abseits  vom  Wege  einen  Dämonen-  
 Tempel,  wo  an  bestimmten  Tagen,  wie  mir  gesagt  wurde,  die  
 Dorfbewohner  durch  Tanzen  und  Opfergaben  ihre  Verehrung  
 darbrächten.  Diese  mit  viereckigen Frangen-Tüchern  rother und  
 weisser  Farbe  umhangene  Structur  bestand  in  zwei  aus  Bambu  
 gefertigten  Terrassen,  die  von  einem  Dache  bedeckt  waren.  In  
 der  oberen  Etage  waren  auf  drei  P lan k en ,  drei  Figuren  mit  
 königlichen  Emblemen  geschnitzt,  die  mir  als  Chao  Songkai,  
 Chao  Hongkong  und  Chao  Po  bezeichnet  wurden.  Das  eine  
 Bild,  die  Beine  über  einander  geschlagen,  war  mit einer  spitzen  
 Kopfbedeckung  geschmückt,  das  andere,  in  tanzender  Stellung,  
 trug  Lotus  und  andere  Blumen  in  seinen  Händen,  das  dritte,  
 mit  geflügelter  Kopfbedeckung,  hielt  eine  Muschel  und  hatte  
 den  einen  Fuss  nach  hinten  zurückgestossen.  Zwischen  ihnen  
 lehnten  Holzknüppel,  die,  wie  die  Eingeborenen  auf  meine  
 Frage  behaupteten,  Blumen-Bäume  vorstellen  sollten,  die  aber  
 zu  deutlich  ihre  Natur  als  Lingam  verriethen,  als  dass ich  mich  
 damit  zufrieden  geben  konnte.  Ich  erfuhr  dann,;  dass  diese  
 Stöcke Nak-Mai (Frauen  der Nak  oder  Nat**)  genannt  wurden,  
 aus  einer  Art  Geschlechtsverwandlung,  da  die  Nat  beim  Volke  
 als  weiblich  betrachtet  werden.  An  den  Füssen  der  Capelle  
 war  ein  kleiner  Holz-Elephant  gesetzt  von  einem  Kranken,  der  
 dadurch  den  Dämon  bitten  liess,  dieses  edle  Thier  statt  ihn  zu 
 *)  Doch  geschieht  dies  auch  als  Abschlagszahlung  für  die  im  Fischfänge  begangene  
 Siinde.  Verdienstsuchende  kaufen  oft Fische  los,  um  sie  wieder  in  Freiheit  
 zu  setzen,  wie  Pythagoras  auf  der  Reise  von  Sybaris  nach  Kroton;  und  dasselbe  
 wird  von  dem  ersten  der  Buddhistischen  Missionäre  unter  den  Buräten  
 erzählt  am  Ufer  der  Selenga. 
 **)  Der  ganze  Hofhalt  Jndra’s  wird  mit  dem  Collectivnaraen  Nataki  bezeichnet, 
 Ressen.  Diese  drei  Dämonen  bilden  die  Schutzgottheit  des  Dor-  
 Rfes  und  eine  Cicerone  fügte  hinzu,  dass,  wenn  ein  Fürst  oder  
 ■grösser  Herr  in  zorniger  Aufwallung  stürbei,  er  sich  in  einen 
 ■  D ä m o n   verwandle  und  zumProtector  auserwählt  werden  könne,  
 ft Die Seelen  der  guten  Schamanen  empfangen  in Sibirien  weniger 
 ■  Verehrung,  als  die  der  bösen,  die  schaden  können.  Das  Grab  
 1   der  Madame  Todd  (Frau  eines  Missionärs  in  Mandura),  die 
 1833  gestorben  war  und  bei  den  Eingeborenen  in guter  Erinnerung  
 stand,  fand man  1853  mit  Oel  bestrichen  und  mit Lampen  
 behängt,  da  es  in  eine  heilige  Opferstätte  verwandelt  war,  wo  
 Gelübde  abgelegt  und  Wunder  geschahen  (nach  Taylor).  Ein  
 Missionär  in  Tinnevelly  erzählt,  wie  ein  Engländer,  ein  höchst  
 gottloser Mensch,  nach  seinem Tode  von  den  Shanärs  angebetet  
 wurde,  weil  diese  fürchteten,  dass  seine  Seele  sich  in  einen  
 Dämon  verwandeln  möge  und  sie  quälen. 
 Am Nachmittage passirten wir  den Einfluss *)  des Pitsanulok-  
 Flusses  in  den  Menam,  und  vor  dem  auf  der  vorspringenden  
 Landzunge  gebauten  Zollhause  lagen  eine  Menge  grössere  und  
 kleinere  Schilfe,  die  dort  ihre  Papiere  revidiren  lassen  und  die  
 ft Steuer  von  ihrer  Fra cht  entrichten  mussten.  Die  Ufer  zeigten  
 weiterhin  eine  röthliche  Färbung,  und  Abends  langten  wir  in  
 Nakkonsavan,  einer  neuen Wechselstation  an.  Ich  schickte  sogleich  
 zum  Gouverneur,  der  mich  zu  sich  nach  seinem  Hause  
 einladen  liess,  und  mir  dort  mittheilte,  dass  er  schon  vor  zwei  
 Tagen  auf  dem  Punkt  gewesen,  nach  Bangkok  zu  reisen,  
 wo  der  König  die  Kopfscherung  eines  seiner  Prinzen  feierlich  
 zu  begehen  beabsichtige  und  dazu  alle  höheren  Beamten  
 längs  des  Flusses  zu  sich  entboten  habe.  Eben  vor  der  
 Abfahrt  habe  er  aber  durch  einen  Eilboten  die  bevorstehende  
 Ankunft  des  hohen  Fremden  erfahren  und  deshalb  dieselbe  bis  
 jetzt aufgeschoben,  um dem König  sogleich  die direetesten  Nachrichten  
 bringen  zu  können.  So  sah  ic h . mich  auf  einmal  in  
 eine  wichtige  Standesperson  verwandelt,  ohne  noch  selbst  zu  
 wissen,  wodurch  und  wozu.  Vermuthlich  aber  lag  in  'dem  mir 
 *)  Ptolomäus  lässt  den  südlicher  als  den  Doros  entspringenden  Seros-Flnss  
 aus  zwei  Quellströmen  gebildet  werden.