aller Hast anzukleiden, nur damit dem Herrn Tscherwadar die Genugthuung
zu Theil wird, keine Schläfer um sich zu sehen, — wird nur der begreifen,
welcher sich jemals im Leben in ähnlichen Lagen befunden hat, ohne
im Stande gewesen zu sein, durch Reden und durch vernünftige Vorstellungen
Abhülfe zu erreichen. In der Nacht war es wieder stockfinster.
Von den Dörfern, an denen wir auf unserer Strafse vorüberzogen, liefs sich
nur so viel erkennen, dafs sie in die Klasse vegetationsreicher Äbdd gezählt
werden mufsten. Erst die aufgehende Sonne beleuchtete mit freundlichem
Strahle eine in allen Theilen sichtbare Landschaft. An den Bergen
rechter Hand vor uns lag das malerisch aussehende Dorf Suzdn, rechts ein
anderes, das man uns mit dem Namen Aschdbh bezeichnete. Der Weg,
ursprünglich eben, stieg allmählig aufwärts, bis er in der Nähe des Dorfes
Dermin seine höchste Höhe erreicht hatte. Auf dem steilen Hügelkopfe
lag in weiter Ausdehnung eine Masse zerfallener Baulichkeiten, ein Khardb,
das wahrscheinlich die Lage des älteren zerstörten Dermin angiebt. Im
tiefen Grunde vor uns zeigte sich, gar freundlich und einladend aussehend,
das gegenwärtig bewohnte Dorf, von vielen hübschen und baumreichen
BdghtscMh oder Gärten umgeben, die wiederum und in Zwischenräumen
inmitten zerstörter und zerfallener Dorfruinen angelegt waren. Von da ab
bewegte sich unsere Karawane auf einem kleinen Plateau, das zuletzt zu
einem Bergpasse anstieg, wie wir solchen in ähnlicher Weise bis hierher
in Persien noch nicht gesehen hatten. Man stelle sich im Geiste eine riesige
Mauer von Schieferlagern vor, die nach der ändern Seite unserer Strafse
in einer Höhe von acht- bis neunhundert Fufs so steil abfällt, dafs man auf
der Höhe stehend schwindelig zu werden vermeint und nicht begreift, wie
es für beladene Thiere möglich ist, mit der schweren Last auf dem Rücken
abwärts zu klettern. Der schmale Weg, welcher in seiner Steilheit an den
blumenreichen dritten Abhang der Demawend-Gruppe erinnerte, obwohl nur
an einzelnen Stellen von blühenden Alpenrosen eingefafst, windet sich in
Zickzack-Linien von der Spitze des Passes bis zur Ebene hinab, wo ein
neues, nicht weniger anziehendes Bild sich vor den Blicken des Reisenden
auf der Höhe entfaltet. Vor unseren Ftifsen lag in der Tiefe, welche sich
im Hintergründe zu einer grofsen ermüdenden Ebene ausdehnte, wie ein
niedliches Kinderspielzeug das Dorf Dain, die würfelförmigen Häuser und
die hohen Festungsmauern, welche dieselben umschliefsen, im glühenden
Sonnenreflex in hellgelben Tinten leuchtend. Der einzige dunkle Gegenstand
ganz in der Nähe des Dorfes war ein riesiger Baum, der dicht am
Rande eines kleinen Teiches stand und einen langen Schatten über den
falben Boden zu seinen Fiifsen hinwarf. Das Herniedersteigen zur Ebene
konnte nur mit grofser Vorsicht geschehen, und, um jeder Gefahr vorzubeugen,
nur dadurch sicher ermöglicht werden, dafs die Reiter von ihren
Thieren stiegen und ein jeder das seinige am Zaum hinter sich her führte.
Die schwer beladenen Maulthiere gingen mit unendlicher Vorsicht den gewundenen
Bergpfad niederwärts und wufsten mit wunderbarem Instinct diejenigen
Stellen zu unterscheiden, welche besondere Schwierigkeiten beim
Umwenden darboten. Nach halbstündigem Marsche von der Höhe aus befand
sich die ganze Karawane wohlbehalten am Fufse des Bergpasses, dessen
Höhe und Steilheit vom Fufse ausgesehen erst ganz überblickt und ermessen
weiden konnte. Unter dem dickstämmigen, schattenreichen Baume, einer
herrlichen Tschinar oder Platane, nahmen wir Platz, ganz in der Nähe des
Wassertümpels, um uns und den Thieren nach der glücklich überstandenen
Passage einige Ruhe und Erholung zu gönnen.
B Der zweite Theil der Reise war nichts weniger als angenehm. Die
Sonne brannte zum Versengen, die ganze Landschaft war trauriger als irgend
ein bewohnter Fleck Iran’s. Auf der grofsen Ebene ragten, wie einzelne
Sandhaufen, todte baumleere Dörfer hervor, und die Berge, niedrige
Höhen ohne malerische Formen, zogen sich in weiten Bögen um den ganzen
Horizont herum. Gegen eilf Uhr Vormittags hatten wir ein ärmliches
Dorf mit vielen sich weithin ausdehnenden zerstörten Häusern und Mauern
in ider Nähe erreicht und erst eine Stunde später standen wir endlich nach
zwölfstündiger Reise müde und matt vor den Erdmauern der Stadt Sultan-
abäd. Hinter uns lagen, eine ziemliche Strecke von der jetzt bewohnten
Stadt entfernt, altes Khardb und zerfallene Wasserleitungen, die offenbar
die'ältere Lage des Ortes bezeichnen.
I Die junge Stadt, welche einen sehr traurigen Anblick gewährt, ist von
Feth-Ali-Schah in einem grofsen Viereck angelegt, das in der Mitte von
zwei Hauptstrafsen, den Bazaren, in einem rechten Winkel durchkreuzt
wird, und vor etwa zehn Jahren von S. M. dem gegenwärtig regierenden
Schah vollendet und mit einigen Moscheen, einer „QaVa“ und einer Wasserleitung
beschenkt wurde. Hinter den stinkenden Stadtgräben erheben sich
die bekannten persischen Erdmauern der QaCa. An der.linken Ecke der
Mauer, welche uns im Angesichte lag, stieg über dem Erdbackwerk ein