ein Bach mit klarem Wasser, der Kedeshik, zieht sich an der Seite dessel-
ben entlang. Die Fische darin erfreuen sich wieder einmal vollständigster
Sicherheit vor den Menschen, da sie als h e i l ig e Thiere angesehen werden,
denen man straflos kein Leid zufügen kann. Der Bach soll in unterirdischen
Wasserleitungen in der Richtung von Abadeh herkommen. Surmeh
zählt gegenwärtig, nach der Angabe eines seiner Bewohner, gegen dreihundert
Familien, doch mufs, nach der gegenwärtigen Ausdehnung des
Dorfes zu urtheilen, die Bevölkerung darin in früheren Zeiten bei weitem
zahlreicher gewesen sein. Die ältere Geschichte des Ortes steckt offenbar
in dem Ruinenhaufen des Q a s r - e -B a h r d m verbergen. Derselbe liegt in
unmittelbarer Nähe des Dorfes, in der Mitte deutlich erkennbarer, weit
ausgedehnter Stadtruinen, deren Trümmer, behauene Steine, rothgebrannte
Ziegel, Topfscherben und dergleichen mehr, hügelweise umhergestreut sind.
Das aus getrockneten Erdziegeln errichtete Schlofs BahranCs bildete als
Ark oder Festung den Mittelpunkt der älteren Stadt. Als Kern desselben
erhebt sich aus einem Ringe von Mauerresten mit hervorspringenden runden
Thürmen der innere hochansteigende Theil der Festung, welcher als
Citadelle und zugleich als bewohntes Schlofs gedient haben mag. Durch
die geöffneten und eingefallenen Mauerwände sieht man in das Innere der
Festung hinein, und erkennt ein System ziemlich wohlerhaltener Kammern
und Gänge, deren Ausgang bald tief, bald hoch gelegen ist. Im Süden
der alten Feste befinden sich die Reste eines älteren und eines jüngeren
Leichenackers. Auf dem älteren Theil desselben präsentiren sich wie Mausoleen
eine Menge hellfarbiger Grabdenkmäler, in deren Mitte sich zur
Abwechselung ein dunkler thurmartiger Bau befindet, der mir von einem
Bewohner des Dorfes der Säge nach als das Äschpezkhan&hy od e r'd ie
„Küche“ der Tochter des Königs bezeichnet wurde. Münzen, geschnittene
Steine und dergleichen Antiken werden hier nicht gefunden, doch glaube
ich, dafs Ausgrabungen zu interessanten Resultaten führen könnten, da die
Oertliehkeit zu den ausgedehntesten jungpersischen Ruinen gehört, die ich
bis jetzt in ganz Iran gesehen habe.
Die Bäume in der Nähe von Sitrmhh fingen schon an herbstgelbe
Blätter zu bekommen. Weintrauben und Melonen müssen hier gedeihen,
da mir ein Dörfler das unausbleibliche Pesckkesch in Gestalt getrockneter
süfser Weintrauben und frischer Melonen in Erwartung eines goldenen Geschenkes
demuthsvoll zu Füfsen legte.
Von Surmeh an beginnt wiederum das vegetative Leben in deutlichen
Spuren .bis hinter Abadeh aufzutreten. Das belebende Wasser ist, wie
überall in Persien, so auch hier die segensreiche Ursache einer ungewöhnlichen
Baum- und Pflanzenfülle. Der Anblick wohlbebauter und künstlich
berieselter Felder, welche sich zu beiden Seiten der Karawanenstrafse entlang
ziehen, wirkt auf die Stimmung des Reisenden, der bisher öde und
wüste Flächen durchwandern mufste, .in der wohlthuendstcn Weise.
Am 31. October zogen wir um sechs Uhr Morgens mit Sack und Pack
aus dem Thore des persischen Posthauses von Surmeh, befanden uns bald
wieder auf der breiten Strafse, die sich in langer gerader Linie wie ein
chaussirter Weg dahin zog. Die Entfernung bis Abadeh soll angeblich vier
kleine'Fersach betragen; wir brauchten, im Schritt reitend, vier und eine
halbe Stunde, um sie zurückzulegen. Die Luft blieb bis zu unserer Ankunft
kalt und eisig, wie am vorhergehenden Tage, und der Himmel zeigte
eine ganz eigenthümliche. tiefe Bläue. Rechts und links zogen zahlreiche
Dörfer an uns vorüber, einige zerstört, die übrigen bewohnt, und von grünen
Gärten umgeben. Zwei Stunden vor Abadeh liegt ein Complex zusammenhängender
Dörfer und Gärten an dem Fufs der steilen Gebirge entlang,
die besonders auf der rechten Seite den Eindruck eines gewissen Wohlstandes
empfinden lassen. Wir zogen in das Hauptthor der Festung Abadeh
ein, in ängstlicher Spannung, ob und wie wir unseren zurückgelassenen
kranken Freund, den Dragoman der Gesandtschaft, wiederfinden würden.
Aus dem bekannten Hause, unserem früheren Menzile, kam er uns unter
dem Thorweg mit offenen Armen entgegengestürzt. Er sah elend und abgemagert
aus, die Dysenterie war nicht von ihm gewichen. Unter unsäglichen
Leiden hatte er inmitten der fanatischen Bevölkerung von Abadeh
beinahe einen Monat lang europäische Nahrung und europäische Gewohnheiten
entbehren müssen, noch überglücklich, guten Essig (sirkeh) und
Schiräh, eine aus Trauben geprefste und zu süfsem Saft eingekochte Flüssigkeit,
die wie Öel aussieht und ebenso langsam fliefst, als einzige Delikatessen
auf dem Bazar der Festung vorgefunden zu haben.
Man mufs es den Persern lassen, dafs ihnen die Höflichkeit über Alles
in der Welt geht, wenn auch der Ausdruck derselben für uns verwöhnte Europäer
oftmals unter seltsamer Gestalt auftritt. So erging es mir dem Kedkhoda
der Festung Abadeh,., einem gewissen Mirza Muhammed Khan gegenüber.
Kaum hatte ich es mir einigermafsen in den reinlichen Zimmern unseres