nur deshalb zweifelte, weil ich keinen möglichen Grund zu solcher
Verstellung denken konnte. Um von Arbeit befreit zu
werden, brauchte es nicht zu geschehen, denn Arbeit war keine
da; und unter den bestehenden Verhältnissen hatte sein Stöhnen
nur die Folge, dass ich seine D iät auf Wassersuppen beschränkte,
wofür er bei seinen früheren trefflichen Appetit gerade keine
Prädilection haben konnte. Da er besonders an der hartnäckigsten
Verstopfung zu leiden behauptete und die Abführmittel
meiner Medicinkiste verbraucht waren, so besuchte ich einen
siamesischen Collegen, um zu sehen, was ich unter seinen
Arzeneischätzen Brauchbares auftreiben könnte. Er empfahl
mir für meinen Zweck einige diminutive Pillen, die vielleicht
homöopathische Kräfte besitzen mochten, war aber auch willig,
mir etwas Aloe, Gummigutt und Coloquinthen zu verkaufen, die
ich unter den rohen Droguen der Apotheke fand. Einige Besucher
in seinem Hause unterhielten sich m it einem Würfelspiel,
indem sie Cowries in eine Röhre warfen, aus welcher dieselben
auf eine drehende Scheibe herabfielen. Abends badete ich im
Flusse. In der Nähe Ayuthias findet sich der- vielbesuchte
Pilgerort des heiligen Fussstapfen (P h rab at), und in der Nähe
soll an einer ändern heiligen Stelle den Gläubigen der Schatten
Buddha’s sichtbar sein, wie zur Zeit der chinesischen Pilger in
Vorder-Indien. Berühmt ist auch der Phu Khao oder Goldberg
neben den Ruinen des alten Ayuthia. Nach den Geschichtsbüchern
wurde der Platz des Phrabat (oder heiligen Fussstapfen
Buddha’s) unter der Regierung des Königs Phrachao-Songtham
durch den Schwanenkönig (Phaya Hemarat) einem in der Einsamkeit
des dortigen Bergwaldes lebenden Eremiten angezeigt
(160, I. Bd.). Der davon benachrichtigte König liess einen
Kuppeldom darüber erbauen, und in einem Gedicht, das dieses
segenbringende Ereigniss feiert, fand ich in der Beschreibung
der architektonischen Verzierungen erwähnt die Bilder Nara-
yana’s, Garuda’s, Phaya-Sukri’s, Hanuman’s und Ongkot’s, sowie
die Figuren von hauerzähnigen Ungeheuern, Keulenträgern
Kinarets und ähnliche. Der Phra Khao wird zur Zeit der pe-
guanischen Kriege mehrfach von den Chronisten erwähnt.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, kam der Creole vor
[mein Bett und berichtete, dass in der Nacht ein Einbruch geschehen
sein müsse, da er meinen schwarzen Papierkorb ausserhalb
der Hausthtir gefunden habe. Es war dies ein wasserdicht
mit Harz bestrichener Korb, in dem ich meine Manuscripte
und wichtigsten Papiere verwahrte und den ich Nachts stets
unter oder neben das Kopfkissen stellte. Ich hütete ihn natürlich
auf das Sorgfältigste, war aber stets bemüht gewesen/ meinen
Leuten begreiflich zu machen, dass sein Inhalt für mich
(allein von Interesse sei, und hatte oftmals die Gelegenheit zum
(Lüften der Schriften benutzt, um sie vor ihren Augen und mit
[ihrer eigenen Beihülfe auszupacken, damit sie sich um so sicherer
[von der Werthlosigkeit solcher Papiere überzeugten. Ob doch
noch ein Zweifel zurückgeblieben war, oder was sonst die Veranlassung
sein mochte, genug, gerade dieses Stück meines Ge-
Ipäckes war aus der Schlafkammer geraubt und, wie man deutlich
öah, vor der Thür des Hauses. untersucht und durchstöbert
worden. Einige Papierfetzen lagen umher, der Hauptsache
nach war jedoch der Inhalt, ‘ obwohl in Unordnung durcheinander
geworfen, unversehrt. Nur ein paar Seidenzeuge, die sich
[zufällig darin befunden hatten, fehlten. Als ich, erfreut über
den glücklichen Ausgang dieses Vorfalles, der für mich die
[schwersten Verluste hätte zur Folge haben können, in mein
Zimmer zurückkehrte, vermisste'ich dort nicht nur mein Portemonnaie
mit einigen Geldstücken, sondern auch den einen meiner
Pistolenkasten, der seinen gewöhnlichen Platz unter dem
Mosquito-Netz an meiner Seite zu haben pflegte. Ich war zunächst
geneigt, an Hausdiebe zu denken, schloss die Thür und
liess durch den Matrosen das Gepäck der eingeborenen Diener
untersuchen. Auf ihn selbst warf ich keinen Verdacht, da er
mir von seinen Gönnern in Molmein als die ehrlichste und zuverlässigste
Haut empfohlen war und sich auch bis dahin, von
anderen kleinen Misshelligkeiten abgesehen, als solcher bewiesen
[hatte. Freilich kannte ich ihn im Grunde, trotz unseres läng
e ren Beisammenseins, eigentlich nur wenig, weil ich so viel
wie möglich den nothwendig im Englischen geführten Verkehr
mit ihm vermied oder doch auf das Unumgänglichste beschränkte,
um meine ganze Zeit den Eingeborenen des bereisten Landes
B a s t i a n , Reise in Siam. II I, 4