Eine lange und gerade Strafse zog [sich von der eigentlichen Stadt aus
nach uns zu hin, im Vordergründe, rechter und linker Hand, durch Gartenmauern
ahgeschlossen, aus denen ein Wald dunkler Cypressen zum
blauen Himmel hinanstieg. Er gab dem hellen Bilde durch den Farben-
Contrast einen eigenthümlichen Reiz, der sich unmöglich in Worten beschreiben
läfst. Beim Anblick der Schirazer Herrlichkeit brachen wir
Europäer unwillkührlich in ein staunendes Ah! aus und begriffen vollkommen
die eigenthümliche Benennung, mit welcher mohamedanische Anschauung
das Felsenthor vor Schiraz beehrt hat. Allahu akber „G o ttis t sehr grofs!“
pflegen die Morgenländer auszurufen, wenn sie voll Bewunderung ,für eine
ihnen auffällige Schönheit erfüllt sind, sinnig und fein andeutend, dafs das
höchste Wesen als der Urheber des gelobten Gegenstandes zu preisen sei,
nicht aber der Gegenstand selber, wie wir Abendländer es zu thun pflegen,
wenn wir sagen: wie schön ist dies und jenes! Teng-i-allahu-akber „der
Pafs von Gott ist sehr grofs!“ benennen sie darum das Felsenthor, indem
sie nach ihrer Art zu verstehen geben, wie herrlich der Anblick von Schiraz
für den Wanderer sein mufs, der aus der Wüstenei urplötzlich zu dem
felsigen Passe gelangt.
VIII. Kapitel.
S c h i r a z .
Es ist wahr und mufs wahr bleiben, dafs Schiraz den Vorzug wunderbarer
Landschafts-Malerei vor den übrigen persischen Städten verdient.
Man fühlt sich wie durch Zauberei nach einer anderen Region versetzt,
der Himmel, Licht und Wärme, die ganze Natur hat einen anderen Charakter'angenommen,
den des heiteren, lichthellen südlichen Klimas. Mit
Recht setzen die Perser Schiraz daher in die Region des Germesir oder
der warmen Zone, die hier nach ihren Aussagen ihren Anfang nimmt.
Langsam stiegen wir mit unsern Pferden den abschüssigen Weg in die
Ebene hernieder, in welcher die Stadt, gelegen ist, betraten, von dichten
Staubwolken umhüllt, die breite ■ Gartenstrafse, durchzogen dieselbe ihrer
ganzen Länge nach, wobei wir über eine steile Brücke ein ziemlich leeres
Rudkhaneh oder Flufsbett zu passiren hatten und befanden uns schliefslich
in einer Umgebung zerfallener Hütten, in denen Thee, Kaliuns, Granatäpfel,
Datteln, und wie sonst die Leckereien der Perser heifsen mögen,
feilgeboten wurden. Gleich dahinter erhob sich das Stadtthor mit dem persischen
Löwen- und Sonnenwappen darüber, rechts und links daran lehnten
sich die rundgekanteten Stadtmauern, welche festungsartig die ganze Stadt
umgeben, freilich hier und da von Rissen und Spalten zerklüftet, welche
ihren Ursprung dem letzten grofsen' Erdbeben danken. Eine niedrige Palme
erhob sich einsam in dichter Nähe des Stadtthores, das erste Wahrzeichen
des Südens als der Palmenregion. Durch das Stadtthor, woselbst eine
persische Wache lungerte, zogen wir in die längste Strafse von Schiraz
ein, die zugleich den Bazar derselben bildet. Seiner ganzen Länge nach
ist der Bazar mit' hohen Wölbungen versehen, nur auf der ersteh Strecke
sind dieselben in Folge des Erdbebens eingestürzt, so dafs der blaue Himmel
auf die Strafse hineinschaut. In diesem Theil der Marktstrafse hat
auch die ärmere Klasse der Kaufleute ihre Buden aufgeschlagen, woselbst
billiges Zeug: Töpferwaare, kunstlose Holzschnitzerei, Kurzwaaren, Victua-
lien und dergleichen mehr zum Kaufe auslag. Käufer und Verkäufer,
welche hier herumstanden und gingen, traten bei der Ankunft unseres