angesehen werden; ein hübsch construirtes Treppenhaus mit persischen
Rosetten-Glasfenstern führte zu gewaltig grofsen Räumen in der ersten
Etage, deren Zimmer nicht nur gefällig tapezirt und geschmackvoll par-
quetirt, sondern auch mit den elegantesten Möbeln geschmückt waren. Der
beschriebene Luxus, der allenthalben sichtbar hervortrat, sollte übrigens
bestimmten Zwecken dienen. Der reiche Hausherr, welcher mit einer
zahlreichen Familie in finsteren Hinterzimmern wohnte, bietet Leuten vom
Stande, besonders wenn sie den hohen russischen Behörden angehören,
auf ihrer Durchreise in Gori sein Luxushaus an und erweist ihnen die
ausgedehnteste Gastfreundschaft. Die Gesellschaft dés Herrn v. Teng o-
b o r s k i verschaffte uns die Auszeichnung, in dem Hause des zartfühlenden
Armeniers ein Unterkommen zu finden.
Am nächsten Morgen hatte ich nichts Eiligeres zu thun, als von dem
Vorderbaikone aus in langen Zügen mit den Augen das schöne Panorama
von Gori und seiner bergreichen Umgebung einzusaugen. Der inmitten der
Stadt liegende Felsen mit den wohlerhaltenen Festungsruinen, die in breiten
Gürteln die Höhe hinaufsteigen, ist nicht der schlechteste Punkt für
einen Liebhaber ritterlicher Landschafts-Romantik. Unten auf der Strafse
zog mit sehr angenehmem, wenn auch etwas fremdartig klingenden Chorgesang
georgische Landesmiliz die Strafse entlang, welehé 'trotz ihrer willkürlichen
Bewaffnung einen hübschen Anblick gewährte. Unser Ausflug
nach der mehrerwähnten steinernen Stadt, welche sieben Werst von Gori
entfernt am linken Ufer der Kura gelegen ist , fand in der Frühe des Tages
Statt. Als Führer diente uns ein Georgier, welcher den ächt georgischen,
aber wenig beneidenswert hen Kam iiicinu) men führte.
Als Transportmittel waren uns Kosakenpferde zur Disposition gestellt, auf
welche man einen Kosakensattel, d. h. ein winzig kleines Lederkissén mit
einem ledernen Bauchgurt und langen Steigbügeln daran, gelegt hatte. Ein
Kosak diente als militärische Escorte.
Von der Stadt aus überstiegen wir zunächst in östlicher Richtung eine
geringe flöh«?, woselbst sich die Reste eines altgeorgischeü Kirchhofes befanden.
Die besseren Grabdenkmäler desselben waren aus hartem Stèin
zum Theil höchst geschmackvoll ausgeführt. Auf einer grofsen steinernen
Platte z. B. ruhten an den vier Enden vier Kugeln, welche dem sargartig-
gestalteten Grabmonument darauf gleichsam als Füfse dienten. Die Aussicht
hinter dem Kirchhofe beherrschte das zunächst liegende Thal der Kura,
von beiden Seiten durch hohe und massige Bergwände eingeschlossen. Be. g
auf, Berg ab steigend gelangten wir zuletzt zu dem armenischen Dor e
Uplostsikhe, aus dreifsig Häusern bestehend, die sich wie die WobnsWten
der Georgier halb über halb unter der Erde befinden.^ Das eigentliche
Haus, ein wahres Hundelocli, halb aus Erde, halb aus Feldsteinen aufgeführt,
erhebt sich etwa sechs Fufs über dem Erdboden; eine Oeffnung oben
in der Mitte dient als Fenster und Rauchfang, die niedrige Thur an der Vor
derseite mündet in einen einfachen Vorbau, den säulenartig zwei roh behauene
Baumstämme stützen und dessen Dach mit Erde und Stroh e-
deckt ist. So ärmlich diese Erdhütten aussahen, so sauber und schmuck
waren die Bewohner gekleidet, deren männlichen Gestalten die reichen
Waffen den Ausdruck des Kriegerischen verliehen, Im Hause des Pfaffe
fanden wir für unsern kurzen Aufenthalt ein Unterkommen,' da gewitterschwangere
Wolken, welche von dem jenseitigen Ufer der-Kura hinter
den Bergen heraufzogen, mit Regen drohten und anfänglich den Besuch
der steinernen Stadt durch ihre nasse Gabe verzögerten. Die Wohnung
des Priesters, welcher der alten Kirche auf einer Erhöhung im Dorfe vorsteht,
theilte mit der würdigen Person ein alter Männ, der lang ausgestreckt
auf einem harten Holzbrette schlief, aufserdem pin Reitpferd und Kleinvieh.
Alles befand sich in dem-einen Gemache, das sonst nur durch ein Ho z-
bett als einziges Möbel ausgezeichnet war. Aus Brettern, die auf Ho z-
stücke gelegt wurden, improvisirten wir eine Bank und schauten von hier
aus dem sich entwickelnden Gewittersturme in aller Ruhe zu. Den Kinder
des Dorfes mufste es augenscheinlich gefallen, dafs unser russische Gastfreund
von Zeit zu-Zeit kleine Silbermünzen in die Luft warf, auf welc e
die jungen Sprossen unter beifälligem Lächeln der Alten im wilden Ungestüm
Jagd machten. _
Kaum dreihundert Schritte vom Dorfe entfernt steigt in dichter Nahe
des Ufers der brausenden Kura ein steiler Felsen von weichem Sandstein
wie eine Wand in die Höhe, auf welchem, den Angaben der Dörfler zu
folge, die steinerne Stadt liegen sollte. Vom Fufse des Felsens aus fuhrt
eine breite Rinne mit deutlich sichtbaren Spuren des von Menschen abgetretenen
Steinpfades ohne Beschwerde bis zur Höhe, auf welcher man
sich zum gröfsten Erstaunen plötzlich mitten in eine vollständige, aus dem
Felsgestein herausgeschnittene ,Stadt versetzt sieht. Haus liegt da neben
Haus, die Strafsen führen nach allen Richtungen hin, Treppen vermitteln