träglich. Die beiden Tscherwaddre, Vater und Sohn, fingen vor der Thür
meines Gemaches einen höllischen Lärm an, behaupteten, dafs der Weg
von Sm-end nach Murghdb, dem Menzile des nächsten Tages, zu weit und
zu beschwerlich sei, dafs aufserdem Räuber in den Bergen versteckt lägen,
mit einem Worte, dafs sie schlechterdings einen anderen Weg einschlagen
wurden. Da ich mdefs mit aller Energie auf meinen Willen bestand, so
hatten die Stunden lang geführten Streitigkeiten erst ein Ende, als es bereits
spät Nacht geworden war. Ich hatte befohlen, mich eine Stunde vor
Sonnenaufgang zu wecken. Die Tscherwaddre trommelten mich indefs, aus
Rache, bereits um Mitternacht aus dem Schlafe und anderthalb Stunden
später verliefs die Karawane das Dorf. Auf dem abschüssigen Bergpfade
abwärts steigend, in der Richtung des Weges, den wir an vorigen Tagen
aufwärts zurückgelegt hatten, erreichten wir nach etwa halbstündigem
Marsche m dem unwirthlichen Bergkessel die grofse Strafse. Uns rechts
wendend verfolgten wir sie immer in der Richtung des gewaltigen Bergzuges.
Die Luft war lind, der Mond schien hell. Nach einstündigem Ritte
zogen wir durch einen engen Thalkessel, den steile, riesig hohe, vom Mondlicht
zauberhaft beleuchtete Felsmauern in Gestalt -einer Rotunde umschlossen.
Mitten durch schofs das Wasser des namenlosen Flusses von
Kazian (der ab-i-Murghab), dessen Ufer zur angenehmsten Augenweide von
den baumreichsten Gärten und einem unterbrochenen, sich lang hinziehenden
Weidenwuchs eingefafst waren. Hier in diesem Kessel begegneten uns
grofse Züge leer gehender Kameele. Nachdem wir aus der Felsen-Rotunde
herausgetreten waren, hatten wir ein langes Thal zu durchwandern, in
dessen Mitte sich der Flufs in vielen Krümmungen dahinschlängelt. An
einer niedrigen Stelle des Uferrandes zogen wir sämmtlich hindurch, ohne
eme besondere Wassertiefe zu finden. Von da begleitete die Karawanen-
strafse die rechte Seite des Flusses, der immer noch von einem reichen,
freiwilligen Pflanzenwuchse eingefafst war. Der Mond ging bald unter,
eine dichte Finsternifs trat ein, und nur einzelne hellleuchtende Sterne
zeigten matt den weifslich schimmernden Weg. Mir schien es, als ob einige
Dörfer rechtsab von unserer Strafse die Einsamkeit der Gegend unterbrechen.
Als die Morgendämmerung im Osten des Himmels ihre weifs-
lichen Lichtstreifen gezogen hatte, wurde die Luft so kalt und der Wind
so schneidend, dafs wir alle, Europäer und Perser, von den Thieren herunterstiegen,
um durch Laufen zu Fufs die erstarrten Füfse einigermafsen
zu beleben. Der Flufs lag immer noch in dichter Nähe zu unserer Rechten
da, die Ufer wurden jedoch von Minute zu Minute steiler und abschüssiger
und zwängten sich zuletzt durch eine Bergspalte hindurch, deren felsiger
glatter Pfad nur mit grofser Vorsicht von Mensch und Thier passirt werden
konnte. Als wir ihn glücklich durchzogen hatten, öffneten sich die
malerischsten Thäler. Während Weidengebüsch in üppigstem Grün und
wachholderartige Sträuche mattgrüner Färbung die Uferränder des laut tosenden
und rauschenden Flusses bekränzten, zeigte sich auf der ebenen
Fläche der Strafse in reicher Abwechselung der Form eine grofse Fülle
jener dickstämmigen Balsambäume, welche sich wildwachsend in den Thä-
lern dieser Gegend vorzufinden pflegen und wahrscheinlich zur Gattung der
Mastix- oder der Weihrauchbäume gehören. Dazwischen schossen Farren-
und andere Kräuter hoch aus dem Boden empor, die Blätter theilweis
schon von der herbstlichen Kälte verdorrt und gelb geworden. Baumartige
Sträucher stiegen von beiden Seiten unserer Strafse die steilen, ausgehöl-
ten und wie mit künstlichen Terrassen versehenen Bergwände an und verschwanden
in der Nähe ihrer Kämme zu winzig kleinen Punkten. Eine
feierliche Stille herrschte in dem einsamen Thale, durch nichts unterbrochen
als durch das Rauschen des strömenden Wassers. In- der Nähe desselben
machten wir ein kurzes Halt, um nach persischer Sitte dort wachsende
vertrocknete Dornsträucher anzuzünden und an der helllodernden Flamme
die erstarrten Glieder-zu erwärmen.
Nachdem wir etliche Quer- und Längenthäler durchzogen hatten, in
denen an verschiedenen Stellen der einschliefsenden Felsenwände mitten
auf dem zerbröckelten Gestein s p ie .g e lg la tte Flächen und t r e p p e n a
r t ig gestaltete Felsstufen (künstlich? alt?) meine lebhafteste Aufmerksamkeit
erregten, wurde der sich immer mehr und mehr verengende Felsenweg
plötzlich durch eine gewaltige Felsenmasse, so schien es -wenigstens,
abgesperrt. Wir klimmten indefs, der Weisung Unserer Tscherwaddre folgend,
das glatte Gestein hinan und erkannten nun erst zu unserem grofsen
Erstaunen, dafs man mitten in den Felsen eine Strafse eingeschnitten hatte,
breit genug, dafs ein beladenes Maulthier passiren kann. Diese Strafse
zieht sich in Windungen längs den Felsen und später einen Felsenabhang
entlang, von dessen Höhe aus man einen schönen Blick über das tief unten
dahin fliefsende Wasser hat. Diese künstlich in den Felsen gemeifselte
Gallerie, auf deren Rand, so zeigen es deutlich die erhaltenen Spuren, man